Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e.V.
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8. Mai 2013
Martin Bennhold: „Was heißt „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“?
30. April 2013
Antisemitismus, Geschichtspolitik, Rassismus
Vorwort 2013
Im November 2012 veröffentlichte die Friedrich-Ebert-Stiftung ihre neueste Studie zum Weltbild der gesellschaftlichen Mitte. Unter den verschiedenen Aspekten rechtsextremer Einstelllungen erfreut sich der Chauvinismus gleich hinter der „Ausländerfeindlichkeit“ der höchsten Zustimmung bei den Befragten: 39,2 % der Befragten wünschen sich „endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl“, knapp 30 % fordern „ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland“ und 27,4 % wollen, dass, „Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht“, oberstes Politikziel sein solle.
Wieweit diese Einstellungen mit der Militarisierung der Außenpolitik seit Beginn der 1990er Jahre einhergehen, wurde nicht untersucht, man kann einen Zusammenhang nur vermuten. Seit 1992 gibt es die „Verteidigungspolitische Richtlinie“: Deutschland wird dort verteidigt, wo der Zugang zu strategischen Rohstoffen gefährdet ist. Offiziell geht es natürlich vom Kosovo bis Afghanistan um Demokratie und Menschenrechte. Und ganz wie einst im Kaiserreich heißen die, die dafür sorgen sollen, dass am deutschen Wesen die Welt genese, „Schutztruppen“ …
1914 zogen begeisterte Deutsche in den Krieg: „Jeder Schuss ein Russ‘ – jeder Stoß ein Franzos’“ skandierten sie. Als das Kaiserreich nach dem 9. November 1918 am Boden lag, wurde ein Mythos geboren: Im Felde unbesiegt, sei die Reichswehr vom „inneren Feind“ zersetzt und bezwungen worden. Der berüchtigte „Dolchstoß“. Seitdem wurde Jagd gemacht auf alles „Undeutsche“. Seine höchste Zuspitzung erreicht dieses Feindbild im Konstrukt des „jüdischen Bolschewismus“.
Der Hass auf alles „Undeutsche“, auf Linke, Intellektuelle, Kosmopoliten, Juden, … einte fortan Monarchisten, Konservative, Deutsch-Nationale und schließlich Faschisten. Der unbedingte Wille, Deutschland doch noch zur Weltmacht zu machen und die Überzeugung, dass dafür zunächst das „Undeutsche“ ausgemerzt werden müsse, war eine wesentliche Grundlage für die erste Regierung, der Adolf Hitler als Reichskanzler vorstand und die sich mehrheitlich nicht aus Mitgliedern der NSDAP zusammensetzte.
Dass es den Faschisten gelang, die Mehrheit der Deutschen für Staatsterror gegen politische Gegner, für die zunehmende Entrechtung und Enteignung der Jüdischen Bevölkerung zu gewinnen und bis 1939 auf Weltkrieg und Völkermord einzustimmen, ist in hohem Maße der breiten Verankerung völkisch-nationalen Denkens geschuldet, wie es in Abwehr der emanzipatorischen Kraft der französischen Revolution entstanden ist und systematisch – vor allem in Preußen – verankert wurde.
Bis heute wird „Volk“ in Deutschland weniger als soziale Kategorie (der „3. Stand“), sondern als fiktive Blutsverwandtschaft und „Schicksalsgemeinschaft“ betrachtet. Schon wieder steht „das Deutsche“ nicht nur im Zentrum faschistischer Propaganda, sondern bestimmt auch die Haltung weiter Teile der gesellschaftlichen „Mitte“, wie aktuelle Studien belegen. Auch, weil führende Politiker aus Regierung und Opposition die gleichen nationalistischen Ressentiments bedienen.
Martin Bennhold, Jahrgang 1934, Professor für Rechtssoziologie an der Universität Osnabrück, geht in diesem grundlegenden Text aus dem Jahr 1996 der Entstehung und Entwicklung des spezifischen deutschen Begriffs von der Nation nach und erkennt in ihm eine noch immer virulente Wurzel des Faschismus.
Geschichtskonferenz 28./29. Juni 2013
30. April 2013
„Lizenz zum Terror“
Das Jahr 1933, Vorgeschichte, Geschichte und Geschichtsbild
28./29. Juni 2013, Humboldt-Universität zu Berlin
Auch achtzig Jahre danach bleibt das historische Datum des 30. Januar 1933 Ausgangspunkt des geschichtspolitischen Streits in Deutschland.
Hier ist zunächst dem totalitarismustheoretischen Mythos entgegenzutreten, demzufolge eine mehr oder weniger funktionsfähige Demokratie unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre zwischen Extremisten von links und rechts zerrieben worden sei. Dem stellen wir die Frage nach den herrschenden Kräften der Weimarer Republik und ihren ökonomischen und politischen Interessen gegenüber. Welche Koalitionen, welche Optionen schienen ihnen zielführend?
Ursachen und Herkunft des Faschismus sind notwendige Bestandteile jeder Erinnerungsarbeit. Wir wollen mit unserer Konferenz in diese Debatte eingreifen:
Das Gedenken an die Opfer muss mit der Erinnerung an die Täter verbunden sein. Das heißt: Benennung der Schuldigen und Nutznießer an der Errichtung der Nazi-Herrschaft in Deutschland und an der Entfesselung des Krieges. Wer stellte die Weichen?
Die Erforschung der „Wurzeln des Faschismus“ muss auch nach den politischen und ideologischen Grundlagen der Massengefolgschaft faschistischer Herrschaft fragen. Wie konnte die „Volksgemeinschaft“ zum Erfolgsmodell werden, das den ganzen Krieg überstand?
Und schließlich, welchen Beitrag haben die politischen Parteien zum Weg in den NS-Staat geleistet, welche Alternativen gab es, wer stand dafür ein, woran scheiterten sie?
Es soll eine Veranstaltung sein, auf der – auch kontrovers – über die Geschichtsbilder zum Jahr 1933 diskutiert wird.
Das Programm
Freitag 28 Juni 2013 |
Thema |
ReferentInnen |
19.15 |
Eröffnung der Konferenz |
Elfriede Brüning/ Heinrich Fink
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19.30 – 20.30 |
Rassenkampf statt Klassenkampf. Ideologische und politische Grundlagen der Massengefolgschaft |
Kurt Pätzold, Sven Fritz
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20.30 – 21.30 |
Diskussion über die Thesen der Referate
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Samstag 29. Juni 2013 |
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9.15 – 10.45 |
Ein Führer wurde gesucht . Gesellschaftliche Kräfte für Hitler |
Otto Köhler, Hannes Heer
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11.15 – 13.00 |
Eine Demokratie schafft sich ab. Zur Rolle der bürgerlichen Parteien |
Ludwig Elm, Alexander Bahar
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14.15 – 16.15 |
Die Spaltung wurde erst im KZ überwunden. Niederlage und Widerstand der organisierten Arbeiterbewegung |
Klaus Kinner, Stephan Stracke
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16.30 – 17.00 |
Schlussfolgerungen für die aktuellen Aufgaben der VVN-BdA |
Regina Girod, Cornelia Kerth
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Lager Heuberg – ein Ort der Unmenschlichkeit, Demütigung, Willkür und Gewalt
8. März 2013
Gedenkveranstaltung, Heuberg, KZ
Am 20. März vor 80 Jahren wurde das erste KZ in Deutschland eröffnet: Auf dem Heuberg bei Stetten am Kalten Markt in der Nähe von Sigmaringen.
In diesem KZ wurden zum Beginn der faschistischen Diktatur die bekannten Funktionäre der Arbeiterbewegung aus KPD, SPD und Gewerkschaften in „Schutzhaft“ genommen, das heißt monatelang gequält, um den zu erwartenden Widerstand auszuschalten.
Zum kommenden Jahrestag möchten wir an die Verbrechen der Faschisten erinnern und der Opfer und ihrer Qualen gedenken.
Deshalb laden wir herzlich ein zu einer
Gedenkfeier
für die Opfer des KZ Heuberg
am 23. März 2013
14 Uhr am Gedenkstein der SPD Baden Württemberg
in Stetten am kalten Markt
Treffpunkt für Ortsunkundige: 13.45 am Naturfreundehaus Donautal.
Dort besteht auch Gelegenheit sich nach der Feier zusammenzusetzen.
Busfahrt ab Stuttgart und Tübingen:
Weil Stetten schwer zu erreichen ist, wird es einen Bus ab Stuttgart und Tübingen geben.
11 Uhr ab Stuttgart Mahnmal
ca. 11.45 Uhr ab Tübingen.
Noch können wir den Preis für eine Fahrkarte nicht angeben,
bitten aber dennoch bereits jetzt um Anmeldung zur Busfahrt.
Einladungsflyer zum Weitergeben:
Appell an die Gewerkschaften: Keine Unterstützung von Rüstung und Krieg!
7. März 2013
Bundeswehr, Frieden, Gewerkschaften
Die VVN-BdA teilt die Kritik von Friedensgruppen an der zunehmenden Vereinnahmung friedenspolitischer Begriffe durch Vertreter kriegerischer „Konfliktlösungen“. Die bei einem Treffen mit dem DGB-Bundesvorstand am 5. Februar 2013 abgegebene Erklärung von Minister de Maizière, die Bundeswehr sei Teil der Friedensbewegung, ist blanker Zynismus. Wir sehen das Streben des DGB nach einer engeren Zusammenarbeit mit der Bundeswehr als einen großen Rückschritt an, der in krassem Widerspruch zu dem starken Engagement der Gewerkschaften für Frieden, Abrüstung und Demokratie steht. Das Bemühen der Gewerkschaften um Erhaltung und Ausbau von Arbeitsplätzen darf nicht zur Rechtfertigung der Rüstungsindustrie und der Kriegspolitik führen. Gerade das aktuelle Streben der Regierung nach Kampfdrohnen und noch mehr Rüstungsexport hätten den DGB nachdenklich machen müssen. In Kauf zu nehmen, dass auch in Zukunft Waffen an menschenrechtsverletzende Regime wie u.a. Saudi-Arabien exportiert werden, stellt das Thema Arbeitsplätze über jegliche moralische Verantwortung! Vielmehr muss die Forderung nach Abrüstung und Konversion der Rüstungsproduktion wieder belebt werden.
Bundesausschuss der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Magdeburg, den 10. Februar 2013
Nicht lange fackeln – Nazis blockieren!
6. Februar 2013
Seit vielen Jahren versammeln sich am und um den 13. Februar in Dresden Nazis zu einem sogenannten „Trauermarsch“. Am Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg verdrehen sie die Geschichte und nutzen den Mythos von der „unschuldigen Stadt“.
Die Tradition des „stillen Gedenkens“ bietet den Nazis nach wie vor Anschlusspunkte. Sie verhindert, an diesem Tag aus der gesamten Breite der Dresdner Gesellschaft auf Nazis mit aller Vehemenz zu reagieren. Bis zum Jahr 2009 entwickelte sich der alljährliche Aufmarsch so zum größten Nazi-Ereignis in ganz Europa.
Eine wirksame Strategie gegen den Naziaufmarsch konnte erst 2010 mit dem Mittel der Massenblockade umgesetzt werden. Getragen von dem bundesweit und spektrenübergreifend agierenden Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ versperrten damals tausende Menschen die Route der Nazis. Dieser Erfolg wurde 2011 wiederholt, und 2012 sagten die Nazis ihren Großaufmarsch dann gleich ganz ab. Vielmehr setzten weit über zehntausend Aktivist_innen auf einer der größten antifaschistischen Demonstrationen seit 1989 ein deutliches Zeichen: Der Großaufmarsch der Nazis in seiner bisherigen Form scheint Geschichte zu sein!
Doch gilt es weiterhin, aufmerksam zu bleiben. Wir als Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ werden wieder einschreiten, falls Nazis am 13. Februar 2013 erneut versuchen, die NS-Geschichte zu verklären. Unsere Strategie bleibt dabei das Erfolgskonzept der Blockade. Umfragen zeigen: Die große Mehrheit der Stadtbevölkerung befürwortet es, wenn wir Nazis in Dresden blockieren. Bisher wurden die Kampagnen umfassend europaweit unterstützt. 2013 liegt die Verantwortung mehr denn je in Dresden. Stellen wir uns gegen Rassismus und Geschichtsrevisionismus! Stoppen wir die Nazis gemeinsam!
Das Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ war von Beginn an mehr als ein reines Aktionsbündnis. Zur Erfolgsgeschichte gehört auch der Mahngang „Täterspuren“. Damit ist es uns gelungen, für die NS-Geschichte Dresdens zu sensibilisieren und einen Kontrapunkt zur offiziellen städtischen Erinnerungspolitik zu setzen. Um den Geschichtsdiskurs in Dresden auch in Zukunft mit einer kritischen Perspektive zu begleiten, werden wir dieses Projekt fortführen.
Dem großen Engagement tausender Antifaschist_innen steht bis heute staatliche Repression entgegen. Immer noch laufen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, noch immer werden neue Strafbefehle erstellt. Diese Kriminalisierung erwächst aus der Extremismusdoktrin, welche antifaschistisches Engagement mit Naziaktivitäten gleichsetzt. Diese Ideologie ist umso skandalöser vor dem Hintergrund des Versagens des sogenannten Verfassungsschutzes und weiterer staatlicher Institutionen. Für uns steht fest: Antifaschismus können wir nicht dem Staat überlassen! Wir stehen weiterhin zusammen gegen jeden Versuch autoritärer Einschüchterung.
Sagen, was man tut, und tun, was man sagt – dadurch war das Handeln des Bündnisses „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ die letzten Jahre geprägt. Dabei bleibt es! Wir wollen auch im Februar 2013 jeden Aufmarschversuch der Nazis blockieren. Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern. „Unsere Vielfalt ist unsere Stärke“ – das war unser Credo der letzten Jahre. Dabei bleibt es! Und es bleibt auch dabei: Ziviler Ungehorsam ist unser Recht, Blockaden sind legitim.
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Leistung der Roten Armee nicht vergessen
28. Januar 2013
Vergeßt niemals die Leistung der Roten Armee und der sowjetischen Menschen bei der Zerschlagung der faschistischen Gefahr!
Am 27. Januar wird weltweit der Befreiung des faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945 gedacht. In diesem Jahr erinnert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten an ein weiteres Datum: Am 2. Februar 2013 jährt sich zum 70. Mal der welthistorische Sieg der Roten Armee bei Stalingrad. An diesem Tag kapitulierten die deutsche 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus und ihre Verbündeten vor den Verbänden der 62. und 64. Roten Armee (…). Dieser Sieg war ohne Zweifel die militärische Wende im Zweiten Weltkrieg.
Der vom deutschen Faschismus angezettelte imperialistische Krieg zielte von Anfang an auf Mord, Totschlag, Ausbeutung, Unterdrückung und Vernichtung. Coventry, Rotterdam, Warschau und Belgrad sind die Symbole des Luftterrors, den die Wehrmacht über die Städte Europas trug. -Auschwitz, Buchenwald, Majdanek, Sobibor haben sich in die Erinnerung der Menschheit eingegraben als Orte, an denen die Vernichtungspolitik des deutschen Faschismus stattfand. Babi Jar, Oradour, Lidice sind Stätten des faschistischen Mordens, die keiner Erklärung bedürfen.
Die Schlacht von Stalingrad stellte hingegen den historischen Wendepunkt im Kampf der Anti-Hitler-Koalition mit dem expansionistischen Anspruch des deutschen Faschismus dar. Militärisch wurde hier zum ersten Mal der faschistische Vormarsch gestoppt und der »unbesiegbaren« Wehrmacht eine vernichtende Niederlage beigebracht.
Für die Widerstandsbewegung in allen okkupierten Ländern und in Deutschland symbolisierte die Schlacht von Stalingrad die kommende Niederlage des Faschismus. Die Frauen und Männer im Widerstand zogen daraus Kraft, Motivation und Optimismus für die Fortführung ihres antifaschistischen Kampfes.
Die Schlacht von Stalingrad wurde dank der Standhaftigkeit und des Heldenmuts der sowjetischen Truppen und der Bevölkerung gewonnen. Wir erinnern der Toten und gedenken all derjenigen, die sich mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit für die Befreiung ihres Landes von der faschistischen Okkupation und die Zerschlagung der faschistischen Bestie eingesetzt haben. In der Stadt Wolgograd erinnern heute mehr als 200 Orte an diese Geschichte. Die FIR grüßt die Einwohner der Stadt und dankt ihnen für die Bewahrung des Andenkens.
Für alle antifaschistischen Organisationen bleibt der Sieg von Stalingrad ein Gedenktag. Wir verbinden unseren Dank an die Kämpfer mit dem Versprechen, diese Erinnerung an die heutigen Generationen weiterzugeben.
Skandalurteil gegen Antifaschisten: 22 Monate Haft wegen Antinazi-Blockaden in Dresden 2011
16. Januar 2013
»Irgendwann hat die Bevölkerung in Dresden es mal satt« mit diesem Satz begann die Urteilsbegründung von Amtsrichter Hans-Joachim Hlava. Dass er damit nicht den alljährlichen Neonaziaufmarsch meinen kann, liegt auf der Hand.
Schließlich mussten erst Antifaschist_innen aus aller Welt nach Dresden kommen, um die Bewohner_innen bei ihren Protesten zu unterstützen. Heute können Dresdner_innen jedoch stolz sein: Die erfolgreichen Blockaden sind ein Exportschlager. Es ist in vielen Städten und Orten für viele Menschen zu einer Selbstverständlichkeit geworden, Neonaziaufmärsche zu blockieren und zu verhindern.
Gestern, am 16. Januar 2013, wurde der Berliner Antifaschist Tim H. vom Amtsgericht Dresden zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, im Februar 2011 Demonstrant_innen per Megafon dazu aufgerufen zu haben, Polizeiketten zu durchbrechen, die tausende Antifaschist_innen davon abhalten sollten, Europas größten Naziaufmarsch zu blockieren.
Die Polizei hatte damals die Dresdener Innenstadt faktisch zu einer demokratiefreien Zone machen wollen. Durch weiträumige Absperrungen sollte jeglicher Protest in Hör- und Sichtweite verhindert werden. Das Kalkül der Neonazis und der Polizei ging jedoch nicht auf. Wie schon im Jahr zuvor blockierten tausende Antifaschist_innen aus Dresden, dem gesamten Bundesgebiet und aus Nachbarländern den Neonaziaufmarsch.
Zuvor waren alljährlich bis zu 5000 Neonazis, unter ihnen in den frühen 90iger Jahren auch die Mitglieder des sogenannten NSU-Terrortrios und ihr Unterstützerkreis, weitgehend unbehelligt durch Dresden marschiert.
Trotz dürftiger Indizien fällte das Schöffengericht das drakonische Urteil von 22 Monaten Haft ohne Bewährung. Der Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft hatte während des Prozesses Tim nicht als denjenigen erkannt, der im Polizeivideo als der „Mann mit dem Megaphon“ präsentiert wurde und vier geladene Polizeizeugen konnten ebenfalls keine Angaben zum Täter machen. Tim H. ist nicht vorbestraft, Mitarbeiter der LINKEN und Familienvater.
Tim H. wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten erklärt:
Zivilcourage gegen rechts ist nicht kriminell! Naziaufmarsche blockieren ist unser Recht! Tim, die Überlebenden der Naziterrors stehen hinter dir, zusammen mit allen Mitgliedern unserer Organisation!
Innenminister unter Aufsicht!
5. Dezember 2012
Seit 48 Jahren kann die NPD als neofaschistische Partei offen in der Bundesrepublik agieren. Von Anfang an haben Antifaschistinnen und Antifaschisten unzählige Stunden mit dem verbringen müssen, was der Staat und seine Institutionen nicht getan haben: die Verbreitung von Rassismus, Antisemitismus, Kriegs- und NS-Verherrlichung durch die NPD aktiv zu verhindern.
Dafür wurden sie verlacht, diffamiert und kriminalisiert, während die NPD sich bis heute wesentlich durch Steuergelder finanzieren kann.
Nachdem die Innenministerien 2001- 2003 mit ihren V-Männern und VS-Behörden das NPD-Verbot faktisch verhindert haben, soll es nun endlich soweit sein: ein V-Mann-freies NPD-Verbotsverfahren soll eingeleitet werden.
Die VVN-BdA begrüßt diesen Beschluss und sieht sich in ihrem jahrzehntelangen Streben nach der Illegalisierung faschistischer Organisationen bestätigt. Doch wir weisen darauf hin: Vor allem der Bundesinnenminister zieht ohne eigenen Antrieb vor das Bundesverfassungsgericht. Er verhält sich, als hätte er nie etwa von den Verbrechen des NS-Regimes gehört oder als ob diese ihn nicht interessierten. Für ihn stehen weiterhin die Apparat-Interessen seiner Sicherheitsbehörden im Vordergrund. Im Prozess zu erwarten sind Ausreden, Rückzieher und Steilvorlagen für die NPD.
Deshalb fordern wir:
* Das V-Mann-System, das faschistische Strukturen gefördert statt verhindert hat, muss grundsätzlich und unwiderruflich beendet werden. * Der Druck auf die Innenminister muss aufrecht erhalten bleiben. Nur die aktive und kritische Teilnahme der Öffentlichkeit wird sie dazu bringen, den Prozess zielführend zu betreiben. * Die Innenministerien können beweisen, dass sie es ernst meinen: Bereits heute können zahllose Kameradschaften und andere Neonazi-Gruppen verboten und ohne Gerichtsverfahren aufgelöst werden.
Wir werden unsere seit 2007 geführte Kampagne „nonpd – NPD-Verbot jetzt!“ bis zum Verbot und der Auflösung der NPD fortsetzen.
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Für immer Rostock?
4. Dezember 2012
Nur drei Monate nach der Anbringung-Gedenktafel in Rostock entwendet – Neonazis schänden Gedenken an die Opfer des Pogroms von 1992
In der Nacht zum 5. Dezember 2012 entwendeten Neonazis am Rathaus von Rostock die Gedenktafel an das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen. Die Täter ließen eine Tafel mit der Aufschrift „Für immer Deutschland“ zurück. Das „s“ in Deutschland war in Runenschrift geschrieben worden.
Schon am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, waren elf Stolpersteine in Greifswald von Neonazis gestohlen worden. Am 16. November wurden Neonazischmierereien in Rostock-Lichtenhagen entdeckt, neben mehreren Hakenkreuzen auch das Wort Hass. Der Buchstabe „s“ wurde auch hier als Sigrune ausgeführt.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen erklärt dazu:
Einen Tag vor der Beratung der Innenminister der Länder über das Verbot der neonazistischen NPD schritt das Klientel der Neonazi-Partei zur Tat. Die Hansestadt Rostock steht jetzt, 20 Jahre nach dem Pogrom, wiederum ohne Gedenkzeichen an die Ereignisse vom August 1992 da.
Die ursprüngliche Tafel, die am 19. Oktober 1992 von Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France” (Söhne und Töchter der deportierten Juden aus Frankreich) am Rathaus angebracht hatte, war damals sofort von der Stadt Rostock und der Polizei entfernt worden. Heute ist die Original-Tafel in der Stadtverwaltung Rostock nicht mehr auffindbar.
Eine Replik der Tafel konnte durch die VVN-BdA im August 2012 nur unter starkem öffentlichem Druck angebracht werden. Auch danach blieb die Gedenktafel in der Rostocker Bürgerschaft stark umstritten.
Die VVN-BdA erklärt weiter: 20 Jahre öffentliches Schweigen sind genug. Es ist nun an der Stadt Rostock endlich eine breite Diskussion um das Gedenken an das Pogrom von 1992 zu führen und sehr bald einen Erinnerungs-und Gedenkort einzurichten. Dabei sollten auch Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France”, Vertreterinnen der Sinti und Roma und der vietnamesischen Community in Deutschland einbezogen werden.
Es waren Juden aus Frankreich, die als erste an das Pogrom erinnerten. Es waren Arbeitsmigranntinnen und Flüchtlinge, die in Rostock von Neonazis und Rostocker_innen angegriffen und vertrieben wurden. Es liegt an den Rostockern, ob sie sich den rassistischen Zuständen stellen wollen – oder eben nicht.
Die VVN-BdA wird noch vor Weihnachten eine neue Gedenktafel am Rathaus anbringen. Sollte sich bis dahin das in der Stadtverwaltung „verlorene“ Original anfinden, würden wir uns sehr freuen.