Für immer Rostock?

4. Dezember 2012

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Nur drei Monate nach der Anbringung-Gedenktafel in Rostock entwendet – Neonazis schänden Gedenken an die Opfer des Pogroms von 1992

In der Nacht zum 5. Dezember 2012 entwendeten Neonazis am Rathaus von Rostock die Gedenktafel an das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen. Die Täter ließen eine Tafel mit der Aufschrift „Für immer Deutschland“ zurück. Das „s“ in Deutschland war in Runenschrift geschrieben worden.

Schon am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, waren elf Stolpersteine in Greifswald von Neonazis gestohlen worden. Am 16. November wurden Neonazischmierereien in Rostock-Lichtenhagen entdeckt, neben mehreren Hakenkreuzen auch das Wort Hass. Der Buchstabe „s“ wurde auch hier als Sigrune ausgeführt.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen erklärt dazu:

Einen Tag vor der Beratung der Innenminister der Länder über das Verbot der neonazistischen NPD schritt das Klientel der Neonazi-Partei zur Tat. Die Hansestadt Rostock steht jetzt, 20 Jahre nach dem Pogrom, wiederum ohne Gedenkzeichen an die Ereignisse vom August 1992 da.

Die ursprüngliche Tafel, die am 19. Oktober 1992 von Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France” (Söhne und Töchter der deportierten Juden aus Frankreich) am Rathaus angebracht hatte, war damals sofort von der Stadt Rostock und der Polizei entfernt worden. Heute ist die Original-Tafel in der Stadtverwaltung Rostock nicht mehr auffindbar.

Eine Replik der Tafel konnte durch die VVN-BdA im August 2012 nur unter starkem öffentlichem Druck angebracht werden. Auch danach blieb die Gedenktafel in der Rostocker Bürgerschaft stark umstritten.

Die VVN-BdA erklärt weiter: 20 Jahre öffentliches Schweigen sind genug. Es ist nun an der Stadt Rostock endlich eine breite Diskussion um das Gedenken an das Pogrom von 1992 zu führen und sehr bald einen Erinnerungs-und Gedenkort einzurichten. Dabei sollten auch Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France”, Vertreterinnen der Sinti und Roma und der vietnamesischen Community in Deutschland einbezogen werden.

Es waren Juden aus Frankreich, die als erste an das Pogrom erinnerten. Es waren Arbeitsmigranntinnen und Flüchtlinge, die in Rostock von Neonazis und Rostocker_innen angegriffen und vertrieben wurden. Es liegt an den Rostockern, ob sie sich den rassistischen Zuständen stellen wollen – oder eben nicht.

Die VVN-BdA wird noch vor Weihnachten eine neue Gedenktafel am Rathaus anbringen. Sollte sich bis dahin das in der Stadtverwaltung „verlorene“ Original anfinden, würden wir uns sehr freuen.