„Seid unteilbar!“

8. September 2021

Denise Torres, Bundessprecherin der VVN-BdA, hat sich in ihrer Rede bei der Unteilbar-Demo am 4.9. gefragt: Der Hass der AfD – soll das „Normalität“ sein?

„Mein Name ist Denise, ich komme aus Frankfurt am Main und bin eine der Bundessprecherinnen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen, VVN-BdA.

Wir haben uns heute hier versammelt, um noch einmal vor der Bundestagswahl laut zu sagen, was uns wichtig ist, was wir wollen.

Wir setzen uns insbesondere mit dem Programm der AfD auseinander, die die „Normalität“ auf ihre Fahnen geschrieben hat und unschuldig tut, sich das demokratische Mäntelchen umhängt wie der Wolf im Schafspelz.

Die AfD ist vor sechs Jahren in die Parlamente eingezogen – sechs Jahre, in denen sie in den Parlamenten ihren rassistischen, menschenverachtenden und anti-muslimischen Hass verströmen konnte. Dieser Hass hatte nicht nur pöbelnde und verbale Gewalt heraufbeschworen, sondern physische Angriffe auf Menschen befördert, die bis hin zu Morden führte. Ist das „Normalität“?

Wir fordern euch auf: geht wählen, aber gebt keine Stimme den Faschisten und Rechten. Ladet sie nicht zu Podiumsdiskussionen ein, keine Zusammenarbeit mit ihnen – niemals!

Wir, insbesondere migrantisch gelesene Menschen und solche, die nicht in das reaktionäre Menschenbild der AfD passen, fühlen uns in unserer Sicherheit in diesem Lande bedroht.

Die AfD hat von Anfang an ihr wahres Gesicht gezeigt: sie ist die Partei des radikalen Neoliberalismus, die die Privatisierung in allen Lebensbereichen, Gesundheit, Bildung etc. umsetzen möchte, die einen patriarchalen Traditionalismus und damit ein längst überholtes Frauenbild fortsetzt. Sie ist die Partei, die den Rassismus befördert und ein nationalistisches Deutschland fordert und die Kriegsbereitschaft nicht ausschließt. Insbesondere der „Flügel“ von Höcke, der angeblich aufgelöst sein soll, treibt die Partei noch weiter in die faschistische Ecke.

Was das im realen Leben bedeutet, kann ich selbst am eigenen Leib spüren, wenn man mich als migrantisch gelesenen Menschen zum wiederholten Male beschimpft wie „Du schwarze Hure, zieh ab, geh dahin, wo du herkommst“ und schlimmer.

Gewalt in jeglicher Form uns gegenüber ist zur „Normalität“ geworden.

Die Gewalttätigkeit und Diskriminierung nimmt aber hier kein Ende. Wir erfahren sie auch von der Polizei, zum Beispiel bei Racial Profiling und rassistischer Gewalt bei Demonstrationen, bei denen ich schon rausgezogen wurde und nach meinem Aufenthaltsstatus befragt wurde. Wie oft wurde mir die deutsche Sprache abgesprochen. Sie reden über mich und glauben, ich verstehe sie nicht.

Die Diskriminierung nimmt aber auch hier kein Ende: In Justiz, Behörden, Schulen, auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt sind Alltagsrassismus für migrantisch gezeichnete Menschen und People of Colour in Deutschland lebensbegleitend.

Mit dieser Erfahrung stehe ich nicht allein, will mich aber nicht damit abfinden, das will ich wie so viele andere nicht länger ertragen. Wir wehren uns! Gerade die #unteilbar-Demo zeigt: Wir gehören zusammen, wir kämpfen in diesem Bündnis gemeinsam gegen Ungerechtigkeiten jeder Art, gegen Rassismus und Faschismus.

Denn Antifaschismus und Antirassismus gehören gemeinsam auf diese Demo.

Die inzwischen leider verstorbene Esther Bejarano, die mir ein großes Vorbild ist, kämpfte ihr Leben lang gegen Nazis. Sie sagte: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen.“ Ja – sie hat es auf den Punkt gebracht.

Denn wenn das SEK in Hessen aufgelöst werden muss, NSU Akten verschlossen bleiben, faschistische Chats der Polizei an die Öffentlichkeit kommen und gleichzeitig betroffene Polizisten in den regulären Polizeidienst nur „versetzt“ werden – Reichsbürger, Rechtsextremisten und rechte Netzwerke bei der Polizei im KSK aufgedeckt werden, dann macht mich das wütend. Die mangelnde Aufklärung wie beim NSU 2.0  oder bei den rechten Anschlagserien von Neukölln bis Hanau und die immer wiederkehrende Theorie des sogenannten Einzeltäters, machen mich wütend, das alles ist eine Ungeheuerlichkeit und darf nicht länger geduldet werden.

Doch wir, die Antifaschisten, decken immer wieder die Ursachen und Hintergründe auf und machen sie öffentlich. Wir recherchieren und protestieren in Parlamenten und auf der Straße.

Lasst und gemeinsam hier stehen #unteilbar – lasst uns der AfD und allen anderen Rechten und Faschisten zeigen, dass WIR aufmerksam sind und unsere demokratischen Rechte verteidigen. Unsere Kraft ist die Aufklärung und Solidarität hier in Berlin, in München, Stuttgart, Hamburg, Frankfurt, in der ganzen Bundesrepublik.

Wir fordern euch auf: geht wählen, aber gebt keine Stimme den Faschisten und Rechten. Ladet sie nicht zu Podiumsdiskussionen ein, keine Zusammenarbeit mit ihnen – niemals!

Wir wollen dem Schwur der Überlebenden von Buchenwald vom 11. April 1945  und dem Auftrag und von Esther Bejarano folgen:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Daher – Seid laut und steht gemeinsam auf!

Seid Unteilbar!“