Pressemitteilung: Gedenkstätte in Gefahr– die ehemalige Kommandantenvilla des KZ Sachsenburg darf nicht abgerissen werden!

12. Juli 2022

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Als eines der frühen KZs trug die Sachsenburg nahe der sächsischen Kleinstadt Frankenberg nicht nur zur Machtstabilisierung der Nazis in der Region bei, sondern diente auch als Modell und Ausbildungslager der SS für die nachfolgenden KZs und Vernichtungslager. Hier wurde zum Beispiel der Prügelbock als Folterinstrument entwickelt, mit dem später unzählige Häftlinge gequält wurden. Anfangs waren hier vor allem politische Gegner des NS-Systems inhaftiert: Kommunisten, Sozialdemokraten und Arbeitersportler, der Schriftsteller und Autor von „Nackt unter Wölfen“, Bruno Apitz. Ab 1935 gehörten auch Juden, sogenannte „Berufsverbrecher“ und weitere Verfolgte zu den Häftlingen.

Nun ist die Einrichtung einer Gedenkstätte an diesem wichtigen Ort des frühen Nazi-Terrors erneut akut gefährdet. Der Bürgermeister der Stadt, Thomas Firmenich, möchte die ehemalige Kommandantenvilla auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Sachsenburg abreißen lassen. Der Betriebsausschuss des Eigenbetriebes „Immobilien der Stadt Frankenberg/Sa.“ hat in einem Beschluss vom 29.06.2022 der Finanzierung des „Rückbaus“ zugestimmt.

Ohne Villa keine Gedenkstätte

Mit den Abrissplänen der Stadt steht die Einrichtung einer Gedenkstätte, für die sich unter anderem die Lagergemeinschaft Sachsenburg schon seit Jahren einsetzt, wieder in Frage. Zwar ist das Gesamtkonzept für die zukünftige Gedenkstätte von Bund (BKM) und Land bereits bewilligt, beide haben eine Millionenförderung von jeweils 2,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt, aber es gibt eine Bedingung: Die Kommandantenvilla muss bestehen bleiben. Die Finanzierung der Gedenkstätte ist also direkt an den Erhalt und die Integration des Gebäudes in die Gedenkstätte geknüpft. Wenn die Villa abgerissen wird, bedeutet das auch das Ende für die Gedenkstätte Sachsenburg.

Bereits bei einem Ideenwettbewerb zum Umgang mit der ehemaligen Kommandantenvilla im letzten Jahr entschied man sich in Frankenberg für zwei Entwürfe, die einen Abriss der Villa bis auf den Gebäudesockel vorsahen. NS-Erinnerungsinitiativen und namhafte Historiker*innen protestierten daraufhin gegen die Entscheidung der Jury und wandten sich in einem offenen Brief an die politisch Verantwortlichen.  

Die ehemalige Kommandantenvilla ohne Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Entwicklung des KZ-Systems einfach abzureißen, wäre eine verheerende Missachtung der historischen Zusammenhänge. Hier wurde der Terror in den Lagern geplant und organisiert, hier begann die Karriere etlicher hochrangiger NS-Verbrecher, die für die Ermordung von Millionen Menschen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern verantwortlich waren. Hier wird die Entwicklung des frühen nazistischen Terrors hin zum System der NS-Konzentrationslager deutlich.

Sollte die Gedenkstätte Sachsenburg wegen des Abrisses der Kommandantenvilla nicht zustande kommen, wäre das eine unerträgliche Verweigerung des würdigen Gedenkens an die circa 10.000 Häftlinge, die an diesem historischen Ort gelitten haben.

Unsere Forderungen

Wir protestieren entschieden gegen den geplanten Abriss und schließen uns den Forderungen der LAG Sachsenburg an. Wir appellieren an die Verantwortlichen der Stadt Frankenberg/Sa., des Landratsamtes Mittelsachsen und des Freistaates Sachsen, diesen Abriss zu stoppen!

Wir fordern die Mitglieder des Betriebsausschusses auf, sich bei ihrer nächsten Sitzung am  23. August gegen den geplanten Abriss zu positionieren!

Von der ehemaligen Kommandantenvilla sollte so viel wie möglich erhalten bleiben. Dass das möglich ist, haben verschiedene Entwürfe eines Ideenwettbewerbs gezeigt. Wir fordern deshalb, dass ein unabhängiges Bauunternehmen, am besten im Auftrag von Land oder Bund, die Baufälligkeit des Gebäudes prüft.

Der Beschluss des Stadtrates soll so umgesetzt werden, dass die Villa so weit wie möglich gerettet werden und als Anschauungs-Objekt erhalten bleiben kann!

Wir bitten Sie um Berücksichtigung unserer Pressemitteilung in ihrer Berichterstattung und stehen für Rückfragen zur Verfügung.

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Hannah Geiger
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