Leitantrag: „Das Vermächtnis des Widerstandes weitertragen“

20. September 2021

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Der beim Bundeskongress 2011 beschlossene Leitantrag der VVN-BdA

Das Vermächtnis des Widerstandes weitertragen
Neofaschisten bekämpfen
Demokratie stärken
Frieden durchsetzen

Mehr als 60 Jahre nach der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes durch Überlebende des faschistischen Terrors ist unsere Organisation, die VVN-BdA, ein lebendiger, generationsübergreifender antifaschistischer Verband. Unser Wirken bleibt dem Schwur von Buchenwald verpflichtet: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Als Bündnisorganisation, deren Mitglieder selbst unterschiedliche politische und weltanschauliche Zugänge zum Antifaschismus einbringen, sehen wir  die Schaffung und den Erhalt  breiter antifaschistischer Bündnisse als unsere wichtigste Aufgabe an. Auch wenn bald keine Angehörigen der Gründergeneration mehr in unseren Reihen stehen  werden, bleibt die Weitergabe ihrer Erfahrungen, das Wachhalten der Erinnerung daran, dass antifaschistischer Widerstand möglich und notwendig war, unser spezifischer Beitrag zur politischen Kultur dieses Landes. Wir werden die moralische und menschliche Autorität unser Gründerinnen und Gründer nicht ersetzen können. Doch wir können und wollen dazu beitragen, dass nachfolgenden Generationendie Wiederholung ihrer leidvollen Erfahrungen erspart bleibt.

Engagiert gegen Geschichtsrevisionismus

Aus dieser Herkunft ergibt sich das besondere Gewicht, das Fragen der Geschichtspolitik für unsere Arbeit besitzen. Gerade in diesem Politikfeld hat es in den letzten Jahren deutliche Veränderungen gegeben. Europaweit verzeichnen wir massive Angriffe auf den geschichtspolitischen Konsens der noch in den 90er Jahren im Europaparlament vorherrschte. Angestrebt wird heute ein neues europäisches Geschichtsbild auf der Grundlage der Totalitarismustheorie. Nicht die Erinnerung an den faschistischen Terror und den antifaschistischen Widerstand sollen das politische Selbstverständnis des neuen Europa prägen, sondern eine unheilvolle, die historischen Verbrechen des Faschismus relativierende Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus.

Dieses Konzept bestimmt auch die Geschichtspolitik der bundesdeutschen Regierungen. Nachdem die 90er Jahre vor allem von Bemühungen um die Abwicklung und Delegitimierung des Antifaschismus der DDR geprägt waren, womit zugleich Antifaschismus generell diskriminiert werden sollte, dominieren heute verschiedene Formen von Umdeutung, Verschweigen und Verfälschen der Geschichte. Dabei geht es sowohl um die Bewertung und Einordnung des deutschen Faschismus, seiner Träger und Gegner als auch um die Darstellung seiner historischen Ursachen und Folgen. Spezielle Bereiche wie die Gedenkstättenpolitik sind davon ebenso betroffen, wie die Alltagskultur, in der in großem Stil versucht wird, Täter zu Opfern umzustilisieren.

Wir anerkennen dankbar das jahrzehntelange Wirken unserer älteren Kameradinnen und Kameraden und wollen ihre Erfahrungen für das heutige politische Wirken nutzen. Alte und neue junge Mitglieder bemühen sich, zu den älteren Kameradinnen und Kameraden Kontakte zu pflegen, ihnen zu helfen, die Lasten des Alters erträglich zu machen und sie nach Möglichkeit am Leben unserer Organisation teilnehmen zu lassen.

Mit dem Ableben der letzten Häftlinge wird eine neue Situation in der Auseinandersetzung um die Gedenkpolitik in den KZ-Gedenkstätten entstehen. Die VVN-BdA, in der die meisten  Lagergemeinschaften und Lagerarbeitsgemeinschaften organisiert sind, ist legitime Vertreterin der Interessen und des politischen Erbes der ehemaligen Häftlinge. Der Anspruch unserer Mitgliedsverbände auf Mitsprache in den offiziellen Beiräten und Gremien der Gedenkstätten trifft dort jedoch auf deutlichen Widerstand. Ihn dennoch durchzusetzen wird eine unserer wichtigsten Aufgaben der kommenden Periode sein.

Für die Weitergabe historischer Erfahrungen durch Angehörige nachfolgender Generationen müssen wir heute neue Formen der Vermittlung finden. Den Erfahrungsaustausch dazu zu organisieren und gemeinsam neue Ideen und Konzepte zu entwickeln, wird ein weiterer Schwerpunkt unserer künftigen Geschichtsarbeit sein.

Weiter fortsetzen werden wir die systematische Aufklärung über jene Aspekte der Geschichte, die in der offiziellen Geschichtspolitik  verfälscht oder verschwiegen werden, zum Beispiel über die Profiteure von Faschismus und Krieg und jene Interessen, die faschistische Ideologie und Politik erst salonfähig machen.  

Verbunden mit den Antifaschistinnen und Antifaschisten Europas

In den letzten Jahren hat die Vernetzung antifaschistischer Kräfte in Europa deutlich zugenommen. Die VVN-BdA leistet dazu einen beachtlichen Beitrag. Mitglieder und Gremien unserer Vereinigung unterhalten vielfältige Kontakte zu befreundeten Organisationen und Initiativen in anderen Ländern, tauschen Informationen und Erfahrungen aus und arbeiten an gemeinsamen politischen Projekten.

Besonders wichtig ist unser Engagement in der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), deren Arbeit sich heute verstärkt  jüngeren Generationen zuwendet. Angesichts der zunehmenden Kooperation von Neonazistrukturen über Ländergrenzen hinweg und der insgesamt wachsenden Rechtsentwicklung in Europa, die sich z. B. in erschreckenden Ergebnissen für rechtspopulistische Parteien bei nationalen Parlamentswahlen, oder  im Wirken der Europäischen Volkspartei im Europaparlament zeigt, muss die internationale Zusammenarbeit von Antifaschistinnen und Antifaschisten aller Generationen weiter verstärkt werden.

In diesem Jahr werden vor allem zwei historische Daten unsere Arbeit auf diesem Gebiet prägen: Die Erinnerung an den faschistischen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 und das 75. Jubiläum der Gründung der internationalen Brigaden in Spanien, das im Oktober begangen wird. Neben den von der VVN-BdA geplanten zentralen Veranstaltungen und der Beteiligung an internationalen Treffen rufen wir alle Gliederungen unseres Verbandes auf, diese Daten zum Anlass für Aktionen und Begegnungen im ganzen Land zu nehmen. Im Rahmen der FIR arbeiten wir darüber hinaus an dem Projekt einer internationalen Ausstellung zum antifaschistischen Widerstand in Europa mit, die im November in Brüssel eröffnet wird. und unterstützen die für Mai 2012 geplante große internationale Jugendbegegnung in Auschwitz.

Die Entschädigung der Opfer des Faschismus bleibt weiter unser Auftrag- sowohl die der „vergessenen Opfer“ aus den Reihen der ehemaligen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, als auch der Nachkommen der Opfer von Massakern in besetzten Ländern.

Konsequent gegen Neonazis

Neben der Geschichtsarbeit ist der Kampf gegen neofaschistische Kräfte und ihr politisches Hinterland das zweite große Aktionsfeld der VVN-BdA. Mit unseren beiden nonpd-Kampagnen ist es uns gelungen, bundesweit Menschen für die Forderung nach einem NPD-Verbot zu mobilisieren. Die Kampagnen haben die Handlungsfähigkeit unserer Strukturen gestärkt und motivierend auf viele Nazigegner außerhalb unserer Reihen gewirkt. Solange die NPD eine legale Partei bleibt, werden wir uns auch weiter für ihr Verbot stark machen.

Die auf dem letzten Bundeskongress beschlossene Neufassung unserer Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ wurde 2010 fertig gestellt und tourt seitdem durch Deutschland. Sie hat bereits viele Diskussionen ausgelöst, nicht zuletzt, weil sie auch die Schnittmengen zwischen neofaschistischem Gedankengut und solchen Auffassungen thematisiert, die bis in die Mitte der Gesellschaft mehrheitsfähig sind. Wir halten es für dringend notwendig, einen gesellschaftlichen Diskurs über diese Fragen anzustoßen.

Auch die Ermutigung, die Neonazis immer wieder durch die Rechtssprechung deutscher Gerichte erfahren, muss öffentlich kritisiert werden. Wir wenden uns gegen die immer wieder erhobenen Behauptung, die Demokratie gebiete es, den Nazis die Straßen frei zu machen. An den  Erfolgen der Blockadebewegung gegen Naziaufmärsche waren Mitglieder der VVN-BdA in allen Bundesländern beteiligt. Wir bleiben dabei: Das Blockieren von Naziaufmärschen ist unser Recht!

In den anstehenden Wahlkämpfen der nächsten beiden Jahre ist mit einem massiven Auftreten von Neofaschisten zu rechnen. Die in der Bundesorganisation vorhandenen Erfahrungen, Strategien und Mittel gegen solche Wahlkampfauftritte werden wir in einer zentralen Arbeitsgruppe zusammenführen und in Form konkreter Unterstützungsmaßnahmen für antifaschistische Aktionen vor Ort nutzbar machen. Diese praktische Umsetzung unserer Losung „Keine Nazis in die Parlamente!“, mit der wir vor allem den Einzug (bzw. einen Wiedereinzug) der NPD in Landtage verhindern wollen, wird in der nächsten Zeit der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit auf diesem Gebiet sein.

Im Bündnis für Frieden, Demokratie und Menschenrechte

Seit ihrer Gründung ist die VVN unverzichtbarer Teil der Friedensbewegung. Wir wenden uns gegen die Beteiligung Deutschlands an Kriegen und gegen die zunehmende Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens. An traditionellen Friedensaktionen wie den Ostermärschen nehmen wir ebenso teil, wie an neuen Formen antimilitaristischer Proteste. Der Antikriegstag am 1. September bleibt in vielen Orten der Tag, an dem unsere Mitglieder im Bündnis mit anderen Gruppen Veranstaltungen und Aktionen gegen Krieg und Militarismus organisieren.

Wir fordern: die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und unterstützen den Apell „Den Krieg in Afghanistan beeden – zivil helfen“; wir fordern: Bundeswehr raus aus Schulen, ARGEN/Jobcenter und Hochschulen, AUfkündigung der zivil-militärischen Zusammenarbeit, Einstellung der militärischen Forschung, radikale Senkung der Rüstungsausgaben und Stopp der Rüstungsexporte. Es gibt nur eine sinnvolle Bundeswehrreform: Abrüstung.

Mit der Militarisierung der Außenpolitik ist ein Abbau der Demokratie im Innern verbunden, der unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung in den letzten Jahren vehement vorangetrieben wurde. Dem stellen wir uns entgegen. Wir verteidigen das Grundgesetz, das als Gegenentwurf zu dem besiegten Faschismus geschaffen wurde und beteiligen uns an den Aktionen der Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen ebenso wie an denen neuer Bündnisse und Gruppen, die sich  gegen den Abbau von Grundrechten formieren.

Mit großer Sorge beobachten wir den nach wie vor vorhandenen Antisemitismus und die Zunahme von Rassismus und Islamophobie in Deutschland. Diese Entwicklungen sind nicht spontan entstanden. Sie werden geschürt, um den von der Krise und dem rasanten Sozialabbau der letzten Jahre Betroffenen in klassischer Weise einen Sündenbock zu präsentieren. Zugleich werden Menschen, die durch die rigorose Umverteilung von unten nach oben in Armut gestürzt wurden, Zielscheiben sozialdarwinistischer Diffamierungskampagnen. All dies bereitet den Nährboden für die stärkere Verbreitung extrem menschenverachtender faschistischer Auffassungen. Der Rassismus ist heute zum Haupteinfallstor neofaschistischer Ideologie geworden. Dem müssen wir in unserer künftigen Arbeit mehr Gewicht zumessen. Neben dem Ausbau unserer bisherigen Zusammenarbeit mit antirassistischen Netzwerken, Flüchtlings- und Migrantenorganisationen stehen wir vor der Aufgabe, eigene Konzepte zur Auseinandersetzung mit Rassismus und Islamophobie zu entwickeln.

Beteiligt am politischen Diskurs

In unserer Organisation hat sich in den letzten Jahren ein Generationswechsel vollzogen, dem wir mit unserer Arbeit Rechnung tragen müssen. Mit dem Tod der Zeitzeugen, die den Faschismus noch aus eigenem Erleben kannten, verändert sich der Blick auf die Geschichte und die bestehende Gesellschaft, denn jede Generation stellt ihre eigenen Fragen an die Vergangenheit. Als generationsübergreifende Organisation haben wir die Chance, Erkenntnisse, Erfahrungen und Werte im Dialog der Generationen weiter zu geben und damit zugleich in die Gesellschaft hinein zu wirken. Diese Chance müssen wir stärker nutzen. Nach der erfolgreichen Aktion „Alle Gliederungen ans Netz!“ geht es jetzt darum, unsere eigenen Internetangebote weiter auszubauen und sie auch für inhaltliche Diskussionen zu nutzen. Voraussetzung dafür ist die Schaffung einer Internetredaktion.

Unsere Zeitschrift antifa  ist ein wichtiges Mittel der Kommunikation – sowohl nach außen, als auch nach innen. Ihre Auflage muss gesteigert werden. Nachdem die Zeitung jetzt auch im Osten zur Mitgliederzeitung geworden ist, geht es vorrangig um die Gewinnung neuer Abonnenten, die auf diesem Weg Positionen und Arbeitsweise der VVN-BdA kennen lernen können. Eine bundesweite Werbeaktion für die antifa sollte spätestens für 2012 geplant werden. Der bereits eingeleitete Prozess zur Optimierung  des Länderteils muss zielstrebig weiter geführt werden. 

VVN-BdA

Beschluss 2: Kein Werben fürs Morden und Sterben!

20. September 2021

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Die VVN-BdA beschließt auf dem Bundeskongress 2011 die Forderung: Bundeswehr raus aus Schulen und gesellschaftlichen Einrichtungen

Die VVN-BdA fordert die für Schulen und Bildung zuständigen Minister der Länder auf, die Vereinbarungsverträge mit der Bundeswehr zu annullieren und keine weitere Einflussnahme von Bundeswehrangehörigen an den Schulen mehr zuzulassen sowie jegliches Lehr- und Unterrichtsmaterial der Bundeswehr an den Schulen  zu unterbinden.

Da die Bundeswehr das Ziel verfolgt, die Akzeptanz für Militäreinsätze weltweit zu erhöhen und junge Menschen für das Kriegshandwerk zu gewinnen, unterstützt die VVN-BdA  Aktionen und Initiativen, die sich gegen die Einflussnahme der Bundeswehr auf Schulen, Universitäten, Arbeitsagenturen und andere gesellschaftliche Institutionen richten.


Beschluss 3: Bleiberecht für Sinti und Roma in Hamburg und in Deutschland

20. September 2021

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Die Bundesrepublik steht in historischer Schuld gegenüber den Sinti und Roma in Europa. Dieser gerecht zu werden, entspräche im akuten Fall die vorbehaltlose Sicherstellung einer Aufenthalts- und Lebensperspektive in Deutschland.

Während des Faschismus unterlagen Sinti und Roma in Deutschland und in den besetzten Staaten einer beispiellosen Verfolgung. Es begann mit Zwangssterilisation und der Internierung in Sammellagern und gipfelte in Deportation und Massenmord. Schätzungsweise 500.000 Roma und Sinti wurden durch Deutsche und mit ihnen verbündete Kollaborateure ermordet. In den Ländern des Balkans wurden sie zu Tausenden als Geiseln in Racheaktionen für tatsächliche oder unterstellte Aktivitäten der Partisanen erschossen.

Deutschland hat sich nach der Zerschlagung des Faschismus bereit erklärt, für die Schäden und die Leiden,  die es verursacht hat, einzustehen und Beistand für jene zu leisten, die weiterhin von ethnisch begründeter Verfolgung betroffen sind. So wurde es Anfang der 1990er Jahre Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion gestattet, als Kontingentflüchtlinge dauerhaft in die Bundesrepublik einzureisen. Dasselbe müsste im aktuellen Fall auch für die Roma aus den Balkanländern Anwendung finden.

Dies umso mehr als die Bundesrepublik Deutschland den Zerfall der Bundesrepublik Jugoslawien durch frühzeitige Anerkennung zunächst Sloweniens, später Kroatiens als  unabhängige Staaten und vor allem durch die Unterstützung zur Abspaltung des Kosovo mit Waffengewalt unterstützt hat. In allen neuen Teilstaaten kam es bekannter Maßen zu ethnisch bedingten Vertreibungen. Während alle anderen ehemals jugoslawischen Staatsbürger – mit Ausnahme der vielen „multiethnischen“ Familien – in einem anderen Staat auf freundliche Aufnahme hoffen konnten, gilt dies nicht für die Roma. Sie sind nirgendwo willkommen, werden überall diskriminiert, teilweise verfolgt.

Nicht nur im Kosovo, sondern auch in den anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Republik Jugoslawien wie u.a. Serbien und Mazedonien werden Roma in erheblichem Maße diskriminiert. Roma leben ausgegrenzt und finden in seltenen Fällen Arbeit. Die Sozialleistungen sind so gering, dass viele von Ihnen Hunger leiden müssen. Kinder von Roma werden in Schulen oftmals wie Aussätzige behandelt. Viele der jetzt von Abschiebung bedrohten Menschen sind ernsthaft krank und werden dort, wo sie herkommen auch nach der Abschiebung keinen Zugang zur notwendigen Behandlung haben.

Statt Ausgrenzung und Abschiebung verdienen Sinti und Roma einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland, mit dem Ziel, sich als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft etablieren und für sich und ihre Kinder eine Lebensperspektive entwickeln zu können.

Wir fordern die Innenminister des Bundes und der Länder auf:

Gewähren Sie den Roma-Flüchtlingen jetzt einen sicheren Status!

Setzen Sie sich für ein Bleiberecht auf Bundesebene und in anderen europäischen Ländern ein!

Beschluss 4: Schutz für Grabstätten der Sinti und Roma

20. September 2021

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Angesichts der zunehmenden gegen Sinti & Roma gerichteten und teils völkerrechtswidrigen Handlungen in Europa ist es ein Anliegen der VVN-BdA, die Zusammenarbeit mit den Gremien der Sinti und Roma auszubauen. Wir unterstützen den Appell des Zentralrates der Sinti und Roma in Deutschland vom 17.12. 2010 an die Bundesregierung, die Länder und Kommunen, Grabstätten von ermordeten oder verfolgten Sinti & Roma nicht zu entfernen, sondern dauerhaft zu erhalten und zu schützen.

Beschluss 5: Die Hinterbliebenen der NS-Opfer fordern ihr Recht

20. September 2021

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Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 4. November 2009 erklärt:

„Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat“, sind das Grundgesetz und die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland „geradezu als Gegenentwurf“ zum nationalsozialistischern Regime zu verstehen. „Das bewusste Absetzen von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus war historisch zentrales Anliegen aller an der Entstehung wie Inkraftsetzung des Grundgesetzes beteiligten Kräfte.“ (Aus den Leitsätzen zum Beschluss des Ersten Senats vom 04.11.2009 – 1 BvR 2150/08).

Die Gegnerschaft zur Naziherrschaft ist demnach Verfassungsgebot und Staatsdoktrin. Dem sieht sich auch die VVN-BdA verpflichtet.


Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer und Hinterbliebenen sowie der nachgewachsenen Generationen von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Diesen Opfern wurde in der genannten Gerichtsentscheidung das Recht auf besonderen Schutz – ihrer Würde und ihrer Unversehrtheit – zugesprochen: Eine „Verletzung der Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“ wird in besonderem Maße verurteilt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde nach 1945 von Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und Teilnehmern am Antinazi-Widerstandskampf gegründet.

Ihre heutigen Mitglieder erklären: Wir, die wir Krieg und Faschismus noch durchlitten haben, aber auch die zweite und dritte Generation und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, fühlen uns dem Auftrag der Gründer der VVN-BdA und des Grundgesetzes verpflichtet.

Seit jüngster Zeit gibt es eine Reihe von Dokumentationen, die belegen, was die VVN seit den 60er Jahren nachgewiesen hat: In der Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft, Militär und dem Staats- und Terrorapparat des Naziregimes, darunter Justiz, Gesundheitswesen, Polizei und Geheimdienste wieder tätig werden, Einfluss nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen.

Gerichte verfolgten Teilnehmer des Arbeiterwiderstandes, vornehmlich des kommunistischen Widerstandes, um sie – auch unter Hinweis auf Vorstrafen aus politischen Prozessen von 1933 bis 1945 – wegen ihrer politischen Tätigkeit erneut einzusperren und ihnen die Rechte auf Entschädigung abzusprechen. Ärzte aus der NS-Zeit wurden als Gutachter eingesetzt, um die Entschädigungsrechte der oft schwer geschädigten politisch, rassisch und religiös Verfolgten in Zweifel zu ziehen. Ehemalige Gestapobeamte fanden in der Polizei der BRD wieder Verwendung, und man setzte sie auch ein, um die demokratischen Rechte der Verfolgten erneut anzutasten. Organisationsverbote führten zur Bestrafung der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer, während Naziorganisationen wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. Das Versammlungsrecht von Antifaschisten wurde eingeschränkt.

Die VVN-BdA setzt sich dafür ein, dass eine Wiedergutmachung für die so Benachteiligten erfolgen muss. Vor allem geht es um die Rehabilitierung der Opfer. Ende der sechziger Jahre gab es zwar ein Strafrechtsänderungsgesetz, das zahlreichen Verfolgungen ein Ende setzte, eine Rehabilitierung der Betroffenen erfolgte jedoch nicht. Auch die Kinder und Enkel der Betroffenen hatten – infolge der Leiden ihrer Verwandten – mitzuleiden:

  • denn die Familien der Opfer litten oft materielle Not,
  • die Kinder und Enkel, also die  aus der 2. und 3. Generation, waren betroffen von psychischen Schäden und Traumatisierungen,
  • sie waren im Bildungswesen, in Schule und Gesellschaft Diskriminierungen bis hin zu Berufsverboten ausgesetzt.
  • Sie galten als Kinder von „Vorbestraften“.

Die jetzt bekannt gewordenen personellen Kontinuitäten aus der Zeit vor und nach 1945 müssen zu Konsequenzen führen. Doch die Gelegenheiten, die sich dazu bieten, werden nicht genutzt. Der Umgang des Deutschen Bundestages mit dem Antrag „Widerstand von Kommunistinnen und Kommunisten gegen das NS-Regime“ (Drucksache 17/2201), eingebracht von der Fraktion DIE LINKE am 16. 6. 2010, ist ein Skandal, ja ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer.  Ohne mündliche Aussprache, nur mit schriftlichen Wortbeiträgen, die seitens der CDU, CSU und FDP, aber auch der SPD den Geist der Restauration und des Kalten Krieges atmeten, wurde der Antrag am 11. November 2010 zu später Stunde beerdigt. Die CDU/CSU-Reaktion ist unfassbar und, ähnlich wie bei den vielen Debatten zum Kriegsverrat, sprachlich und argumentativ stark in der Nähe von rechtsextremen Organisationen.

Auch in der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätten für Opfer des NS-Unrechts werden die Vertreter der 2. und 3. Generation oftmals abgewiesen. Man erklärt ihnen ungeschminkt: Euer Anspruch auf Mitsprache in der Gedenkarbeit ist verwirkt. Genugtuung darüber, dass Zeitzeugen sich nicht mehr einmischen können, ist unverkennbar. Doch, wir mischen uns ein.

Die in der VVN-BdA vereinigten Angehörigen der 2. und 3. Generation danken dem Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte dafür, dass er sich ihrer Sorgen und Nöte angenommen hat. Sie danken den Vertretern der LINKEN und der GRÜNEN, die sich in der schriftlichen Debatte des Bundestages vom 11. 11. 10 vorbildlich verhalten haben. Diese Bemühungen sollten fortgesetzt werden.

Der Bundesausschuss der VVN-BdA soll in diesem Sinne bald ein Treffen von Angehörigen der zweiten und dritten Generation organisieren.

Beschluss 6: Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

20. September 2021

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Der Bundeskongress schlägt allen Landesverbänden der VVN/BdA vor, sich mit dem Komplex „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ zu befassen und dabei die  Erfahrungen des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen mit seinem Projekt „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ zu nutzen.

Beschluss 7: Antifaschistische Positionen statt Nazis in die Parlamente

20. September 2021

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Die erfolgreiche Kampagne nonpd – NPD-Verbot-Jetzt! wird unter anderen Bedingungen fortgesetzt: Mit dezentralen Schwerpunkt-Aktionen in Wahlkämpfen, unterstützt durch die Bundesorganisation, wird versucht, Neofaschisten und Rassisten bei Ihrem Wahlkampf zu stören und ihren Einzug in Parlamente aller Ebenen zu verhindern, unabhängig in welcher Tarnung sie antreten. Mit der zentralen Forderung nach einem Verbot der NPD bleibt jeder Wahlkampf verbunden, wird jedoch konkret gegen die jeweiligen Gruppierungen geführt.

Die Aktion wird finanziert – ähnlich der vorhergehenden – durch gezielte Spendenkampagnen, durch den Verkauf der angebotenen wahlkampfunterstützenden Mittel zum Einkaufspreis und durch die Bundesorganisation.

Beschluss 8: Gegen jeden Antisemitismus

20. September 2021

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Die VVN-BdA wendet sich gegen jede Art und Form des Antisemitismus.

Nicht jede Kritik an israelischer Regierungspolitik und Akteuren der israelischen Gesellschaft ist von vornherein des Antisemitismus zu bezichtigen.

Die VVN-BdA unterstützt alle Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben zwischen Israel und seinen Nachbarn und alle Bemühungen um eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinenser/innen, die den legitimen Interessen beider Seiten entspricht.

Für die VVN-BdA ist das Verhältnis zu Israel in erster Linie davon bestimmt, dass dort eine große Zahl von Überlebenden des Holocaust und deren Nachkommen leben. Israel ist der Zufluchtsort für Jüdinnen und Juden aus aller Welt.

Wer diese grundsätzliche Konsequenz nach der Shoah infrage stellt, kann für uns kein Bündnispartner sein. Das gilt insbesondere für extrem reaktionäre, frauen- und demokratiefeindliche Organisationen, die das Existenzrecht Israels nicht anerkennen.

Auch die israelische Gesellschaft ist gespalten: Rassismus, Nationalismus, religiöser Fundamentalismus und weitere reaktionäre Strömungen sind genauso vorhanden wie Friedensbewegung, Bürgerrechtsbewegung und die verschiedenen sozialistischen Strömungen.

Wir haben also Freunde und Bündnispartner in Israel, die an der gleichen „Welt des Friedens und der Freiheit“ arbeiten wie wir. Viele dieser KameradInnen stehen in Opposition zur israelischen Regierungspolitik oder stehen ihr zumindest kritisch gegenüber. Ein wichtiger Aspekt ihrer Überlegungen ist die Überzeugung, dass Israel nur in Frieden mit seinen Nachbarn überleben kann.

Die parlamentarische Demokratie in Israel erlaubt auch radikale Kritik. Reaktionäre Regierungspolitik erfordert auch in Israel radikale Kritik. Wer versucht, israelische Oppositionelle, die mit Sorge analysieren, welche katastrophalen Folgen die permanente Kriegssituation für die gesellschaftliche Entwicklung hat, zum Schweigen zu bringen,  kann für uns auch kein Bündnispartner sein. Die Vorstellung, deutsche Linke müssten die Grenzen zulässiger linker Kritik an israelischer Politik bestimmen, ist absurd.

Beschluss 9: Rettet das Leben von Mumia Abu-Jamal

20. September 2021

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Mumia Abu-Jamal, Ehrenmitglied der VVN-BdA seit 2002, ist in Lebensgefahr.

Die VVN-BdA setzt ihren Kampf für das Leben und die Freilassung des seit 30 Jahren in der Todeszelle inhaftierten schwarzen Journalisten Mumia Abu-Jamal fort.

Wir fordern alle Verbände und Gruppen der VVN/BdA auf, Öffentlichkeit herzustellen mit

– Vorführungen des Films “In Prison My Whole Life” und Informationsveranstaltungen

– Anträgen auf kommunaler Ebene

– Presseerklärungen

– Infoständen, Kundgebungen, Bündnisarbeit etc.

– Informationen über alle Aktivitäten werden an die US-Botschaft und an die Konsulate

– der Übernahme von Texten von und über Mumia Abu-Jamal auf die Internetseiten der VVN-BdA
 

– Spendensammlungen für die Verteidigung

– Unterstützung der Online-Petition auf http://www.petitiononline.com/Mumialaw/

– Schreiben an:        Mumia Abu-Jamal; AM 8335; SCI Greene Prison;

                                175 Progress Drive,    Waynesburg; PA 15370; USA

Hoch die internationale Solidarität!  Gegen die Todesstrafe!

„Seid unteilbar!“

8. September 2021

Denise Torres, Bundessprecherin der VVN-BdA, hat sich in ihrer Rede bei der Unteilbar-Demo am 4.9. gefragt: Der Hass der AfD – soll das „Normalität“ sein?

„Mein Name ist Denise, ich komme aus Frankfurt am Main und bin eine der Bundessprecherinnen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen, VVN-BdA.

Wir haben uns heute hier versammelt, um noch einmal vor der Bundestagswahl laut zu sagen, was uns wichtig ist, was wir wollen.

Wir setzen uns insbesondere mit dem Programm der AfD auseinander, die die „Normalität“ auf ihre Fahnen geschrieben hat und unschuldig tut, sich das demokratische Mäntelchen umhängt wie der Wolf im Schafspelz.

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