Anträge und Beschlüsse

25. Juni 2008

Ein arbeitsreicher Konkress: Leitantrag und Konkretisierungen, Finanz- und Beitragsordnung, Initiativanträge sowie Beschlüsse des Bundesausschusses. Und dennoch bleibt vieles auf der Tagesordnung.

Dem Bundeskongress lagen insgesamt 35 Anträge vor. Davon waren neun Initiativanträge, die erst auf dem Kongress eingereicht wurden. Hinzu kamen zahlreiche Änderungsanträge zu den vorliegenden Anträgen.

Nachdem der Bundeskongress am zweiten Kongresstag neben den Wahlen zu den Bundesgremien 14 Anträge, davon fünf Initiativanträge, behandelt hatte, war die zur Verfügung stehende Zeit aufgebraucht. Deshalb mussten 21 Anträge dem Bundesausschuss, dem höchsten Organ der VVN zwischen den Bundeskongressen, zur Beratung und Beschlussfassung übergeben werden.

Der Leitantrag

An der Spitze der vom Bundeskongress behandelten politischen Anträge stand der Leitantrag mit der Überschrift »Was bedeutet Antifaschismus heute?«. Auf diese Frage versucht der Antrag in acht Abschnitten, die jeweils einen Themenkomplex beinhalten, Antwort zu geben.

Die Themenkomplexe umfassen die notwendige Aufklärung über den Faschismus und den Kampf gegen Neofaschismus, die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit, den Kampf gegen Militarisierung und Krieg, die Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten, den Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus, die Verteidigung sozialer Rechte sowie die Notwendigkeit einer breiten Bündnispolitik und der Stärkung der VVN als antifaschistischer Organisation. Das sind zugleich die wichtigsten Arbeitsfelder der VVN-BdA. Der Wortlaut des Leitantrags wurde bereits in der vorigen Ausgabe der »antifa« (Mai/Juni 2008) veröffentlicht. Der beschlossene Text ist mit der Vorlage nahezu identisch; lediglich an sechs Stellen gibt es kurze Ergänzungen oder Wortkorrekturen.

Konkretisierungen

Fünf weitere Anträge befassen sich jeweils eingehender mit bereits im Leitantrag angesprochenen Themen. Sie sind damit gewissermaßen Ausführungen und Konkretisierungen zum Leitantrag. Das geht auch aus den Überschriften hervor:

»Was ist notwendig im Kampf gegen Neofaschismus? Eine neue Kampagne gegen Neofaschismus« (Antrag 1-2); »Für die Wiederherstellung und den Erhalt der demokratischen Rechte« (1-3); »Für eine antifaschistische Erinnerungskultur Gegen Geschichtsklitterung« (1-4); »Für die Wiederherstellung des antifaschistischen und antimilitaristischen Konsenses« (1-5); »Internationale Arbeit verstärken FIR unterstützen« (1-6). Als Ergänzung zum Antrag 1-4 wurde der Antrag 1-10 als Arbeitsauftrag an den Bundesausschuss überwiesen. Dasselbe geschah mit einem umfangreichen Änderungs- und Ergänzungsantrag aus Niedersachsen.

Finanz- und Beitragsordnung

Unbedingt vom Bundeskongress zu behandeln und zu beschließen, weil so in der Satzung vorgeschrieben, waren die Finanz- und die Beitragsordnung. Beide wurden in erstaunlich kurzer Zeit ohne große Diskussion und nahezu einmütig mit wenigen Korrekturen an den Vorlagen beschlossen.

Initiativanträge

Darüber hinaus verabschiedete der Bundeskongress fünf Initiativanträge, von denen einer ebenfalls ein wichtiges Arbeitsfeld der VVN benennt: »Die Entschädigung der Opfer des Faschismus bleibt vorrangige Aufgabe« (IA 1). Die vier anderen Initiativanträge befassten sich mit aktuellen Ereignissen: »Gegen Geschichtsfälschung und Rechts-Links-Gleichsetzung.«(IA 2); »Entsetzen über Pogrome gegen Roma in Italien« (IA -01); »Südafrikas Regierung in der Pflicht« (IA-02) und »Solidarität mit Flüchtlingen in Katzhütte« (IA-03).

Die Beschlüsse des Bundesausschusses

Mit den Anträgen, die vom Bundeskongress nicht mehr behandelt werden konnten, befasste sich der Bundesausschuss in seiner ersten Sitzung nach dem Kongress am 21./22.Juni in Magdeburg.

Beschlossen wurden vom Bundesausschuss 12 Anträge. Die meisten von ihnen greifen ebenfalls Themen und Forderungen des Leitantrages mit Konkretisierungen auf. Es sind dies die Anträge 1-7 (Gegen das Ausspähen von PCs), 1-9 (BKA muss Schaden wiedergutmachen), 1-12 (Unterbindung aller Naziaktivitäten), 1-13 (Gegen den alltäglichen und strukturellen Rassismus), 1-14 (Flucht und Vertreibung in den historischen Kontext stellen) und 1-15 (Für eine antirassistische Erziehung). Teilweise wurden die Vorlagen nach entsprechender Diskussion in veränderter Fassung beschlossen.

Antrag 1-11 fordert erneut einen fairen Prozess für Mumia Abu-Jamal und wendet sich gegen die Todesstrafe. Initiativantrag 3, dem der Bundesausschuss mit Veränderungen ebenfalls zustimmte, wendet sich gegen die Kameradschaftstreffen der Gebirgsjäger und deren Traditionspflege.

Die Zustimmung des Bundesausschusses fanden vier organisationspolitische Anträge, die eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit (einschließlich Auftritte im Internet) sowie mehr Werbung um neue Mitglieder und für die Zeitschrift »antifa« fordern.

P. C. Walther

Wegen bereits beschlossener Anträge zum selben Thema wurden drei Anträge für erledigt erklärt. Weil eine bis in Einzelne gehende Beschlussfassung entweder (noch) nicht möglich war oder das betreffende Thema ohnehin noch Arbeits- und Beratungsgegenstand im Bundesausschuss ist, wurden sechs Anträge als Arbeitsauftrag bzw. Arbeitsmaterial vom Bundesausschuss übernommen. Damit bleiben sie auf der Tagesordnung des Bundesausschusses.

Der Wortlaut sämtlicher Beschlüsse ist in Papierform und elektronisch allen Landesverbänden zugegangen.

„Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“ (Heinrich Heine)

7. Mai 2008

Die Errichtung der faschistischen Herrschaft vor 75 Jahren war nicht allein mit Straßenterror, Verhaftungen und der Beseitigung demokratischer Rechte verbunden. Es ging den Nazis gleichermaßen um eine ideologische Gleichschaltung.

Viele demokratische Schriftsteller und Künstler flohen vor dem faschistischen Terror ins Exil. Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ schufen die Nazis Anfang April 1933 eine formaljuristische Legitimation, um antifaschistische und jüdische Wissenschaftler und Lehrkräfte aus Universitäten und Schulen zu vertreiben.

Auch deren Gedanken und die von ihnen vertretenen Ideen sollten aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit eliminiert werden. Dazu inszenierten faschistische Studenten des NSDStB am 10. Mai 1933 in den Universitätsstädten des Deutschen Reiches Bücherverbrennungen. In aller Öffentlichkeit, unter Beteiligung der Professoren und der Studentenschaft wurden Werke marxistischer und jüdischer Wissenschaftler, demokratischer und pazifistischer Schriftsteller und Künstler als „undeutsche Literatur“ vernichtet. In den folgenden Wochen fanden ähnliche Veranstaltungen in anderen Orten des Reichs statt.

Vernichtet wurden die Werke von Ernst Barlach, Walter Benjamin, Bertolt Brecht, Franz Kafka, Erich Kästner, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Anna Seghers, Stefan Zweig und Carl Zuckmayer, um nur einige wenige zu nennen. Auf den Listen der „undeutschen Literatur“ standen die Werke der besten deutschen Dichter und Wissenschaftler.

Der „Kampf um die Köpfe“ wurde von dem faschistischen Terrorregime mit aller Vehemenz fortgesetzt. Es folgten Berufsverbote, Vertreibungen, Ausbürgerungen und andere Terrormaßnahmen. Grausam bestätigte sich, was Heinrich Heine knapp 100 Jahre zuvor in einem Gedicht formulierte:

„Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“.

Wir gedenken dieses Datums, da es – wie kein zweites – faschistischen Ungeist und die Zerstörung der demokratischen Kultur belegt.

Wer sich an dieses Datum erinnert, sollte sich den humanistischen Gehalt der Werke der „verbrannten Dichter“ und Wissenschaftler aneignen. Viele von ihnen haben in deutlichen Worten die sozialen Probleme der damaligen Zeit angeprangert und zugleich vor der faschistischen Bedrohung gewarnt. Bewahren wir dieses demokratische und humanistische kulturelle Erbe für heute und morgen.

Aber dieses Datum ist nicht nur historisch zu verstehen. Die Strategie der NPD heute zielt ebenfalls auf den „Kampf um die Köpfe“. In der Konsequenz werden linke Künstler angegriffen, ihre Auftritte behindert, wie in Halberstadt oder in Wernigerode.

Auch dagegen richtet sich unser politisches Gedenken zur Bücherverbrennung.

Der 27. Januar und die VVN-BdA

24. Januar 2005

Als Bundespräsident Roman Herzog 1999 den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee zum nationalen Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus erklärte, war die Skepsis in antifaschistischen Kreisen nicht zu übersehen.

Sollte auf diese Weise das Gedenken allein auf die jüdischen Opfer der Vernichtungspolitik fokussiert werden? Sollte hiermit der 8. Mai als Gedenktag für die Befreiung von Faschismus und Krieg verdrängt werden? Sollte mit einem solchen „staatlich verordneten“ Gedenktag nicht vielmehr dem Ausland eine Bereitschaft zum angemessenen Umgang mit der geschichtlichen Erinnerung dargestellt werden?

In einer umfangreichen Stellungnahme formulierten wir als VVN-BdA Anforderungen, damit dieser Gedenktag zu einer historisch angemessenen Erinnerung beitragen könnte: Der 27. Januar 1945 müsse im Kontext mit dem 30. Januar 1933 verstanden werden, die Taten, die Täter und die Nutznießer der Verbrechen dürfen nicht vergessen werden, die Breite von Widerstand und Verfolgung müsse deutlich werden, der Befreiungsanteil der Alliierten, unter ihnen die Sowjetunion, müsse Teil des öffentlichen Erinnerns werden, der 8. Mai 1945 dürfe nicht in seiner Bedeutung als Jahrestag der Befreiung entwertet werden.

Nach fünf Jahren der politischen Praxis können wir festhalten, dass sich der 27. Januar im gesellschaftlichen Raum als Gedenktag etabliert hat, an dem nicht allein der jüdischen Verfolgten gedacht wird. Neben den offiziellen Kreisen haben verschiedene antifaschistische Initiativen, Geschichtswerkstätten, gesellschaftliche Kräfte, unter ihnen die VVN-BdA-Basis- und Kreisvereinigungen gezeigt, wie dieser Tag genutzt werden kann, um mit Aktionen in der Öffentlichkeit oder mit Veranstaltungen aller Verfolgten des Naziregimes zu gedenken, die Etablierung und Realität faschistischer Herrschaft zu dokumentieren und an diejenigen, die sich dem Faschismus entgegengestellt haben, zu erinnern. Dies ist eine würdige Form des Umgangs mit diesem „staatlich verordneten“ Gedenktag.

(erschienen in „antifa“ – magazin für antifaschistische Politik und Kultur Dezember 2004 / Januar 2004)

Kontakt und Information: Zeitschrift „antifa“

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