Nach dem Schweigen Erinnerungsorte, Gedenkbücher, Opferlisten des sowjetischen Exils

18. Oktober 2011

Internationale Konferenz,veranstaltet von Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin in Kooperation mit der Berliner VVN/BdA e.V. und der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte e.V. am 28. und 29. Oktober 2011 im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal

Programm

Freitag, 28. Oktober 2011, 17.00-20.00 Uhr

17.00 Begrüßung Dr. Hans Coppi (Vorsitzender der Berliner VVN-BdA)

17.15-19.00 Filmvorführung „Im Schatten des Gulag – als Deutsche unter Stalin geboren“

90 Min., D 2011, Regie: Loretta Walz, Buch: Annette Leo und Loretta Walz

Acht Frauen und Männer erinnern sich ihrer Kindheit in der Sowjetunion und der frühen DDR. Es sind Töchter und Söhne deutscher Politemigranten. Ihre Eltern wurden in den 1930er bis 1950er Jahren Opfer der stalinistischen „Säuberungen“. Bis zum Ende der DDR waren alle von Verfolgung Betroffenen zum Schweigen verurteilt, danach bedurfte es interessierter Forscher und Publizisten, sie zum Reden zu bewegen.

19.00-19.15 Pause

19.15-20.00 Podiumsdiskussion mit Dr. Günter Agde, Alex Glesel, Dr. Annette Leo, Dr. Andrej Reder und Loretta Walz; Moderation Dr. Wladislaw Hedeler

Sonnabend, 29. Oktober 2011, 10.00-20.00 Uhr

10.00 Begrüßung: Dr. Hans Coppi

Einführung: Dr. Inge Münz-Koenen: Arbeit gegen das Vergessen

10.30 -12.00 Erinnerungsarbeit 70 Jahre danach. Die Suche nach namenlosen Opfern des „Großen Terrors“ unter Russen und Deutschen

10.30 Dr. Wladislaw Hedeler: Dreitausend Namen. Arbeit an einer Datenbank bisher unbekannter deutscher Emigranten, die in der Sowjetunion Opfer staatlicher Verfolgung wurden.

11.00 Dr. Anatolij Razumov (Zentrum „Wiedergegebene Namen“ Petersburg): „Wir wollen die Wahrheit wissen!“ Zur Arbeit an den Leningrader Gedenkbüchern

11.40 Anja Schindler: Emigrantenkinder zwischen Stalins Terror und Hitlers Krieg. Ein Foto und seine Geschichte

12.00-13.00 Diskussion

Moderation: Dr. Carola Tischler

13.00-14.00 Mittagspause

14.00-15.00 Fundort Archiv: unbekannte Schicksale deutscher Emigranten in der UdSSR

14.00 Prof. Dr. Alexander Vatlin (Staatliche Universität Moskau): Strafakten deutscher Bürger aus dem Archiv der Moskauer Bezirksverwaltung des NKWD 14.30 Dr. Gerd Kaiser: Recherchen zu deutschen Facharbeitern in der UdSSR

14.50 Dr. Carola Tischler: Glasnost in der DDR. Die Arbeitsgruppe „Opfer des Stalinismus“ am IML/IfGA (1989 -1991) und ihr Archivbestand

15.10-16.00 Diskussion

Moderation: Anja Schindler

16.00-16.30 Kaffeepause

16.30-18.00 Versiegelte Vergangenheit. Internationale Erfahrungen mit gesperrten Archiven und die Notwendigkeit ihrer Öffnung

Gesprächsrunde mit Bernd-Rainer Barth, Dr. Hans Coppi, Prof. Dr. Alexander Vatlin

Gesprächsleitung: Dr. Inge Münz-Koenen

18.15-19.00 FILMVORFÜHRUNG: Und die Kiefern neigten sich über die Gräber

Als wären es die Seelen der Toten, Regie: Vitalij Pozdnjakov (Russland 2008)

Kosten: Freitag 1,50 Euro, Sonnabend 5,00 Euro

Anmeldungen bitte unter info@helle-panke.de

oder unter http://www.helle-panke.de/topic/3.html?id=766 oder telefonisch unter 030 47538724

Veranstaltungsort Hans der Demokratie und Menschenrechte Robert-Havemann-Saal Greifswalder Str. 4 10405 Berlin

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Antifaschistische Arbeit in Rheinland-Pfalz nicht mehr gemeinnützig?

geschrieben von VVN-BdA, Landesvereinigung Rheinland-Pfalz

17. Oktober 2011

Anfang September dieses Jahres verweigerte das Finanzamt Mainz – nach mehr als anderthalb Jahren Bearbeitungszeit seit Antragsstellung im Februar 2010 – dem Landesverband Rheinland-Pfalz der VVN/BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, die Verlängerung der Gemeinnützigkeit.

Einzig aufgeführte Begründung ist die Erwähnung „der VVN / BdA in einigen Verfassungsschutzberichten der Länder“ (dies ist in Bayern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg der Fall). Damit sei u.a. davon auszugehen, dass dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider gehandelt und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt seien.

Unsere Vereinigung wurde 1947 von den Überlebenden der Konzentrationslager und Mitgliedern des Widerstandes gegen Faschismus und Krieg gegründet, um im Sinne des Schwurs der überlebenden Häftlinge von Buchenwald zu wirken („Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“). Eine aus der Geschichte gezogene Lehre war und ist für unsere Organisation, überparteilich und konfessionell ungebunden, einen antifaschistischen Grundkonsens zu verteidigen.

In Artikel 139 Grundgesetz sind die alliierten Bestimmungen zum Verbot der NSDAP und möglicher Nachfolgeorganisationen und -parteien eindeutig bestätigt. In diesem Sinne tritt die VVN-BdA entschieden ein für das Verbot der NPD und der in ihrem Sog sich bewegenden Gruppen, Organisationen und Kameradschaften. Für dieses und andere Ziele, insbesondere im Sinne des Gedankens der Völkerverständigung, setzt sich die VVN seit ihrer Gründung unermüdlich ein.

Die VVN-BdA Rheinland-Pfalz kann auf Jahrzehnte der kontinuierlich geleisteten Erinnerungs- und Gedenkarbeit, die Durchführung unzähliger antifaschistischer Veranstaltungen sowie Demonstrationen gegen neofaschistische Aufmärsche und Aktionen und die aktive Beteiligung an der Friedensbewegung zurückblicken. So zählt unsere Organisation beispielsweise zu den Gründungsmitgliedern des „Fördervereins für die Gedenkstätte Osthofen“.

Viele Mitglieder der VVN Rheinland-Pfalz waren später als Zeitzeugen in Schulen, bei Veranstaltungen und auf Kundgebungen gegen Neonazi-Aufmärsche zu hören. Wie beispielsweise Philipp Wahl, der jahrelang als Landesvorsitzender arbeitete und für sein antifaschistisches Engagement u. A. das Bundesverdienstkreuz bekam. Oder Horst Symanowski, ebenfalls für lange Zeit Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der VVN/BdA, der 2003 für sein Lebenswerk von Yad-Vashem offiziell als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wurde.

In den einzelnen Kreisverbänden wurde und wird von Überlebenden, in Zusammenarbeit mit Antifaschisten der nachfolgenden Generationen, die Auseinandersetzung mit den Ursachen von Faschismus und Krieg geführt, Aufklärung über neofaschistische Strukturen und Aktivitäten betrieben, werden Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Faschismus abgehalten; wird im Sinne der Losung ‚Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg’ wertvolle ehrenamtliche Arbeit, auch in örtlichen wie landesweiten Bündnissen, geleistet.

Dies ist nun der erste Vorstoß staatlicher Stellen, die Gemeinnützigkeit unseres Landesverbandes abzuerkennen und geschieht mittels einer fadenscheinigen und mehr als dürftig zu nennenden Begründung.

Wir fordern die unverzügliche Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit der VVN/BdA Rheinland-Pfalz!

Unterschriftenliste (14 KB)

Kinder des Widerstandes laden zu einem Treffen in Solingen

29. September 2011

Nachdem kaum noch Zeitzeugen an unserer Gedenk- und Erinnerungsarbeit wie auch an der antifaschistischen Aufklärungsarbeit mitwirken können, haben Kinder und Enkel der Widerstandsgenerationen sich zu Wort gemeldet. Sie wollen helfen, den Anforderungen an die Zeitzeugen heute gerecht zu werden.

Das lebendige Bewahren der großen antifaschistischen Traditionen ist eine zunehmende Herausforderung für unseren Verband. Dies hat nicht zuletzt Auswirkungen auf die Erweiterung unseres Einflusses in der antifaschistischen Bewegung.

Wir laden ein zum Seminar

22.-23. Oktober 2011

Naturfreundehaus

Holzerbachtal

Solingen-Wald

Als Referenten haben wir den Historiker Dr. Dieter Nelles aus Wuppertal gewonnen, der mit einem Autorenkollektiv wertvolle Arbeiten zum Thema .Kinder des Widerstands und Politik nach 1945. veröffentlicht hat.

Die Töchter von antifaschistischen Widerstandskämpfern Alice Czyborra (Gingold), Traute Sander (Burmester), Inge Trambowsky (Kutz) und Klara Tuchscherer (Schabrod) haben sich mit folgendem Text an die Öffentlichkeit gewendet. Die VVN-BdA-Landeskonferenz NRW und der Bundeskongress der VVN-BdA unterstützten ihr Anliegen. Es wird darum gebeten, ebenfalls zuzustimmen, wenn das Anliegen unterstützt wird. Geplant ist ein Offener Brief, mit dem auf die Probleme der 2. und 3. Opfergeneration hingewiesen werden soll:

„Hinterbliebene von NS-Opfern fordern ihr Recht!

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 4. November 2009 erklärt: „Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat“, sind das Grundgesetz und die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland „geradezu als Gegenentwurf“ zum nationalsozialistischen Regime zu verstehen.“ „Das bewusste Absetzen von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus war historisch zentrales Anliegen aller an der Entstehung wie Inkraftsetzung des Grundgesetzes beteiligten Kräfte.“ (Aus den Leitsätzen zum Beschluss des Ersten Senats vom 04.11.2009 – 1 BvR 2150/08).

Die Gegnerschaft zur Naziherrschaft ist demnach Verfassungsgebot und Staatsdoktrin. Dem sieht sich auch die VVN-BdA verpflichtet. Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer und Hinterbliebenen sowie der nachgewachsenen Generationen von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Diesen Opfern wurde in der genannten Gerichtsentscheidung das Recht auf besonderen Schutz – ihrer Würde und ihrer Unversehrtheit – zugesprochen:

Eine „Verletzung der Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“ wird in besonderem Maße verurteilt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde nach 1945 von Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und Teilnehmern am Antinazi-Widerstandskampf gegründet. Ihre heutigen Mitglieder erklären: Wir, die wir Krieg und Faschismus noch durchlitten haben, aber auch die zweite und dritte Generation und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, fühlen uns dem Auftrag der Gründer der VVN-BdA und des Grundgesetzes verpflichtet.

Seit jüngster Zeit gibt es eine Reihe von Dokumentationen, die belegen, was die VVN seit den 60er Jahren nachgewiesen hat: In der Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft, Militär und dem Staats- und Terrorapparat des Naziregimes, darunter Justiz, Gesundheitswesen, Polizei und Geheimdienste wieder tätig werden, Einfluss nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen.

Gerichte verfolgten Teilnehmer des Arbeiterwiderstandes, vornehmlich des kommunistischen Widerstandes, um sie – auch unter Hinweis auf Vorstrafen aus politischen Prozessen von 1933 bis 1945 – wegen ihrer politischen Tätigkeit erneut einzusperren und ihnen die Rechte auf Entschädigung abzusprechen.

Ärzte aus der NS-Zeit wurden als Gutachter eingesetzt, um die Entschädigungsrechte der oft schwer geschädigten politisch, rassisch und religiös Verfolgten in Zweifel zu ziehen. Ehemalige Gestapobeamte fanden in der Polizei der BRD wieder Verwendung, und man setzte sie auch ein, um die demokratischen Rechte der Verfolgten erneut anzutasten. Organisationsverbote führten zur Bestrafung der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer, während Naziorganisationen wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. Das Versammlungsrecht von Antifaschisten wurde eingeschränkt.

Die VVN-BdA setzt sich dafür ein, dass eine Wiedergutmachung für die so Benachteiligten erfolgen muss. Vor allem geht es um die Rehabilitierung der Opfer. Ende der sechziger Jahre gab es zwar ein Strafrechtsänderungsgesetz, das zahlreichen Verfolgungen ein Ende setzte, eine Rehabilitierung der Betroffenen erfolgte jedoch nicht. Auch die Kinder und Enkel der Betroffenen hatten – infolge der Leiden ihrer Verwandten – mitzuleiden: Denn die Familien der Opfer litten oft materielle Not, die Kinder und Enkel, also die aus der 2. und 3. Generation, waren betroffen von psychischen Schäden und Traumatisierungen, sie waren im Bildungswesen, in Schule und Gesellschaft Diskriminierungen bis hin zu Berufsverboten ausgesetzt. Sie galten als Kinder von „Vorbestraften“. Die jetzt bekannt gewordenen personellen Kontinuitäten aus der Zeit vor und nach 1945 müssen zu Konsequenzen führen. Doch die Gelegenheiten, die sich dazu bieten, werden nicht genutzt. Der Umgang des Deutschen Bundestages mit dem Antrag „Widerstand von Kommunistinnen und Kommunisten gegen das NS-Regime“ (Drucksache 17/2201), eingebracht von der Fraktion DIE LINKE am 16. 6. 2010, ist ein Skandal, ja ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. Ohne mündliche Aussprache, nur mit schriftlichen Wortbeiträgen, die seitens der CDU, CSU und FDP, aber auch der SPD den Geist der Restauration und des Kalten Krieges atmeten, wurde der Antrag am 11. November 2010 zu später Stunde beerdigt. Die CDU/CSU-Reaktion ist unfassbar und, ähnlich wie bei den vielen Debatten zum Kriegsverrat, sprachlich und argumentativ stark in der Nähe von rechtsextremen Organisationen.

Auch in der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätten für Opfer des NS-Unrechts werden die Vertreter der 2. und 3. Generation oftmals abgewiesen. Man erklärt ihnen ungeschminkt: Euer Anspruch auf Mitsprache in der Gedenkarbeit ist verwirkt. Genugtuung darüber, dass Zeitzeugen sich nicht mehr einmischen können, ist unverkennbar. Doch, wir mischen uns ein.

Die in der VVN-BdA vereinigten Angehörigen der 2. und 3. Generation danken dem Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte dafür, dass er sich ihrer Sorgen und Nöte angenommen hat. Sie danken den Vertretern der LINKEN und der GRÜNEN, die sich in der schriftlichen Debatte des Bundestages vom 11. 11. 10 vorbildlich verhalten haben. Diese Bemühungen sollten fortgesetzt werden.

Es wird darum gebeten, sich dieser Erklärung anzuschließen.“

Ich unterstütze als Betroffene/Betroffener diese Erklärung von Kindern und Enkeln von NS-Verfolgten und Opfern des Kalten Krieges:

Name und Vorname: ___________________

Alter: __________ Beruf: _______________

Verwandt mit oder Hinterbliebene/r von (muß nicht ausgefüllt werden) ______________________

Anschrift: ____________________________

Telefon __________

Mail-Adresse ______________

Bitte senden an:

VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Nordrhein-Westfalen

Gathe 55 • 42107 Wuppertal, nrw[at]vvn-bda[dot]de

„Antifaschismus in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“

26. September 2011

Aus Anlass des 75. Jahrestages der Gründung der Interbrigaden lädt die VVN-BdA Brandenburg zu einer antifaschistischen Konferenz im Potsdamer Treffpunkt Freizeit (ehemaliges Pionierhaus) ein.

In mehreren Workshops soll über geschichtspolitische Auseinandersetzungen, aber auch über Neofaschismus heute und den Kampf dagegen diskutiert werden. Daneben besteht ausreichend Zeit und Platz um sich gegenseitig kennenzulernen, zu diskutieren, Kontakte zu knüpfen…

Samstag, 08. Oktober 2011, ab 11 Uhr

Treffpunkt Freizeit, Am Neuen Garten 64, Potsdam

Die Teilnahme ist kostenfrei.

Kontakt und Information: VVN-BdA Land Brandenburg, Jägerstraße 36, 14467 Potsdam, vvn-bbg@gmx.de

Veranstalter: VVN-BdA Brandenburg e.V.

Programm:

11.00 Uhr: Gedenkpolitik in Osteuropa (Hannes Püschel)

In vielen Staaten Mittelosteuropas wird das Erinnern an die stalinistischen Repressionen gegen das Erinnern an den Holocaust ausgespielt, um die ideologischen Vorgänger heutiger nationalistischer Parteien und Bewegungen, die als Kollaborateure Anteil an den deutschen Verbrechen hatten, zu entlasten. Über europäische Gremien beeinflusst diese Politik auch den Umgang mit Gedenkstätten in Deutschland. In diesem Workshop soll über die aktuellen Entwicklungen und darüber wie die Kritik daran geschärft werden kann diskutiert werden.

13.00 Uhr: Neonazismus in Brandenburg (Christoph Kopke)

Christoph Kopke forscht seit mehreren Jahren zu Neonazismus im Land Brandenburg und ist Mitherausgeber des Buches „Rechtsextremismus in Brandenburg“.

13.00 Uhr: Klänge des Verschweigens (Klaus Stanjek)

Der Potsdamer Regisseur Klaus Stanjek wird sein Projekt „Klänge des Verschweigens“ (http://www.klaenge-des-verschweigens.de) vorstellen. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Biographie des Sängers und Pianisten Wilhelm Heckmann. Er war ausgebildeter Konzertsänger und trat seit 1923 bis in die Sechziger Jahre hin in ganz Deutschland und der Schweiz auf. In seiner eigenen Familie wurde er allerdings als das „schwarze Schaf“ behandelt. Seine bisexuelle Orientierung wurde ihm in der Zeit der verschärften Homosexuellenverfolgung (1936 + 1937) zum Verhängnis. Nach Denunziation und Verhaftung wurde er (unter bisher ungeklärten Umständen) 1937 ins KZ – Dachau deportiert, später von da ins KZ Mauthausen. Trotz der extrem harten Umstände (langjährige Arbeit im Steinbruch, Bunkerhaft, Rosa-Winkel-Kennzeichnung) konnte er bis zum Kriegsende und der Befreiung überleben. Vermutlich hat seine besondere Musikalität sein Leben gerettet, als Musiker eines Lagertrios und späterer Mitwirkender des Gefangenenorchesters wurde er als Funktionshäftling behandelt und hat leichtere Aufgaben übertragen bekommen.

15.00 Uhr: Workshop: Rechte Strömungen und Neofaschismus in Russland

Den Schwerpunkt der Veranstaltung bildet das Phänomen des russischen Neofaschismus. Dieser wird anhand einiger aktuell bedeutender bzw. bekannter rechtsextremer Organisationen und deren Versuchen beleuchtet, sich in der Gesellschaft zu verankern, sowie am Beispiel der Gewalt durch Neonaziskin-Gruppierungen, der jedes Jahr viele Migrant_innen und Alternative zum Opfer fallen. Zum besseren Verständnis der Herkunft des russischen Neofaschismus bietet der Workshop zudem einen kurzen Überblick über die Erscheinungsformen russischen Nationalismus von der Perestroika bis heute und zeigt die Vereinnahmungsversuche patriotischer Einstellungen sowohl durch rechte Gruppierungen als auch durch die staatliche Politik auf.

Nach Wunsch kann zudem ein Überblick über die russische zivilgesellschaftliche, subkulturelle und antifaschistische Bewegung gegeben werden, die verschiedenen Formen von Bedrohung und Repression, denen Aktive ausgesetzt sind sowie deren Handlungsstrategien im Kampf gegen rechte Propaganda und Gewalt.

Die Referentin stammt aus Russland und befasst sich seit mehreren Jahren mit russischem Nationalismus und antifaschistischen Widerstand. Als Verteterin des „Siempre Antifascista“-Bündnisses Berlin steht sie in Austausch mit antifaschistischen Aktivist_innen in Russland, mit dem Ziel, durch Informations- und gegenseitigen Austausch die Vernetzung mit Deutschland und Europa, sowie eine grenzenlose antifaschistische Solidarität zu fördern.

www.siempre-antifa.tk

17.00 Geschichtspolitik in Spanien (Initiative „Umkämpfte Vergangenheit“)

In den letzten Jahren wird in Spanien verstärkt um die Bewertung der frankistischen Vergangenheit gestritten. Endlich wird auch der lange verschwiegenen Opfer der Franco-Diktatur öffentlich gedacht. Überall im Land wird nach den verscharrten Opfern der Franco-Diktatur gesucht während gleichzeitig die Franco-Denkmäler, die noch vor einigen Jahren in weiten Teilen Spaniens zu finden waren beseitigt werden. Dies passiert nicht ohne Widerstand rechter und konservativer Kreise. Die Initiative „Umkämpfte Vergangenheit“ informiert über die gedenkpolitischen Auseinandersetzungen in Spanien und zeigt die Ausstellung „Umkämpfte Vergangenheit“.

http://umkaempftevergangenheit.blogsport.de/

18.30 Uhr Podiumsdiskussion „Zukunft der Gedenkstätten in Brandenburg“

In den letzten 20 Jahren sind die Neben- und Außenlager von Ravensbrück und Sachsenhausen, mit erhöhter Aufmerksamkeit bedacht worden. Teilweise werden dort heute zum ersten Mal Gedenkstätten am authentischen Ort errichtet, bzw. werden von Überlebenden und jüngeren AntifaschistInnen entsprechende Forderungen artikuliert. Über die damit verbundenen Probleme diskutieren Mitglieder und AktivistInnen verschiedener geschichtspolitisch aktiver Gruppen und Organisationen. Mit Adam König, Überlebender des KZ Auschwitz und Klinkerwerk, einer Vertreterin der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark, Herta Venter, forscht zum NS-Frauenzuchthaus Cottbus und Vereter/innen der VVN-BdA Brandenburg.

Konzert

Anschließend Konzert mit Atze Wellblech (Straßenmusik trifft Kneipenjazz trifft sorbischen Befreiungspunk trifft Chanson etc.pp.)

Ausstellungen

Während der Konferenz werden im Treffpunkt Freizeit die Ausstellungen „Umkämpfte Vergangenheit“ zur spanischen Geschichtspolitik von der gleichnamigen Initiative und Neofaschismus in Deutschland vom Bundesverband der VVN-BdA gezeigt.

Zudem ist die Ausstellung „Frauen im Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft. Das Frauenzuchthaus Cottbus 1939-1945“ zu sehen. VVN-BdA Brandenburg

Demokratische Politikwissenschaft

25. September 2011

Zur Erinnerung an das Werk des marxistischen Sozialwissenschaftlers und Faschismusforschers Reinhard Opitz (1934-1986)mit: Phillip Becher – Daniel Bratanovic – Ludwig Elm – Georg Fülberth – Richard Gebhardt – Kurt Heiler – Jörg Kronauer – Tom van de Leut – Jürgen Lloyd – Rainer Rilling

Eine Veranstaltung der Marx-Engels-Stiftung e.V. und der VVN-BdA NRW.

19. / 20. November 2011 Alte Feuerwache, Köln

„Demokratische Politikwissenschaft – oder einfach, was dasselbe ist, exakte“ erklärte Reinhard Opitz im Vorwort seiner Dissertation als Anspruch seiner Arbeit. Opitz beschrieb auch, worauf sich diese demokratische – also exakte – Wissenschaft aufbaut: Sie zeichnet sich aus durch das inhaltliche Begreifen der politischen Erscheinungen, d.h. durch das Wahrnehmen der in den Erscheinungen zur Geltung kommenden Klasseninteressen.

Reinhard Opitz wurde am 2. Juli 1934 geboren. Nach Studium von Germanistik und Philosophie, später Sozialphilosophie, Politikwissenschaft und Geschichte promovierte er 1973 in Marburg bei Hans Heinz Holz über „Ideologie und Praxis des deutschen Sozialliberalismus 1917-1933“. Die Entstehung und Verhinderung von Faschismus war sein zentrales Forschungsanliegen; der Widerstand gegen Militarismus und Demokratieabbau die praktische politische Konsequenz. Bereits Ende der 50er Jahre trat Opitz in den >Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS)< ein und wurde Redakteur des Studenten-Kuriers, bzw. der >konkretKommunistische Partei Deutschlands (KPD)Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi)< und wurde 1972 Mitglied im Herausgeberkreis der >Blätter für deutsche und internationale Politik< sowie ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift >Das Argumente In den 1980er Jahren war er Mitglied der >Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsgegnerInnen (DFG-VK)< und betätigte sich im Arbeitskreis Neofaschismus der >Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA)

Eine Einordnung von Opitz‘ Werk ist nicht einfach. Er gilt als Faschismusforscher, Ideologiekritiker, Politikwissenschaftler oder Historiker. Seine Arbeiten strahlten aus bis in den Bereich der Psychologie. Opitz war aber auch ein Literaturkenner, Kunst- und Musikliebhaber mit überdies enzyklopädischen Interessen. Ihm selbst waren disziplinäre Zuordnungen immer fremd.

Trotz der 1999 im BdWi-Verlag erfolgten Herausgabe einer 3-bändigen Edition unter dem Titel „Liberalismus o Faschismus o Integration“ blieb Opitz‘ wissenschaftliches Werk bis heute wenig rezipiert und oft umstritten. Die spezifische Art, wie Opitz das Verhältnis und den Zusammenhang von Ökonomie, Politik und Ideologie gedacht hat ist nur von wenigen fortgeführt worden. Er selbst nannte sein Herangehen kämpferisch „Demokratische Politikwissenschaft“. Ziel unserer Konferenz ist es, Impulse zu geben, dieses Herangehen von Opitz für uns heute wieder nutzbar zu machen.

Reinhard Opitz starb vor 25 Jahren am 3. April 1986 an Lungenkrebs. Er ist nur 51 Jahre alt geworden.

Die geplanten Referate:

Phillip Becher:

„Arbeitsteilung rechtsaußen? Die Entwicklung der Pole ‚NPD‘ und ‚pro-Bewegung‘ als eine mögliche Ausdifferenzierung der Funktionsbestimmungen des Neofaschismus nach Opitz“

Daniel Bratanovic:

„Ludwig Erhards „Formierte Gesellschaft““

Prof. Ludwig Elm:

„Die Leidensgeschichte der Freiheit in Deutschland. – R. Opitz über Liberalismus und Konservatismus“

Prof. Georg Fülberth:

„Zu R. Opitz‘ Kritik des Sozialliberalismus“

Richard Gebhardt:

„“Feindfreier Herrschaftsraum“? – Anmerkungen zur Analyse des Antisemitismus bei R. Opitz“

Kurt Heiler:

„Der angebliche linke Flügel des Faschismus“

Jörg Kronauer:

„Tradition verpflichtet – Zur Aktualität von Opitz‘ „Europastrategien““

Tom van de Leut:

„Das monopolkapitalistische Integrationsproblem“

Jürgen Lloyd:

„Opitz‘ Begriffe „Demokratie“ und „demokratisches Potential““

Prof. Rainer Rilliing:

„Notizen zur Analyse der herrschenden Klasse(n)“

(Das Programm kann sich noch ändern – den aktuellen Stand bitte bei www.marx-engels-stiftung.de nachschauen.)

Die Konferenz findet am Samstag, 19. November 2011 von 11 Uhr bis ca. 18 Uhr und am Sonntag, 20. November von 9:30 Uhr bis 15 Uhr statt.

Zur Finanzierung der Veranstaltung bitten wir um einen Beitrag von 10,- € (ermäßigt 5,- €) / Person.

Bitte anmelden per Mail an termin@marx-engels-stiftung.de oder info-ac@vvn-bda.de oder telefonisch unter 02 02 / 45 65 04.

Veranstaltungsadresse: Alte Feuerwache o Melchiorstr. 3 o 50670 Köln http://www.altefeuerwachekoeln.de

20110926_1_flyer_opitz_tagung.pdf (824 KB)

„Leben im Widerstand“

24. September 2011

Einladung zu einem Symposium der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein und der LAG Buchenwald-Dora e.V. anlässlich des 70. Jahrestages der Ermordung des Siegener Kommunisten Walter Krämer im KZ Buchenwald durch Angehörige der SS.

am 22.10.2011 ab 9.30 Uhr im KrönchenCenter der Stadt Siegen, Markt 25, 57072 Siegen

Referenten sind Prof. Dr. Kurt Pätzold, „Die Massengefolgschaft und die Einsamkeit der Widerstandskämpfer“, und Dr. Ulrich Peters, „Wer die Hoffnung verliert, hat alles verloren“ – Kommunistischer Widerstand in Buchenwald“.

Günter Pappenheim, Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos und Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora wird die Veranstaltung eröffnen.

Die Moderation der Veranstaltung übernimmt der Siegener Historiker Dr. Ulrich Opfermann.

Anmeldung bitte bis zum 12.10.2011 per Mail an vvn-bda@gh-siegen.de. Die Tagungsgebühr beträgt 15€ / 10€ ermäßigt (inkl. Catering und Tagungsdokumentation).

Weitere Informationen zum Symposium und zur langjährigen Auseinandersetzung um Walter Krämer in seiner Heimatstadt Siegen gibt es auf der Website der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein unter http://www.vvn-bda-siegen.de

20110925_1_leben im widerstand_22-10-11.pdf (540 KB)

„Jetzt geht’s los…!“

7. September 2011

Inhalt Ziel der Veranstaltung ist es, den Teilnehmenden Grundzüge der Politik der VVN-BdA zu vermitteln,insbesondere unsere historischen Wurzeln.

Wie es anfing: Planungen für ein demokratisches Deutschland nach 1945, der Schwur von Buchenwald, die Geschichte der VVN-BdA, wichtige Daten für die VVN-BdA, Aktionsvorschläge und Projektideen. Ziel ist es zudem, mit den Neumitgliedern in die Diskussion über ihr Engagement in der VVN-BdA zu kommen und einen Grundstein für die zukünftige Zusammenarbeit zu legen. Das gegenseitige Kennenlernen wird sich durch das Seminar ziehen.

Methoden: Kurzvortrag, Rundgespräche, Visualisierungen, Arbeitsgruppen, Filme Erforderliche Vorkenntnisse: keine

Zielgruppe: Neue Mitglieder, die daran denken aktiv in der VVN-BdA zu werden; auch Interessenten oder Mitglieder, die bereits in der VVN-BdA sind, aber erst jetzt aktiv werden wollen.

Zeit und Ort: Seminar vom 7.-9. Oktober 2011 in Buchholz/Nordheide, Ferienheim Heideruh. Seminar vom 2.-4. Dezember 2011 in Burg Schney/Oberfranken, Burg Schney. Die Seminare beginnen jeweils am Freitag um 18 Uhr und enden am Sonntag um 13 Uhr.

Kosten: Der Beitrag für Teilnehmende beträgt je 50,- Euro (auf Anfrage ermäßigt auf 35,- Euro). Er beinhaltet Vollverpflegung (Gute Küche!), Unterkunft und Materialien.

Anmeldungen bitte an: VVN-BdA Bundesvereinigung Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin Telefon 030 29784174 E-Mail bundesbuero@vvn-bda.de

Die Ansprechpartner sind Jürgen Gechter und Thomas Willms.

Allianz gegen Rechtsextreme muss fortgeführt werden

geschrieben von Max Ragwitz (VVN-BdA Mecklenburg-Vorpommern)

4. September 2011

Die gute Nachricht zuerst: Fünf Parteien dürfen sich über den Einzug in den Schweriner Landtag freuen.

Die schlechte Nachricht gleich hinterher: Auch die rechtsextreme NPD hat nach 2006 den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde wieder geschafft. Ich habe zu denen gehört, die diesmal nicht an diese Ohrfeige für die Demokratie geglaubt haben. Entsetzt musste ich feststellen, dass diese Hoffnung bereits nach den ersten Hochrechnungen wie eine Seifenblase platzte.

Dieser mehr als makabre Erfolg ist wohl das Ergebnis der Unentschlossenheit der Wähler im Land. Wochen- und monatelang haben die demokratischen Kräfte im Land gebetsmühlenartig an die Bürger appelliert, an die Wahlurne zu treten und ihr Wahlrecht wahrzunehmen. Wenn das gerade einmal knapp mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger getan haben, dann haben eben vor allem die Nichtwähler der NPD den Boden geebnet, jetzt frohlocken und ihre dumpfen Parolen im Landtag fortsetzen zu können. Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite aber haben immerhin auch rund 40.000 Wahlberechtigte der NPD ihre Stimme gegeben.

Es ist zu bezweifeln, dass das alle potenzielle Neonazis sind. Vielmehr dürfte es sich dabei zu einem großen Teil um Protestwähler handeln, die den etablierten Volksparteien, was immer man darunter auch verstehen mag, keine tragfähige Politik mehr zutrauen, um die Probleme des Landes zu lösen. Da hilft auch kein Jammern, des FDP-Generalsekretärs Christian Lindner, dass es nun keine Stimme seiner Partei mehr im Schweriner Landtag gibt, dafür aber „mit der NPD die der Feinde der Demokratie“. Und der alte und wohl auch neue Ministerpräsident des Landes, Erwin Sellering, denkt offensichtlich zu kurz, wenn er das Flächenland M-V als von außen aufgedrücktes „Aufmarschgebiet der NPD“ bezeichnet. Denn die brennenden gesellschaftlichen Probleme im Land wie Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg und Armut sind es, die die Bürgerinnen und Bürger in die Fänge politischer Scharlatane treiben.

Da trifft es der unterlegene Spitzenkandidat der CDU, Innenminister Lorenz Caffier, schon eher auf den Punkt, wenn er sagt: „Die NPD und die Auseinandersetzung mit ihr wird immer eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein.“ Die Schlussfolgerung aus der Wahlnacht von Schwerin kann also nur bedeuten, dass die demokratischen Parteien eine Politik umsetzen, die sich um die Menschen und ihre Probleme kümmert. Parteiübergreifende Scharmützel nach dem Motto „Der eine schilt den anderen dumm“ haben in einer solchen Politik nichts zu suchen. So abgedroschen es klingt: Im Mittelpunkt allen Bemühens muss der Mensch und nicht irgendein Parteien-Klientel stehen. Sellering hat allerdings recht, wenn er meint, die aktuellen Verluste der NPD sind auch ein Erfolg der Demokratie. Denn im bundesdeutschen Nordosten hat es eine breite demokratische Allianz gegen den Einzug der NPD ins Schweriner Schloss gegeben. Darin sehe ich trotz aller Enttäuschung über den Wahlausgang den positiven Aspekt.

Auf dieser Linie muss man weiter machen, die Menschen aufrütteln und aufklären und ihnen Perspektiven vermitteln. Kein noch so vermeintlich schwaches Feld darf der NPD überlassen werden, und das nicht erst im Wahljahr, sondern täglich. Vor allem muss aber mit wahrer Engelsgeduld über das fragwürdige Tun beziehungsweise Nichtstun dieser Partei aufgeklärt werden, wie mir ein Freund aus Hessen noch am Wahlabend schrieb. Ob in diesem Zusammenhang das ZDF und der NDR gut beraten waren, dem NPD-Spitzenkandidaten in ihren sogenannten „Elefantenrunden“ ein Podium für seine Platitüden gegeben haben, erscheint mir allerdings fraglich. Der hat erwartungsgemäß viel erzählt, aber eigentlich außer Parolen nichts gesagt. Wer, bitte, hätte den Sendern vorschreiben können, wen sie zu ihren Gesprächsrunden einladen?

Und noch eins geht mir angesichts des Wahlausgangs durch den Kopf: Was macht die NPD für den Wähler eigentlich attraktiv? Sie bietet vermeintlich einfache Lösungen an, macht klare Stammtisch-Ansagen und spricht eine Sprache, die den Nerv des „kleinen Manns“ trifft. Nazis will keiner, den ich kenne, aber: so einen kleinen Adolf Schatzi, der könnte diesem Staat schon mal gut tun. Eben das ist die Gefahr, die in Gestalt der NPD lauert. Es dürfte also auch nichts schaden, wenn die demokratischen Parteien Politik verständlicher rüberbringen. Dann überwinden sicher noch mehr Wähler ihre Wahlmüdigkeit und treten an die Wahlurnen.

Schluss mit der Diffamierung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

geschrieben von Erklärung des Bundesausschusses der VVN-BdA

3. September 2011

Bayern ist neben Baden Württemberg das einzige Bundesland, in dem das Landesamt für Verfassungsschutz die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN – BdA) beobachtet, im jährlichen Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch beeinflusst“ diffamiert und als verfassungsfeindlich stigmatisiert.

Unlängst hat das zuständige Finanzamt der VVN – BdA in Bayern die Gemeinnützigkeit aberkannt, mit der Begründung, sie werde im Verfassungsschutzbericht erwähnt.

Die VVN wurde 1947 von Überlebenden der Konzentrationslager und des Antifaschistischen Widerstand gegründet, um im Sinne des Schwurs der Häftlinge von Buchenwald („Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“) zu wirken. Eine Lehre aus der Geschichte war für unsere Organisation, überparteilich und konfessionell ungebunden einen antifaschistischen Grundkonsens zu verteidigen, der damals im Grundgesetz verankert wurde. Dieses Grundgesetz entstand unter dem Eindruck des unter großen Opfern beendeten 2. Weltkriegs und als Gegenentwurf zum soeben überwundenen faschistischen Terrorregime.

Deshalb enthält das Grundgesetz klare antifaschistische Grundpositionen:

Im Vordergrund stehen Demokratie, Menschenrechte, Meinungs- Versammlungs- und Koalitionsfreiheit. Das Verbot jeder Diskriminierung aus rassischen, religiösen, weltanschaulichen oder andern Gründen ist im Grundgesetz ebenso festgeschrieben wie das Verbot von Angriff-kriegen. In Artikel 139 sind die alliierten Bestimmungen zum Verbot der NSDAP und möglicher Nachfolgeorganisationen und -parteien eindeutig bestätigt.

In diesem Sinne tritt die VVN-BdA entschieden ein für das Verbot der NPD und der in ihrem Sog sich bewegender Gruppen, Organisationen und Kameradschaften, die immer offener und gewalttätiger auftreten.

Für dieses und die anderen Ziele des Grundgesetzes setzt sich die VVN – BdA seit ihrer Gründung unermüdlich ein; sie verteidigte diese Verfassung immer wieder gegen Einschränkungen der Grundrechte.

Der Verfassungsschutzbericht 2010 des Bayrischen Landesamtes für Verfassungsschutz diffamiert dieses Engagement als „linksextremistisch beeinflusst“ und bedient sich dabei in der Sache haltloser Unterstellungen. Substantielle Hinweise auf „verfassungsfeindliche“ oder gar strafrechtlich relevante Handlungen oder Haltungen der VVN – BdA enthält der Bericht nicht, dafür aber personenbezogene Angriffe. So werden ein Bundesvorsitzender, ein Bundessprecher des Verbandes und ein Landesvorsitzender der VVN – BdA in Bayern in dem Bericht namentlich genannt.

Wir fordern: – Die Einstellung der Beobachtung der VVN – Bund der Antifaschisten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter in Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig Holstein – die unverzügliche Streichung der VVN/BdA aus dem Verfassungsschutzbericht 2010 des Bundeslandes Bayern – Die Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA Bayern – Eine Entschuldigung der Landesregierung Bayern bei den im Bericht namentlich genannten Personen

Nach den Morden von Oslo und Utöya

geschrieben von Heinrich Fink und Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)

27. Juli 2011

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht nach dem Massenmord an Demokraten, an Linken und Sozialisten in Oslo und Utöya/Norwegen „keine direkte Gefahr durch Terroranschläge von rechts“ in Deutschland.

Nach rund 150 Mordanschlägen von rechts gegen andersdenkende, andersaussehende und anderslebende Menschen, nach täglichen Morddrohungen der Nazis hierzulande ist eine solche Äußerung des zuständigen Ministers unfassbar. Und sie wurde veröffentlicht am selben Tag, da in Leverkusen neun Menschen, darunter eine Sinti-Familie, beinahe bei einem faschistischen Brandanschlag ums Leben gekommen wären.

Erinnern wir uns: Es war die bei den Nazis noch heute gültige Schwarze Liste der Anti-Antifa „Einblick“, die schon 1992 zur allgemeinen Lynchjustiz, zur “endgültigen Ausschaltung der politischen Gegner” aufgerufen hat: “Jeder von uns muß selbst wissen, wie er mit den ihm hier zugänglich gemachten Daten umgeht. Wir hoffen nur, ihr geht damit um!” Seit jener Zeit verfolgen die Nazis in Deutschland das Ziel, mit Terror das Land zu destabilisieren und zur Erhebung für die “deutsche nationale Identität” zu führen, um es “national zu befreien”. Ausländer und „Ausländerfreunde” sollen aus dem Land getrieben oder „ausgeschaltet” werden: „Der eigentliche Gegner ist nicht der Asylant, der Zigeuner, der Wirtschafts- oder Kriegsflüchtling. Wir müssen uns an die halten, die uns die Suppe eingebrockt haben.“ (aus Einblick, Drohliste der Anti-Antifa, 1992) So hieß es lange vor dem „Manifest“ des Anders Behring Breivik.

Erinnern wir uns: Es gab die hetzerischen Mahnung „Deutschland schafft sich ab“ (Buchtitel) und die rassistische hunderttausendfach verbreitete rassistische Meinungsmache Thilo Sarrazins gegen Muslime. Es gab die Distanzierung von Sarrazin, der dann die allgemeine Umarmung folgte.

Jetzt hat in Norwegen ein Rechtsextremist und früherer Aktivist aus der antimuslimischen „Fortschrittspartei“ (23 Prozent der Wählerstimmen) nicht nur gehetzt, sondern auch gemordet. Aber die etablierte Politik hierzulande will noch immer nichts gegen die antimuslimische Hetze unternehmen und pflegt in starkem Maße auch die antikommunistische und antiziganistische Propaganda. Die NPD soll nicht verboten werden. Faschistische Hasstiraden werden als „Meinungsfreiheit“ ausgegeben.

Er wolle „Europa vor Marxismus und Islamismus retten“ erklärte der Massenmörder Breivik in seinem „Manifest“, dessen Inhalt auf rechten Blogseiten Deutschlands lebhaft begrüßt wird, wenn auch noch mit Distanzierung zu den Taten des selbsternannten Kreuzritters. Gegen Linke und Muslime vorzugehen, ist auch der Konsens von der rechten Mitte bis zum rechten Rand.

Die VVN-BdA grüßt die Antifaschisten in Norwegen und ist mit ihnen solidarisch. Sie fordert die konsequente Aufklärung über die Vernetzung der Terrorszene vom Norden bis in unser Land. Sie weist auf die Drohungen („Kommis töten“ und „Kommt Zeit kommt Rat kommt Attentat“) hin, die gegenwärtig bei Antifaschisten eingehen, und sie verlangt, dass Polizei und Justiz diese ernst nehmen. Den Bundesinnenminister und die Länderinnenminister fordern wir auf, die rechte Gewalt nicht weiter zu verharmlosen, sondern ihr entgegenzutreten. Naziorganisationen gehören verboten, Nazipropaganda und Nazi-Aufmärsche ebenso! Und schließlich ist – auch angesichts der Biographie des norwegischen Massenmörders – zu fragen: Wann werden die Sportschützenbünde und -vereine endlich unter Kontrolle genommen, die immer wieder Waffen und Ausbildung für Amokläufer und rechte Schützen bereithalten?

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