100 Jahre Alfred Hausser

geschrieben von Cornelia Kerth

12. August 2012

Am 27.08.1912 wurde Alfred Hausser geboren, er würde also in diesem Jahr 100 Jahre alt: Kommunist, Gewerkschafter und Antifaschist.

Von Jugend auf gehörte Alfred zu jenen, die schon vor 1933 die Gefahr erkannten, die von den Faschisten ausging und sich ihnen frühzeitig entgegenstellten.

Von seiner Verhaftung im Dezember 1934 bis zur Befreiung war er – meist in strenger Einzelhaft – eingekerkert, musste – bis 1943 in seiner Zelle – Zwangsarbeit für die Firma Bosch leisten.

Alfred gehörte zu den Gründern der VVN, widmete ihr zunächst als Hauptamtlicher, danach im Ehrenamt sein Leben. In Baden-Württemberg, in der Bundesrepublik Deutschland und im Rahmen der FIR wirkte er auf vielen politischen Feldern, besonders im Bereich der Sozialkommission. Unvergleichlich ist sein Engagement für die Entschädigung für die letzten Überlebenen der Zwangsarbeit.

Alfred übernahm im Januar 1990 die Verantwortung für die Erneuerung der VVN-BdA und stand zugleich für die Bewahrung unserer Tradition. Bis zum „Vereinigungskongress“ 2002 blieb er als Bundessprecher in der Verantwortung, dort wurde er zusammen mit Kurt Julius Goldstein zum Ehrenpräsidenten gewählt. Wir verdanken ihm unendlich viel.

Wir wollen an Alfred und sein Wirken erinnern und laden Euch ein, am 2. September in Stuttgart dabei zu sein.

Den Namenlosen eine Stimme geben

10. Juli 2012

Mit dem Verlesen der Namen von Opfern der „Deutschen Operation“ am 25. Juli 2012, 11 Uhr, auf dem Rosa-Luxemburg-Platz erinnern die Mitglieder des „Arbeitskreises zum Gedenken an die in der Sowjetunion verfolgten deutschen Antifaschisten“ an die bisher Namenlosen und geben ihnen eine Stimme.

75 Jahre ist es her, dass der sowjetische Geheimdienst (NKWD) auf Anordnung Stalins die sogenannte „Deutsche Operation“ einleitete. Damit begann zugleich der „Große Terror“, die Welle der Massenverhaftungen, Deportationen und Exekutionen von Juli 1937 bis November 1938. Die Opfer waren überwiegend einfache Bürger.

Von den 350.000 Menschen unterschiedlicher Nationalität, die 1937/38 während des Massenterrors erschossen wurden, sind bisher 800 Deutsche namentlich identifiziert. Weitere Hunderte kamen in Gulags oder wurden nach Nazideutschland ausgewiesen. Deutsche in der Sowjetunion als erste Zielgruppe – das waren Arbeitssuchende, angeworbene Spezialisten unterschiedlicher Berufe und Komintern-Mitarbeiter, die seit Anfang der 1930er Jahre ins Land gekommen waren. Ab 1933 kamen die vom Naziterror Verfolgten hinzu. Viele suchten mit Frauen und Kindern eine zeitweilige Heimat oder gründeten in der Sowjetunion Familien.

Nach 1989 begann die gezielte Suche nach den vergessenen Opfern, die bis heute andauert. Die biografischen Angaben zu den bisher ermittelten 8.000 Deutschen, die zwischen den 1930er und 1950er Jahren in der Sowjetunion willkürlich verfolgt, entrechtet, in Straflagern deportiert und ermordet wurden, sind noch unvollständig.

20120711_1_gedenken25juli2012web.pdf (193 KB)

Neonazis: nicht legal und nicht legitim!

geschrieben von Cornelia Kerth

3. Juni 2012

Die Mordserie der neofaschistischen Terrorgruppe, die sich “Nationalsozialistischer Untergrund“ nennt, belegt auf dramatische Weise: Neofaschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Trotz der ungeheuerlichen Dimension und Brutalität dieser Mordtaten sind sie kein Einzelfall. Wir erinnern an das Oktoberfest-Attentat, an die Brandanschläge, Pogrome und Mordtaten in den 90er Jahren u.a. in Solingen, Mölln, Lichtenhagen und Hoyerswerda. Eine Liste von Todesopfern rechter Gewalt in Deutschland seit 1990 nennt die erschreckende Zahl von 183 Toten, zu der jetzt noch die Opfer des Terrornetzwerks addiert werden müssen.

Nachdem der deutsche Faschismus 55 Millionen Tote und eine Welt in Flammen zu verantworten hat, ist das Grundgesetz von 1949 ist in wesentlichen Bestimmungen als Gegenentwurf zum faschistischen Staats- und Gesellschaftsmodell entstanden. Dies wird vor allem im Artikel 139 deutlich, der beinhaltet, dass faschistische Organisationen – in welchem Gewand auch immer – aufzulösen sind.

Die Praxis sieht bekanntermaßen anders aus: Auch heute dürfen Nazis mit Menschen verachtenden und Menschen drohenden Parolen durch unsere Straßen marschieren. Mit ihnen darf ein „Abschiebär“ durch die Wohngebiete der Menschen laufen, die er in einem widerlichen Video auf youtube mit Pistolen bedroht. Und mit der NPD existiert eine legale Partei, die diese Menschenverachtung in die Parlamente trägt. Wie die Spinne im Netz sitzt sie im Zentrum eines Geflechts verschiedener neofaschistischer Strukturen.

Wesentliche Äußerungen der NPD widersprechen bereits dem ersten Artikel des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Programmatische Aussagen der NPD und ihrer Funktionäre machen dies ebenso deutlich wie 16.133 neofaschistische Straftaten und 768 Gewalttaten, die allein 2010 von Mitgliedern und Sympathisanten der NPD begangen wurden.

Wir sind entschieden der Meinung, dass die NPD verboten werden muss, – weil sie in der Tradition der NSDAP steht, – weil ihr Menschen- und Gesellschaftsbild mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, – weil sie faschistische Ideologie mit Gewalt verbindet und – weil ihre Legalität ihr den Anschein von Legitimität verleiht.

Die verbrecherischen Taten der deutschen Faschisten folgten ideologischen Vorgaben: – einer umfassenden Theorie der Ungleichheit, aus der sich für sie zwingend Ungleichwertigkeit ableitet und – dem Sozialdarwinismus, der in Verbindung mit dem völkischen Nationalismus alle Menschheitsverbrechen des deutschen Faschismus als Notwendigkeiten im „Kampf ums Dasein“ legitimiert.

In einer Argumentationshilfe für Kandidaten und Funktionsträger der NPD hört sich das so an:„Völker sind nun einmal Lebens- und Naturtatsachen. … Der „Mensch“ ist genauso eine Fiktion, ein Gedankengebilde und eine Illusion wie die „Menschheit“.“ Und: „Das Grundgesetz … ist ein Diktat der Westalliierten …, die Grundrechtsbestimmungen triefen vor Menschenrechtstümelei … .“

Die NPD ist heute das strategische und organisatorische Zentrum sowohl der Alt- als auch der Stiefelfaschisten. Auch die bisher bekannten Beteiligten der Terrorgruppe bewegten sich offensichtlich in diesem Umfeld und dort fanden Helferinnen und Helfer.

Die NPD schafft es, in einem „Kampf um die Straße“ nicht nur regelmäßig hunderte und bis 2011 alljährlich im Februar in Dresden tausende Anhänger für ihre Aufmärsche zu mobilisieren, sie schafft es auch, dass diese Aufmärsche gegen tausende empörte Antifaschistinnen und Antifaschisten staatlich geschützt werden – solange sie nicht verboten ist.

Wir haben es allerdings gemeinsam geschafft, dass sie in diesem Jahr nicht mehr nach Dresden gekommen sind! Gegen massive staatliche Repression haben Tausende Antifaschisten in den letzten Jahren verhindert, dass Nazi-Banden durch die Stadt marschieren konnten. Nun blieben sie weg. So soll es überall sein, auch in Hamburg müssen wir diesen und alle künftigen Aufmärsche stoppen – solange sie nicht verboten sind!

Die NPD schafft es, ihre menschen- und demokratiefeindliche Propaganda in einem „Kampf um die Köpfe“ massenhaft zu verbreiten, finanziert z. B. durch Wahlkampfkostenerstattung – solange sie nicht verboten ist.

Sie schafft es, Parlamente für ihre Hasstiraden zu nutzen und über parlamentarische Aufwandsentschädigungen und Kostenpauschalen für die Abschaffung des parlamentarischen Systems zu wirken – solange sie nicht verboten ist.

Und: solange sie nicht verboten ist, genügt allein schon diese Legalität, um ihr einen Anschein von Legitimität zu verleihen.

Wir wissen, dass nur eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Inhalten faschistischer Ideologie die erschreckend hohe Rate von Zustimmung zu faschistischen oder „rechtsextremistischen“ Positionen in der „Mitte der Gesellschaft“ reduzieren kann. Wir sind dabei.

Wir meinen aber auch, dass ein Damm gegen die organisierende Kraft gebaut werden muss, die diese Ideologie in praktische Politik im Parlament und Gewalt auf der Straße umsetzt und vielfältige braune Netzwerke ermöglicht und fördert, damit sie nicht weiter um sich greift.

Nach dem nun öffentlich gewordenen skandalösen – bis zur Strafvereitelung reichenden – Umgang des „Verfassungsschutzes“ mit der Nazi-Szene, nachdem mittlerweile jeder Journalist, der nur ein wenig recherchiert, darauf gestoßen ist, dass das „V-Leute“-System Geld, Informationen und offensichtlich auch logistische Unterstützung für die Nazi-Strukturen bereitstellt und ebenso offensichtlich keinerlei relevante Erkenntnisgewinne über diese Strukturen liefert, ist es höchste Zeit es zu beenden und den Weg für ein erfolgreiches Verbotsverfahren frei zu machen.

Solange aber Behörden und Gerichte Neofaschisten erlauben, ihren Hass und ihre Hasspropaganda dorthin zu tragen, wo Menschen leben, die von ihnen ausgegrenzt, angegriffen und – wie in annähernd 200 Fällen in den letzten 25 Jahren – ermordet werden, müssen wir es in unsere Hände nehmen, diese Aufmärsche zu stoppen. Solange sind Blockaden unser Recht. Denn: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Antifaschistische Demonstration durch Rostock-Lichtenhagen

24. Mai 2012

Antifaschistische Demonstration durch Rostock-LichtenhagenSamstag, 25.August 2012 14.00 S-Bahn Lütten KleinGrenzenlose Solidarität!

Vor 20 Jahren flackerten Bilder aus Deutschland um die Welt, die man für Vergangenheit hielt: Brennende Häuser, fliehende Menschen, ein gewalttätiger Mob, angeleitet von neofaschistischen Strippenziehern, Beifall klatschendes Publikum, verantwortungslose Verantwortliche. Eine Allianz aus staatlicher Ausländerfeindlichkeit, Medienhetze und Alltagsrassismus ließ zu, dass vietnamesische Vertragsarbeiter und Flüchtlinge, unter ihnen viele Roma, um ihr Leben fürchten mussten. Das brennende Sonnenblumenhaus wurde zu einem erschreckenden Symbol des wiedervereinigten Deutschland.

Nur Wochen nach dem Pogrom wurde in einem breiten Konsens im Bundestag das Grundrecht auf Asyl abgeschafft. Weder die NPD noch ihr Ableger „Hamburger Liste Ausländerstop“ wurden verboten, obwohl sie unmittelbar vor Beginn der Pogrome ihre Hetze nach Rostock getragen hatten. Neofaschistische Organisationen und Gruppen werden bis heute nicht entschieden bekämpft. Gleichzeitig werden antifaschistische Initiativen behindert und als „extremistisch“ diffamiert.

Heute hat das auf Menschen angewendete Nützlichkeitsdenken den politischen Diskurs weiter vergiftet. Ausgrenzung und Stigmatisierung von Migranten und Flüchtlingen sind weiterhin tief in der Mitte der Gesellschaft verankert. Die „Festung Europa“ und das Abschiebelagerlager Horst in Mecklenburg-Vorpommern stehen dafür.

Dagegen setzen wir damals wie heute Solidarität mit den Opfern institutionellen und alltäglichen Rassismus. Wir demonstrieren für das Menschenrecht auf Asyl, für Teilhabe aller Menschen am Wohlstand, für die sozialen und demokratischen Rechte Aller hier und überall.

Wir fordern: • Schluss mit Abschiebungen, Residenzpflicht und Arbeitsverbot! • Stoppt die Verfolgung von Roma in Osteuropa und überall! • Keine Toleranz für faschistische Ideologie und Gewalt! • Dresden, Rostock, Dortmund, alle Städte nazifrei! • Schluss mit der Kriminalisierung von Antifaschist_innen und Antirassist_innen!

Gegen Rassismus -für grenzenlose Solidarität!

www.lichtenhagen.blogsport.de

Eindrucksvolles Jugendtreffen in der Gedenkstätte Auschwitz

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider

14. Mai 2012

Der Beweis der Lebendigkeit der antifaschistischen Idee und die Gemeinsamkeit der Generationen im historischen Erinnern und Handeln gegen Rassismus, Intoleranz und extreme Rechte heute waren die wichtigsten Botschaften des Internationalen Jugendtreffens von der vergangenen Woche in der Gedenkstätte Auschwitz.

Anlässlich des Tages der Befreiung vom Faschismus und Krieg waren gut 1000 europäische Jugendliche und Veteranen des antifaschistischen Kampfes in Polen zusammengekommen, um sich der Geschichte und der Verantwortung für heute zu stellen. Getragen von einer gemeinsamen Initiative des belgischen „Institute des Vétérans“, der Auschwitz-Stiftung und der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten kamen Teilnehmende aus Belgien und Russland, aus Portugal und den Niederlanden, aus Deutschland und Ungarn sowie verschiedenen anderen europäischen Staaten zusammen.

Den Kern bildete ein gemeinsamer „Zug der Erinnerung“ von Brüssel nach Krakow, der hervorragend vom „Institute des Vétérans“ organisiert worden war. Schon während dieser Fahrt kam es zu zahlreichen Begegnungen und Gesprächen, die sich bei dem Besuch der Gedenkstätte Auschwitz und der Besichtigung Krakows fortsetzten.

In einer gemeinsamen eindrucksvollen Zeremonie legten die Teilnehmenden aus den verschiedenen Ländern am 8. Mai 2012 an dem internationalen Gedenkstein in Auschwitz – Birkenau Blumen nieder. Zuvor hatten der belgische Premierminister Elio di Rupo, der ungarische Präsident der FIR Vilmos Hanti und der Vorsitzende der Auschwitz-Stiftung Baron Paul Halter in kurzen Ansprachen die historische und politische Bedeutung dieses Treffens unterstrichen.

Vilmos Hanti erinnerte an die Befreiung des Lagers durch die sowjetische Armee und mahnte: „Es ist notwendig, wahrheitsgemäß diejenigen Kräfte zu benennen, die den Faschismus an die Macht gebracht haben. Außerdem sollten wir, neben denjenigen, die das Leben von vielen Menschen retteten, auch an den Heldenmut jenen erinnern, die der faschistischen Barbarei widerstanden. Und vergesst nicht, dass der Kampf gegen Faschismus siegreich war, weil Menschen ganz unterschiedlicher Überzeugung gemeinsam handelten.“

Elio di Rupo überbrachte die Grüße des belgischen Königs, der die Schirmherrschaft über dieses Treffen übernommen hatte. Nachdem di Rupo zuvor gemeinsam mit dem Auschwitz-Überlebenden Paul Halter und einigen Teilnehmenden des Jugendtreffens die Gedenkstätte besucht hatte, wiederholte er in seiner Ansprache das berühmte Zitat von Martin Niemöller „Zuerst holten die Nazis die Kommunisten, ich schwieg, weil ich kein Kommunist war …“, und forderte die Jugendlichen auf, sich jederzeit und überall gegen Fanatismus und Unrecht einzusetzen. Es sei unannehmbar, dass Menschen in Angst leben müssten wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Glaubenszugehörigkeit oder ihres Andersseins.

Dieses Treffen hinterließ bei allen Teilnehmenden, den Jugendlichen und ihren Betreuern, die oftmals zum ersten Mal in Auschwitz waren, sowie den Veteranen, einen sehr starken Eindruck. Und man versicherte sich gegenseitig, dieser Verpflichtung auch im Alltag nachzukommen.

Internationales Jugendtreffen in der Gedenkstätte Auschwitz

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider

3. Mai 2012

An diesem Wochenende starten 1000 europäische Jugendliche aus allen Teilen Europas zu einem Internationalen Jugendtreffen in der Gedenkstätte Auschwitz.

Sie kommen von Portugal und Russland, aus den Niederlanden und Ungarn, aus Italien und Deutschland. Den Kern bildet aber eine Gruppe von gut 700 jungen Menschen, die von Brüssel aus mit einem „Zug der Erinnerung“ nach Polen fahren.

Mit ihnen reisen Überlebende des Lagers und anderer faschistischer Haftstätten, sowie Veteranen des antifaschistischen Kampfes, die als Zeitzeugen die Jugendlichen begleiten. Damit bekommen die Jugendlichen die Möglichkeit, diesen Ort der faschistischen Verbrechen zusammen mit Überlebenden und Augenzeugen zu besuchen und etwas über den Völkermord der Nazis zu erfahren. Gleichzeitig soll diese Aktion von Jugendlichen aus vielen Teilen Europas den friedlichen Austausch und die Begegnung mit Gleichaltrigen im Sinne des Gedenkens ermöglichen.

Organisiert wird diese bedeutende Gedenkaktion von der Auschwitz Stiftung, dem „Institut des Veteranen“ und der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten. Das Treffen selber steht unter der Schirmherrschaft des belgischen Königs.

Ein emotionaler Höhepunkt des Jugendtreffens wird sicherlich die gemeinsame Gedenkveranstaltung am 8. Mai 2012, um – in der Gesellschaft der letzten Überlebenden der Lager – der Befreiung vom deutschen Faschismus und des Siegs der Demokratie zu gedenken. Am Internationalen Mahnmal in Auschwitz Birkenau werden der belgische Premierminister Elio Di Rupo und der Präsident der FIR Vilmos Hanti sprechen. Ein Versprechen der heutigen Generationen an die Zeitzeugengeneration wird diese Veranstaltung abschließen.

Bildungsprogramm der VVN-BdA

geschrieben von Thomas Willms

4. April 2012

Die Bundesvereinigung plant für 2012 6 Bildungsveranstaltungen für Mitglieder und Freunde der VVN-BdA. Bereits im April und Mai stehen Seminare für „Einsteigerinnen und Einsteiger“ an. Ziel der Veranstaltungen ist es, den Teilnehmenden Grundzüge der Politik der VVN-BdA zu vermitteln, insbesondere unsere historischen Wurzeln.

Kurze Übersicht über das Gesamtprogramm:

20.-22. April: Einstiegsseminar in Roes (bei Trais-Karden)

18.-20. Mai: Einstiegsseminar in Heilbronn

8.-10. Juni: Seminar „Neofaschismus in Deutschland“ in Buchholz/Nordheide

8.-14. Juli: Gedenkstättenfahrt nach Lublin/Majdanek/Belzec

3.-5. August: Geschichtsseminar „Antifaschistischer Widerstand in Europa“ in Buchholz/Nordheide

7.-9. Dezember: Einstiegsseminar in Buchholz/Nordheide

Weitere Informationen und Anmeldebogen auf anhängendem Flyer.

20120405_1_w_flyer_bildungsprogramm_2012.pdf (1701 KB)

Was wollte und was tat die Gründungsgeneration der VVN?

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider

19. März 2012

Mir ist die Aufgabe zuteil geworden, darüber zu berichten, was die Gründungsgeneration der VVN wollte und tat. Ich könnte es mir einfach machen und die Einladung hochhalten und auf das Plakat verweisen, denn dort ist die Kernaussage verzeichnet, die seit der Rückkehr der Antifaschisten aus den Haftstätten und Konzentrationslagern, aus dem Exil, der Illegalität oder der inneren Emigration ihre gemeinsame Losung, ihre gemeinsame Richtschnur gewesen ist: „Kampf gegen Krieg und Faschismus“.

Aber ich möchte meinen Beitrag mit einem Dank der Nachgeborenen an die Frauen und Männer der Gründungsgeneration beginnen, für das, was diese damals und für uns heute geleistet haben.

So warteten die heimgekehrten Antifaschisten nicht ab, sondern übernahmen unmittelbar Verantwortung für den Wiederaufbau und einen antifaschistisch – demokratischen Neubeginn. Sie reorganisierten im Auftrag der alliierten Besatzungsoffiziere das politische und gesellschaftliche Leben. Sie wurden Bürgermeister, Polizeichefs, Schul- und Sozialdezernenten oder – wie der ehemalige Dachau-Häftling Oskar Müller – Arbeitsminister in der ersten hessischen Landesregierung.

Sie schufen in allen vier Besatzungszonen überparteiliche antifaschistische Komitees, teilweise antifaschistisch-demokratische Allparteien – Koalitionen. Doch selbst solche Organisationen durften nur auf lokaler oder regionaler Ebene entstehen und mussten durch die Alliierten lizenziert werden. Als erste Organisation wurde am 26. Juni 1945 in Stuttgart die „Vereinigung der politischen Gefangenen und Verfolgten des Nazi-Systems“ zugelassen, im September folgte in Hamburg das „Komitee ehemaliger politischer Gefangener“ und in Kassel der „Bund ehemaliger politischer Gefangener“.

Parallel dazu entwickelten die Antifaschisten – trotz aller Schwierigkeiten der Reisemöglichkeiten und der eingeschränkten Kontaktaufnahme – ein (wie man es heute nennt) Netzwerk, das besonders über die „Betreuungsstellen für politisch, rassisch und religiös Verfolgte“ oder die OdF – Ausschüsse verbunden war. An der Spitze dieser Betreuungsstellen standen in der Regel vertrauenswürdige Kameradinnen und Kameraden – und da ich hier in Frankfurt spreche, möchte ich in diesem Rahmen unsere Kameradin Lore Wolf und den Organisator des militärischen Widerstands im KZ Buchenwald Otto Roth besonders erwähnen.

Mit ihrer Arbeit verbanden diese Antifaschisten nicht nur die Sicherung von Entschädigung und Bereitstellung einer Sozialversorgung. Sie verstanden diese Arbeit immer politisch für die Durchsetzung der antifaschistischen Perspektiven, wie sie im Schwur von Buchenwald u.a. formuliert wurden.

Die Notwendigkeit einer selbstständigen politischen Organisation der Widerstandskämpfer und Verfolgten ergab sich jedoch schon recht bald aus zwei unterschiedlichen Gründen:

Zum einen wurden die Betreuungsstellen und Ausschüsse in Behörden umgewandelt, sie hatten damit zwar eine staatliche Funktion, jedoch keine politische Selbstständigkeit mehr. Zweitens veränderte sich das gesamte politische Klima, die Ost-West-Konfrontation wurde immer sichtbarer und das politische Gewicht der Stimme der Antifaschisten schien abzunehmen. So verstärkte man die Bemühungen, eine überregionale Organisation der Antifaschisten zu entwickeln.

Im März 1946 traf sich die erste Landeskonferenz der politisch Verfolgten Württemberg-Badens. Im August 1946 trafen sich in Hanau Vertreter aus Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Stuttgart und Frankfurt. Dort formulierte man als programmatische Grundsätze: „Über alle Schichten, Konfessionen und Rassen und Parteien hinweg schließen sich die Kämpfer gegen den Nazismus und die vom Nazi-Regime Verfolgten zu einer überparteilichen Organisation zur Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) zusammen“. Dieser Name wurde – wie Emil Carlebach vor einigen Jahren in einem Interview berichtet – mit Rücksicht auf die Westalliierten gewählt.

Am 26.10.1946 konstituierte sich die VVN Nordrhein-Westfalen, im Februar 1947 folgten die VVN Pfalz, die VVN Hamburg, die VVN Hessen und am 22./23.02.1947 die Gründungsversammlung der VVN für die gesamte sowjetische Zone.

Wichtig ist für uns heute, dass damals Leitungsgremien gewählt wurden, die die gesamte Bandbreite des politischen Spektrums der antifaschistisch-demokratischen Organisationen und alle relevanten Opfergruppen faschistischer Verfolgung umfasste. In Nordrhein-Westfalen setzte sich beispielsweise der erste gewählte „kleine“ Vorstand im Oktober 1946 aus zwei Vertretern der KPD, zwei Vertretern der SPD und je einem Vertreter für die CDU, das Zentrum, die FDP und die jüdische Gemeinde zusammen. Eine Sozialdemokratin als „Vertreterin der Frauen“ komplettierte das Gremium. Im „erweiterten Vorstand“ waren auch die evangelische und katholische Kirche sowie die Bibelforscher vertreten. Im Zentralvorstand für die SBZ arbeiteten neben dem Vorsitzenden Ottomar Geschke der evangelische Probst Heinrich Grüber und der ehemalige Pfarrer der Haftanstalt Tegel Harald Poelchau. Stellvertretender Vorsitzender der Berliner VVN wurde Heinz Galinski, der spätere Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Hiermit zeigten die Frauen und Männer der Gründungsgeneration, welche politische und gesellschaftliche Breite der Antifaschismus haben sollte. Diese Erfahrung gilt es auch heute zu bewahren.

Das gesellschaftliche Wirken der VVN war stark durch die Haltung der jeweiligen Besatzungsmächte beeinflusst. Während in der SBZ die Besatzungsoffiziere prinzipiell das Anliegen der Nazigegner und ehemaligen Verfolgten unterstützte, entwickelten sich in den Westzonen verschiedene Konflikte. Ich nenne dazu nur drei Bereiche:

• Die Auseinandersetzung um Entnazifizierung, um „Persilscheine“ und die Renazifizierung durch Wiedereingliederung belasteter „Spezialisten“ • Der Kampf um eine angemessene Entschädigung bzw. Wiedergutmachung gegen die Verschleppung der Ansprüche und – schlimmer noch – der Diffamierung als „Privilegien der KZler“ • Und auch die ersten Auseinandersetzungen um das politisches Gedenken, was mit dem 2. Sonntag im September symbolisiert wurde, im Gegensatz zu einer abstrakten Trauer um die Kriegsopfer allgemein, worunter auch die Wehrmacht verstanden werden konnte.

Solche Auseinandersetzungen führten dazu, dass die VVN mehrfach in sehr deutlichen Worten und mit massiven Aktionen die Interessen der Verfolgten und Antifaschisten zu Gehör bringen musste. Und dies führte dazu, dass die VVN in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen des Kalten Krieges einbezogen wurde.

Im Westen erlebte die VVN die Folgen des Unvereinbarkeitsbeschlusses der SPD, wie auch die Trennung von eher CDU orientierten Kräften. Diese gründeten mit der AVS, dem Verband für Freiheit und Menschenrecht und später einem BVN eigene Gruppierungen. Zwar erreichte diese Organisation zu keinem Zeitpunkt tatsächliche politische Bedeutung oder eine größere Mitgliederzahl, für die Politik im Westen jedoch war damit die Stigmatisierung der VVN als kommunistische Tarnorganisation gegeben.

Die Folgen waren: • Politische Ausgrenzung und polizeilich Eingriffe in die Handlungsfähigkeit der Organisation (so exekutierte Hessen alle Vorgaben der Adenauer – Administration gegen den Gesamtdeutschen Rat der VVN, der seinen Sitz hier in Frankfurt hatte). • Gegen einzelne Landesvereinigungen wurden im Jahr 1951 Verbotsanträge gestellt: Gegen die VVN Rheinland-Pfalz am 28. April, gegen die VVN Niedersachsen am 27. Juli und gegen die VVN Hamburg am 1. August. Auch Bayern versuchte die VVN zu verbieten. Das juristische Verfahren gegen die VVN Niedersachsen wurde im April 1954 eingestellt; das Verwaltungsgericht in Regensburg stellte im Mai 1955 fest, dass die VVN Bayern weder verfassungsfeindlich noch verboten sei. • Selbst öffentliches Gedenken wurde durch Staatshandeln behindert (z.B. Verbot von Gedenkkundgebungen in verschiedenen Teilen der BRD, in meinem heutigen Wohnort Kassel untersagte die Politik in den 50er Jahren sogar der VVN die ehrende Teilnahme bei der Einweihung des Mahnmals für die Opfer des Faschismus, was später durch Gerichtsentscheid als rechtswidrig erklärt wurde.

Als Nachgeborene möchte ich auch an dieser Stelle der Gründungsgeneration danken, dass sie sich durch diese politische Verfolgung nicht hat abbringen lassen in der Arbeit für ihre politischen Ziele: – gegen Remilitarisierung und für den Stockholmer Appell – für eine gesamtdeutsche Friedensregelung und „Gegen den Atomtod“ – gegen Renazifizierung und Rehabilitierung von Nazi – Verbrechern und die Verjährung ihrer Verbrechen – für die Schaffung eines Bundesentschädigungsgesetzes, selbst wenn dieses dann mit dem berüchtigten Artikel 6 zu einer juristischen Keule gegen Kommunisten und andere Antifaschisten wurde.

Und die VVN bemühte sich, ihre bündnispolitische Breite zu erhalten. So betonte unser langjähriger Präsident Dr. Marcel Frenkel auf dem Münchener Bundeskongress 1957: „Die VVN ist eine demokratische, überparteiliche Organisation. Sie ist und kann an keine Partei gebunden sein.“ Weiter hob er hervor: „Keinem Mitglied der Organisation kann es versagt sein, seine Meinung zu äußern. Aber ebenso deutlich sei gesagt, dass die VVN sich an eine Weltanschauung oder ein Bekenntnis nicht binden kann und wird.“

Durch diese tatsächliche Bündnisbreite und die große internationale Solidarität gelang es letztlich, auch den schärfsten Angriff auf die Organisation, den Verbotsprozess 1962, zu überstehen, nachdem Innenminister Schröder am 20. Oktober 1959 einen Antrag auf „Feststellung der Verfassungswidrigkeit“ der VVN beim Bundesverwaltungsgericht gestellt hatte. Die Entlarvung des Vorsitzenden Richters Werner als überzeugter Nazi-Jurist durch unseren Kameraden August Baumgarte war nur der äußere Anlass. Die politische Solidarität aus dem In- und Ausland war der eigentliche Grund, dass die Bundesregierung ihr Vorhaben, die Vereinigung der Widerstandskämpfer und Verfolgten zu verbieten, aufgeben musste.

Und das Ansehen unserer Organisation, gegründet von Frauen und Männern aus dem Widerstand, von Überlebenden der faschistischen Verfolgung, wuchs in den folgenden Jahren. Diese Nazigegner wurden anerkannte Gesprächspartner und „politische Lehrer“ für eine junge Generation, die Mitte der 60er Jahre kritische Fragen an die Vergangenheit zu stellen begann, die „unter den Talaren den Muff von 1000 Jahren“ entdeckte, die sich gemeinsam mit VVN – Mitgliedern gegen den Vietnamkrieg und den Vormarsch der neugegründeten NPD engagierte.

Und es waren die Gründungsmütter und -väter die verstanden, dass man in dieser Organisation einen Platz schaffen musste auch für jene, die sich als Nachgeborene aus politischer Überzeugung für die Ziele des Antifaschismus engagieren wollten. Und so entstand 1971 auf dem Oberhausener Bundeskongress aus der VVN die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten. Und in dieser Organisation konnte ich als Student 1975 Mitglied werden. Auch dafür möchte ich als Vertreter der Nachgeborenen in der Organisation den Gründern Dank sagen.

Unsere Aufgaben für die Zukunft

geschrieben von Cornelia Kerth

17. März 2012

„In unserer Organisation hat sich in den letzten Jahren ein Generationswechsel vollzogen, dem wir Rechnung tragen müssen. Mit dem Tod der Zeitzeugen, die den Faschismus noch aus eigenem Erleben kannten, verändert sich der Blick auf die Geschichte und die bestehende Gesellschaft, denn jede Generation stellt ihre eigenen Fragen an die Vergangenheit.“

Das steht in dem Leitantrag, den unser letzter Bundeskongress beschlossen hat. Und das bedeutet, dass mit den neu Hinzugekommenen und mit den – hoffentlich – noch neu Hinzukommenden auch neue Zugänge zum Antifaschismus zu uns stoßen. Neue Fragen, neue Antworten, neue Akzente.

Die VVN-BdA wird breiter werden und sie wird es aushalten und es wird ihr gut tun! Was uns von anderen unterscheidet, bleibt die direkte Erfahrung der WiderstandskämpferInnen und Verfolgten, die die Organisation trägt. Diese Erfahrung in die gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Deutung der Geschichte einzubringen, die noch lange nicht abgeschlossen ist und die inzwischen ja eine ausgesprochen dramatische europäische Dimension erhalten hat, ist eine unserer zentralen Aufgaben.

Mit unserem Kongress „Einspruch!“ haben wir Stellung bezogen zu einigen wesentlichen Tendenzen in Deutschland. Wir müssen uns mit der Geschichte und mit den gesellschaftlichen Diskursen zur Geschichtspolitik weiter und intensiver beschäftigen und wir müssen mit unseren Partnerverbänden der FIR darüber ins Gespräch kommen, wie wir in diese Auseinandersetzung eingreifen können. Ich nutze die Gelegenheit, dem Exekutivausschuss der FIR diesen Vorschlag zu unterbreiten.

In Deutschland sind wir mittlerweile in einer Phase der Musealisierung der Erinnerung an Verfolgung und Widerstand angekommen, in der eine gewisse nüchterne Wissenschaftlichkeit der Darstellung zum Leitbild geworden ist. (Ich spreche hier von öffentlichen Gedenkorten, nicht von Fernsehsendungen die wie vom Band produziert werden und über Wissenschaftlichkeit schon lang hinaus und demnächst bei Hitlers Haustieren angekommen sind.)

Unser Beitrag, unsere Forderung an dieser Stelle muss sein, die Sicht der Verfolgten einzubringen und darauf zu bestehen, dass diese in die Darstellung einfließt. Schließlich sind Gedenkstätten üblicherweise Orte ihres Leidens, ihrer Verzweiflung, allzu oft ihres Todes. Wir sind legitime Vertreterin der Interessen und des politischen Erbes der ehemaligen Häftlinge. Diesen Anspruch vertreten wir und mit diesem Anspruch wollen wir mitgestalten, wie an „unsere Leute“ und ihre Geschichte erinnert wird.

Es ist gut, dass aus NRW die Initiative „Kinder des Widerstands“ kommt. Es freut uns, dass die 2. Generation sich organisiert und an die Öffentlichkeit tritt. Viel zu wenig wurde bisher darüber gesprochen, wie es den Überlebenden und ihren Kindern nach der Befreiung, im Kalten Krieg, während des VVN-Verbots, während des KPD-Verbots ging. Viel zu wenig wurde bisher deutlich, dass unsere „Zeitzeugen“ auch Kinder und Enkel haben, die ihr Erbe weiter tragen, auch zu uns.

Für unsere eigene Gedenk- und Erinnerungskultur müssen wir die Konzepte weiter entwickeln. Noch sind unsere Veranstaltungen stark auf uns selbst gerichtet, dienen oft der Selbst-Vergewisserung. Wie können wir sie zu einem Beitrag im gesellschaftlichen Diskurs werden lassen? Welchen Beitrag können wir dazu leisten, dass der 8. Mai nicht schleichend zum „Tag der Befreiung der Lager“ wird, was – obwohl inhaltlicher Unfug – immer häufiger im öffentlichen Sprachgebrauch zu hören ist. Wie machen wir deutlich, dass die Befreiung Europas vom Faschismus – ungeachtet späterer Kräftekonstellationen – Grund für einen Feiertag ist, wie überzeugen wir, dass „Nie wieder Faschismus“ ein kategorischer Imperativ ist und bleiben muss?

Auf diese Fragen gilt es in der Zukunft eine zeitgemäße überzeugende Antwort im Generationen übergreifenden Miteinander zu finden.

Heinrich Fink hat einleitend von der Notwendigkeit gesprochen, sich alten und neuen Nazis überall in der Republik in den Weg zu stellen, ihren Opfern Solidarität zu zeigen. Das haben wir schon gemeinsam getan, bevor wir uns organisatorisch vereint haben und wir wollen auch in Zukunft einen Beitrag dazu leisten, dass Faschismus und Faschisten aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Ich war auch am 18. Februar mit vielen Kameradinnen und Kameraden aus etlichen Bundesländern in Dresden. Dabei waren Menschen unterschiedlichen Alters und mit vielen verschiedenen Zugängen zum Antifaschismus aus der ganzen Republik. Allerdings bestand die mit Abstand größte Gruppe der DemonstrantInnen wie schon in den vergangenen Jahren aus Tausenden junger Leute in schwarzen Klamotten. Sie sind es, die sich immer und überall mit uns gemeinsam den Nazis auf der Straße in den Weg stellen. Und das wollen wir auch in Zukunft immer wieder zusammen mit ihnen tun!

Wir haben gerade die dritte nonpd-Kampagne gestartet und die ersten 5.000 Unterschriften gesammelt. Der lange Atem, den wir brauchen, bis endlich ein Verbotsverfahren auf den Weg gebracht wird, muss noch viel länger sein: schließlich ist die NPD zwar die größte, strukturell wichtigste und politisch gefährlichste Organisation des Neofaschismus, verboten gehören sie am Ende aber alle! Das ist weder Vertrauen in, noch Delegation an den Staat, sondern das Einfordern der praktischen Konsequenz aus dem „Nie wieder“, was sich ja bekanntlich auch in Artikel 139 GG niedergeschlagen hat. Das ersetzt keine politische Auseinandersetzung, das ist der Teil der politischen Auseinandersetzung, in dem Grenzen der gesellschaftlichen Toleranz gesetzt werden und Faschismus als das gekennzeichnet wird, was er ist: keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Zur Solidarität mit den Opfern faschistischer Gewalt gehört noch etwas: Dazu gehört auch, dem gesellschaftlichen Klima von Stigmatisierung und Ausgrenzung, dem staatlichen Rassismus und dem Alltagsrassismus, entgegen zu treten, die Menschen zu potentiellen Opfern machen und Neofaschisten das Gefühl geben, sie seien eine Art von Avantgarde, die den Mut hat radikal zu tun, was andere wollen. Hierzu wollen wir im August bei unserer Aktionskonferenz zum 20. Jahrestag des Pogroms in Rostock mit Bündnispartnern ins Gespräch kommen.

Wir werden auch in Zukunft Teil der Friedensbewegung sein, wir werden uns an der Organisation von Veranstaltungen und Aktionen gegen Krieg und Militarismus beteiligen. Wir werden weiterhin gegen die Militarisierung der Außenpolitik und Demokratieabbau im Innern auftreten. Wir werden auch in Zukunft das Grundgesetz als Gegenentwurf zum besiegten Faschismus verteidigen. Wir bleiben uns und unserer Tradition treu.

Wir werden weiter den Schwur der befreiten Häftlinge von Buchenwald als unser Vermächtnis annehmen.

Aber wir werden uns auch mit neuen Fragen beschäftigen müssen und vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch neue Antworten finden. Und wir hoffen, dass uns das unserem Ziel ein Stückchen näher bringen wird: einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit.

Kriminalisierung der VVN-BdA-Fahne geht weiter

geschrieben von Berliner VVN-BdA e.V.

13. Februar 2012

Gegen den erklärten Willen von über 6000 Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten setzte die Polizei am Montag einen „Trauermarsch“ von etwa 2000 Neonazis am Rande der Dresdener Innenstadt durch.

Ein martialisches Polizeiaufgebot mit Wasserwerfern und Pferdestaffeln, sicherte den Aufmarsch der Neonazis, der mit Gitterabsperrungen zu einer Demokratie freien Zone gemacht wurde.

Die Berliner VVN-BdA erklärt dazu: „ Demokratie scheint in Sachsen nur mit Neonazis denkbar zu sein. Der Aufwand der betrieben wurde um den „Trauermarsch“ des militanten politischen und sozialen Umfelds des sogenannten „NSU“ zur ermöglichen, steht in keinem Verhältnis zu den spärlichen Ermittlungsergebnissen den sächsischen Ermittlungsbehörden zu den Neonazimorden bis jetzt beigetragen haben. Aber tausende engagierte Bürgerinnen haben bewiesen, dass Sachsen nicht nur für Zwickau und damit einen ruhigen Rückzugsort für neonazistische Mörder steht, sondern auch dass Dresden die Neonazis satt hat.

Nach dem Aufmarsch kontrollierten sächsische Polizisten, die Personalien des 77 jährigen Bundesvorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Dr. Heiner Fink. Sie hatten Bilder aus der Kamera eines Wasserwerfers der am Montag auf die antifaschistischen Gegendemonstranten gerichtet war mit Fahndungsbilder von den Protesten im vergangenen Februar2011 in Dresden abgeglichen und glaubten einen „älteren Herren mit VVN-BdA-Fahne“ in ihm wieder erkannt zu haben, nach dem wegen Teilnahme an den Blockaden gefahndet wird.

Die Berliner VVN-BdA erklärt dazu: „ Die Dresdener Polizei und Staatsanwaltschaft ergehen sich in immer abenteuerlicheren und absurden Konstrukten und Anschuldigungen gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten. Noch ein Jahr nach den erfolgreichen Blockaden in Dresden 2011 sucht der Ermittlungsapparat nach deren „Rädelsführern“. Aber nicht Antifaschistinnen und Antifaschisten haben in Dresden den „Landfrieden“ gebrochen, sondern die sächsische Politik und Polizei, die jeglichen Protest und Zivilcourage gegen rechts zu kriminalisieren versucht. Die Sächsische Demokratie hat Nachhilfe bitter nötig.“

Wir fordern die sofortige Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Dr. Heiner Fink und alle Antifaschistinnen und Antifaschisten die in Dresden kriminalisiert werden. Wir werden mit unseren Fahnen auch am kommenden Wochenende in Dresden präsent sein, zusammen mit tausenden anderen Rädelsführern im Kampf gegen Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus.

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