Grußwort – Bündnis 90/Die Grünen
1. April 2011
Das Grußwort lag schriftlich vor.
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
„Nie wieder“ – das muss uns zum täglichen Handeln motivieren. Nicht nur heute, sondern jeden Tag. Rassistische, antisemitische, homophobe und alle anderen menschenfeindliche Einstellungen sind heute genauso falsch und widerwärtig, wie sie es in der Vergangenheit waren. Deshalb müssen wir ihnen überall dort entschlossen entgegen treten und widersprechen, wo wir auf sie treffen: in der Familie und bei Freunden, in der Schule und im Bus, im Jugendclub und der Diskothek, im Internet und den Medien. Beim Durchbrechen der Schweigespirale sind wir ständig gefordert.
Der gesamtgesellschaftliche Diskurs hat im vergangenen Jahr, insbesondere mit Blick auf den Islam, eine gefährliche Wendung eingeschlagen. Vom pseudowissenschaftlichen Rassismus des Thilo Sarrazin, über den „Kampf bis zur letzten Patrone“ des Horst Seehofer bis zum neuen Ausgrenzungsminister Hans-Peter Friedrich. Europaweit wächst eine islamfeindliche Stimmung heran, die nicht nur dem demokratischen Grundsatz der Religionsfreiheit entgegen steht, sondern auch die Gleichwertigkeit von Menschen grundsätzlich in Frage stellt.
Dass Sie Ihre Konferenz mit der Diskussion um die Israel-Kritik vs. Antisemitismus eröffnen, freut mich besonders. Die politischen Entscheidungen der israelischen Regierung haben in der jüngsten Zeit nicht nur zur Beliebtheit Israels beigetragen. Nicht selten schlägt aber die Verärgerung mit der israelischen Politik in blanken Antisemitismus um. Und gerade die politische Linke sieht sich seit Jahrzehnten mit der Frage konfrontiert, wie sie es eigentlich mit Israel und dem Antisemitismus hält. Spätestens seit der Flottilla blicke ich mit großer Sorge auf das europäisch-israelische Verhältnis und möchte deshalb bei Ihnen und euch für eine grundsätzliche Solidarität mit dem jüdischen Staat werben. Israel ist auf der einen Seite eine westliche Demokratie, die im Inneren mit einem Staat in Europa bestens vergleichbar ist. Auf der anderen Seite existiert Israel in einer Nachbarschaft, die den Staat regelmäßig bedroht und gar mit dessen Vernichtung droht.
Für den 4. Bundeskongress der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten wünsche ich Ihnen spannende und lebhafte Diskussionen und die richtigen Ideen für die Herausforderungen im nächsten Jahr.
Volker Beck, 31. März 2011
Mitglied des Deutschen Bundestages
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer
und menschenrechtspolitischer Sprecher
der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen