Auf dem Weg in die (rechte) Militärrepublik

geschrieben von Tobias Pflüger

11. November 2025

Teil des Protestes gegen Aufrüstung und Militarisierung sein!

Vortrag von Tobias Pflüger, gehalten auf dem Außerordentlichen Bundeskongress der VVN-BdA in Stuttgart am 4./5. Oktober 2025

Als Vorbemerkung: Die derzeitige Rechtsentwicklung in der hiesigen Gesellschaft wird begleitet durch eine heftige Militarisierung (in der Bundesrepublik). Der Begriff „Highway to hell“ von Fritz Burschel trifft hier durchaus auf beides zu.

Die jetzt im Amt befindliche Bundesregierung hat gemeinsam mit den Grünen bevor sie ins Amt kam, zwei hunderte von Milliarden schwere Schuldenprogramme aufgelegt, einmal das so genannte Infrastrukturprogramm und einmal ein nach oben offenes Militär- und Rüstungsfinanzierungsprogramm. Diese Schuldenprogramme sind allein schon wegen ihrer unglaublichen Dimension aber natürlich darüber hinaus prägend für die Politik der nächsten Jahre. Der Militärbereich ist allem anderen übergeordnet. Ausgaben für Militär und Rüstung haben absolute Priorität, alles andere ist dem untergeordnet. Die Aussage des jetzigen Bundeskanzlers Friedrich Merz „Whatever it takes“ für Ausgaben im Militärbereich ist der eigentliche Skandal noch vor Beginn der Bundesregierung gewesen.

Nun zu den beiden Schuldenprogrammen im Konkreten: Zuerst das so genannte Infrastrukturprogramm: Ein vernünftiges Infrastrukturprogramm wäre dringend nötig. Gestern bin ich Bahn gefahren, ich kann Euch ein Lied singen. Doch: Die primären Kriterien bei der Vergabe der Milliarden sind insbesondere auch militärische. Das sagt der ehemalige Verkehrsminister Volker Wissing sehr klar: „Hinzukommt, dass die Infrastruktur Teil unserer Sicherheitsarchitektur ist. Viele übersehen, dass die zivilen Infrastrukturen auch für militärische Mobilität erforderlich sind. Und Deutschland ist ein wichtiges Transitland für die NATO.“ Maischberger: „Die NATO hat gerade gesagt, alles was sozusagen von Norden aus Süd von Ost nach West geht über deutsche Autobahnen“. Wissing: „Ja und natürlich wird das auch über die deutsche Schienenwege transportiert, deswegen dürfen wir das so nicht trennen, wie das manche tun, dass sie sagen: Für die Verteidigung finden wir gut, aber für die Infrastruktur brauchen wir es nicht. Denn ohne Infrastruktur können wir nicht äußere Sicherheit gewinnen.“ (ARD-Sendung Maischberger 11.03.2025: Volker Wissing) Es gibt ähnliche Presseberichte, z.B. bei der dpa wird Wissing wie folgt zitiert: „Infrastrukturinvestitionen sind wichtig für unsere Sicherheit“. „Wir reden über Infrastruktur, bei der Straße und auch bei der Schiene, die wir zur Verteidigung unseres Landes brauchen.“ Ähnlich in der Deutschen Verkehrszeitung (DVZ) vom 13.03.2025: https://www.dvz.de/politik/detail/news/wissing-infrastruktur-und verteidigung-gehoeren-zusammen.html

Jetzt nachdem die ersten Ausschüttungen aus diesem Infrastrukturprogramm laufen bestätigt sich diese Feststellung. Das hat auch damit zu tun, was die Europäische Union aufgelegt hat, ein zentrales Programm der EU ist die „Military Mobility“, da geht es um die Finanzierung militärisch nutzbarer Infrastruktur mit dem Ziel einen Aufmarsch nach Osten von der Infrastruktur her zu ermöglichen. Die NATO will Deutschland als Drehscheibe für den Aufmarsch nach Osten. Also, das Infrastrukturprogramm ist im Grunde genommen nicht das, was gesagt wird, sondern eben auch ein Programm für die militärische Infrastruktur. Das wird auch deutlich am neuen NATO-Beschluss, 5 % des Bruttoinlandproduktes (BIP) jedes NATO-Landes für Militär auszugeben. Der Beschluss ist aufgeteilt in 3,5 % direkte Militär- und Rüstungsfinanzierung und 1,5% in die Finanzierung militärisch nutzbarer Infrastruktur.

Mein Eindruck ist, dass verschiedenste politische Kräfte das noch nicht wirklich realisiert haben, dass dieses Infrastrukturprogramm ein Mogelprogramm ist und es hier auch um eine (versteckte) Mitfinanzierung der Militarisierung geht.

Das hat auch damit zu tun, dass es jetzt den so genannten Operationsplan Deutschland (OPlan) gibt. Die gesamte Republik soll kriegstüchtig gemacht werden. Der Operationsplan Deutschland wird gerade in den Ländern und in den Kommunen implementiert. Leider ist dieser OPlan geheim, doch wer etwas recherchiert findet das Grünbuch 4.0, ein Bericht von Bundestagsabgeordneten, in dem angedeutet wird, was da gerade läuft.

Jetzt zum zweiten Bereich, im Bereich der Bundeswehr werden gerade sämtliche Wünsche erfüllt. Die Finanzplanung ist sehr konkret: Der eigentliche „Verteidigungshaushalt“ soll nach dem gültigen Finanzplan folgendermaßen steigen: 2025: 62,4, 2026: 82,7, 2027: 93,3, 2028: 136,5 und 2029 152,8 Mrd €.

Der Gesamthaushalt des Bundes beträgt 2025 ungefähr 500 Milliarden. Dies macht die Dimension der Militärausgaben deutlich. Ausgaben für das Militär und Rüstung dominieren den Bundeshaushalt immer mehr.

Deshalb auch meine These, die Bundesrepublik ist auf dem Weg in eine Militärrepublik. Friedrich Merz und Co. haben angekündigt, dass es Sozialkürzungen geben wird. Auch die Entwicklungshilfe wird derzeit zusammengestrichen. Der einzige Bereich der sein Geld immer bekommt, ist der Militärbereich.

Diese militärpolitische Priorisierung wird gerade auf alle gesellschaftlichen Bereiche durch dekliniert und das ist gefährlich: Es gibt eine Militarisierung des Gesundheitswesens, eine Militarisierung des ganzen Bildungsbereiches. Der Verkehrsbereich wird militarisiert. Nur einige kurze Beispiele. Im Bildungsbereich: In Bayern ist ein Bundeswehrförderungsgesetz verabschiedet worden, ein Gesetz zur Förderung der Verteidigungsindustrie folgt gerade. In Bayern müssen nun Schulen mit der Bundeswehr kooperieren. Es darf nach Gesetz keine Zivilklauseln an Hochschulen mehr geben. Im Bereich des Gesundheitswesen gibt es für den V-Fall eine Umkehrung der Triage und eine Einbindung der Krankenhäuser in die gesamte Kriegsvorbereitung. Im Verkehrsbereich gibt es eine Reihe von Projekten, die dringend notwendig sind, doch es wird auch besonders darauf geachtet, welche Projekte werden als militärisch notwendig erachtet. Deutlich sieht man das z.B. bei Brückensanierungen.

Alle Bereiche werden quasi durchzogen von der Militarisierung und wenn es einzelne Menschen gibt, die erfreulicherweise da nicht mitmachen wollen, gibt es auch Repressionen. Wir haben gerade den Fall von einem DHL-Arbeiter, der darauf hingewiesen hat, dass der Leipziger Flughafen doch als Hub relativ umfangreich für Militärtransporte genutzt wird. Ihm wurde gekündigt. Das ist ein Skandal.

Wichtig ist, bei der Produktion von Waffen: Es sind Waffen nicht wie Winfried Kretschmann sagt, für Verteidigung, es sind Waffen für Verteidigung und für Angriff! Dass auch Angriffe geplant werden, lässt sich an den Strategien für die Bundeswehr, an den Waffensystemen und an den Manövern und Übungen ablesen. Es werden gerade Kamikaze-Drohnen, also bewaffnete Angriffsdrohnen angeschafft. Es läuft eine regelrechte Beschaffungswelle derzeit. Da gibt es einen Switch immer mehr Richtung angriffsorientierten Beschaffungsprojekten. In der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ wird Russland als „größte Bedrohung“ und China als „systemischer Rivale“ definiert In den neuen „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ geht es um „deutsche Führungsverantwortung“ (in Europa, in der Welt?) und insbesondere die Herausbildung einer »kriegstüchtigen« Bundeswehr.

Die Szenarien der Manöver und Übungen sind klar: Inzwischen greift bei Übungen auch mal „blau“ „rot“ an. Es wird auch Angriff geübt. Die laufende Kriegsvorbereitung bedeutet klar: Sowohl Verteidigung als auch Angriff.

In allen Bundesländern wird die Rüstungsindustrie gefördert. Baden-Württemberg und Bayern sind hier vorne dran. Winfried Kretschmann (Grüne) spricht von Umwandlung von der auto(orientierten) Wirtschaft hin zu einer (europäischen) Rüstungsindustrie. Wir nennen diesen Prozess, der gerade im ganzen Land läuft Gegenkonversion, von ziviler Produktion hin zu Rüstungsproduktion. Sehr konkret werden gerade Arbeitsplätze hier in Stuttgart bei Bosch brutal zusammengestrichen, und den Kolleg*innen werden andere Arbeitsplätze im Bereich der Rüstung „angeboten“. Im Bereich der EU wird von Kommission und Parlamentariern eine Umwandlung hin zum Ziel der Kriegswirtschaft (Manfred Weber und Co.) diskutiert. Das heißt die Umwandlung der gesamten Wirtschaft mit dem Hauptziel der Militärorientierung.

Ein zentrales Projekt bei der Umwandlung hin zu einer Militärrepublik ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Derzeit haben wir noch den Stand, dass in typisch sozialdemokratischem Sprech „zunächst freiwillig“, junge Männer eingezogen werden sollen. Doch CDU/CSU und andere machen Druck, dass die verpflichtende Wehrpflicht schneller eingeführt werden soll. Es geht darum, dass junge Männer (verpflichtend) aber auch Frauen und andere rekrutiert werden sollen. Interessant dabei ist, dass die Wehrpflicht bei den Jungen nicht gut ankommt. Wie in einer Yougov-Umfrage vom Anfang März 2025 herauskam, befürworten zwar rund 58 Prozent der Deutschen eine Wehrpflicht. Die 18- bis 29-Jährigen, also die die betroffen sind, lehnen eine Wehrpflicht aber zu 61 Prozent ab.

Gegen die Wehrpflicht formiert sich inzwischen gesellschaftlicher Widerstand, das ist gut so. Wir als VVN-Bda sagen auch klar nein zur Wehrpflicht, selbstverständlich sollten wir als VVN überall klar gegen diese unglaubliche Aufrüstung und gegen die Wehrpflicht Position beziehen, und wir sollten als VVN Teil dessen sein, was gerade entsteht, eine Bewegung gegen Aufrüstung, gegen Wehrpflicht und gegen Kriegsvorbereitungen.

Also lasst uns Protest und Widerstand auf allen Ebenen gegen gegen Aufrüstung, gegen Wehrpflicht und gegen Kriegsvorbereitungen (mit)organisieren.

Nach der Veranstaltung wurde ich darauf hingewiesen, dass die zu Beginn benannte parallele Rechtsentwicklung mit der Militarisierung insofern besonders gefährlich zusammenfallen, als dass es durchaus sein könnte, dass AfDler direkt oder indirekt in Regierungssesseln (in Bundesländern) dann über eine solche Bundeswehr oder Militär- und Rüstungsförderung vor Ort (mit)bestimmen (könnten).

Das strukturelle Problem, der nicht wenigen Rechten und Rechtsextremen in der Bundeswehr (die Kriterien bei der Rekrutierung sind „herabgestuft“ worden!) sei abschließend nur angedeutet.