NPD-Jugendfunktionär plante Sprengstoffanschläge
29. August 2009
Der am 26. August 2009 in Lörrach festgenommene 22-jährige Thomas Baumann, Stützpunktleiter der Jungen Nationaldemokraten (JN, NPD-Nachwuchsorganisation) war im Begriff, einen Angriff mit Splitterbomben und Schusswaffen gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten durchzuführen.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Baden-Württemberg fordert daher ein entschlossenes Vorgehen der Politik gegen den nazistischen Terror. Die Medien werden aufgerufen, endlich über die Gefahr der AntiAntifa-Attacken aufzuklären.
Nach Mitteilung der Polizei hätte die Bombe in nur wenigen Stunden fertig gestellt werden können. Durch die Festnahme ist ein möglicherweise unmittelbar bevor stehendes Blutbad verhindert worden. Hier werde eine neue Dimension von organisierter terroristischer Nazi-Gewalt sichtbar, die sofortiges Handeln auf allen Ebenen erforderlich mache, erklärt die VVN-BdA weiter.
Der unglaubliche politische Skandal bestehe darin, dass erst die Recherchen der Autonomen Antifa Freiburg dazu geführt hätten, die Behörden auf die Spur des Naziterroristen zu bringen. Verfassungsschutz und Polizei seien entweder ahnungslos oder schauten untätig zu, wie über Monate hinweg im NPD-Spektrum Bomben gebastelt werden. Dies unter Aufsicht eines Innenministers, der behauptet, dass die NPD in diesem Bundesland „sehr passiv auftrete“. Deswegen könne sich Baden-Württemberg an der Materialsammlung des Bundesinnenministeriums für ein NPD-Verbotsverfahren nicht beteiligen. Der Fall offenbart gleichzeitig, dass die V-Leute des Verfassungsschutzes innerhalb der NPD keinesfalls ein „Frühwarnsystem“ darstellen, wie Rech noch im März behauptet hatte. Damit hatte er seine Weigerung begründet, die V-Leute abzuschalten, wie dies das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte, um den Weg für ein Verbotsverfahren frei zu machen.
Wie die VVN-BdA feststellt, sei Minister Heribert Rech nicht willens oder nicht in der Lage, seinen Amtspflichten nachzukommen. Sie fordert dessen unverzüglichen Rücktritt. Alle Landtagsfraktionen und die Bundespolitik seien jetzt aufgefordert, an diesem Beispiel die Gefahren zu erkennen, die von der NPD und ihrem gewalttätigen neofaschistischen Umfeld ausgehen und alle politischen Mittel der Aufklärung sowie alle rechtlichen Mittel zu deren Verbot und Auflösung gemäß Artikel 139 GG auszuschöpfen.
Die Bundesorganisation VVN-BdA hatte im Dezember 2007 über 175.000 Unterschriften für die Einleitung eines erneuten NPD-Verbotsverfahrens gesammelt und dem Bundestagspräsidenten übergeben. Seitdem schlummert der Bürgerwille in den Katakomben des Reichstagsgebäudes, weil sich eine Reihe von CDU-geführten Landesregierungen weigern, V-Leute aus der NPD abzuziehen bzw. Material über die NPD-Machenschaften weiter zu geben und damit das Verbotsverfahren sabotieren.
Ministerpräsident Günther Oettinger wird unter Bezug auf den Vorgang von der VVN-BdA aufgefordert, die Initiative für das Wiederaufleben des ruhenden NPD-Verbotsverfahren zu ergreifen, alle V-Leute abziehen und die einschlägigen Akten an den Bund übermitteln zu lassen.
Um die als Standard-Reaktion geäußerten Einzeltäter-Vermutung zu widerlegen, genüge ein Blick in das Umfeld des Bombenbastlers, teilt die VVN-BdA weiter mit. Der Jung-Nazi war Mitglied im „Kampfbund Deutscher Sozialisten“, Zeitsoldat bei den Krisenreaktionskräften der Bundeswehr und ist jetzt Gruppenführer der Kameradschaft „Freie Kräfte Lörrach“ und Mitglied des JN-Landesvorstands mit engen Kontakten zu Alexander Neidlein, dem Landesgeschäftsführer und stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg. Baumann hat enge Verbindungen zur Münchner Neonazi-Szene, in deren Reihen er beim NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2009 in Ulm gesichtet wurde. Attraktiv ist für ihn offenbar die Münchener „Kameradschaft Süd“ mit dem Nazi-Kader Martin Wiese, weil diese über Erfahrungen in bewaffneten Anti-Antifa-Aktivitäten verfügt. 2003 wurden dort ebenfalls Waffen und Sprengstoff besorgt mit der vermutlichen Absicht, diese zu Attentaten gegen jüdische und andere antifaschistische Mitbürgerinnen und Mitbürger einzusetzen. Martin Wiese wird im August 2010 aus der Justizvollzugsanstalt Bayreuth entlassen und hat in jüngster Zeit ein Comeback angekündigt.