NS-Verfolgte für Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfestattentat

geschrieben von Ernst Antoni

28. September 2010

Die mitgliederstärkste deutsche Organisation von ehemaligen NS-Verfolgten und deren Angehörigen engagiert sich dafür, dass – 30 Jahre nach dem größten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik, der 13 Todesopfer und über 200 Verletzte forderte – die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat 1980 wieder aufgenommen werden.

Bis heute wird offiziell die These vertreten, es habe sich bei dem Rechtsextremisten Gundolf Köhler, der selbst bei dem Bombenanschlag umkam, um einen „Einzeltäter“ gehandelt. Der Bundesausschuss der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) beschloss bei seiner Tagung am 26. September, dem 30. Jahrestag des Bombenattentats, einstimmig, einen von Gewerkschaftern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Bayern verfassten Offenen Brief an Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zu unterstützen.

„Wir ersuchen Sie“, heißt es in diesem Schreiben, „die Bundesanwaltschaft zu beauftragen, dass die Ermittlungen zu Täterschaft und politischen Hintergründen des Anschlags auf das Oktoberfest am 26. September 1980 in München wieder aufgenommen werden, und dass bei diesen Ermittlungen neue beweisrelevante Erkenntnisse Berücksichtigung finden sowie bereits vorliegende Spuren und Hinweise einer neuen und unvoreingenommenen Würdigung unterzogen werden.

Schon immer haben begründete Zweifel bestanden, ob das offizielle Ermittlungsergebnis des Bayerischen Landeskriminalamts und des Generalbundesanwalts die Wahrheit wiedergibt. Zu groß sind die Ungereimtheiten und Unzulänglichkeiten bei den Ermittlungen, zu zahlreich die Spuren und Indizien, die nicht berücksichtigt wurden. Bei der Suche nach der wirklichen Täterschaft des Anschlags sind auch die neuen Erkenntnisse, die sich aus der Auswertung der Akten der Staatssicherheit der DDR ergeben können, einzubeziehen.“

Es sei, so die Verfasser des Schreibens „ein Skandal, dass die anlässlich der Tat gesicherten Asservate bereits 1997 vernichtet wurden. Hier handelte es sich um Mord, der schon 1980 keiner Verjährung unterlag. Der Öffentlichkeit sowie den Opfern des Anschlags und ihren Angehörigen wurde die Wahrheit in einer Weise vorenthalten, die eines Rechtsstaats unwürdig ist.“

Deshalb sei es „endlich an der Zeit, dieses Verbrechen in seiner Gesamtheit und all seinen Hintergründen aufzuklären und dabei gegebenenfalls auch die Verbindungen vorbehaltlos zu klären, die Verfassungsschutzämter und Bundesnachrichtendienst mit der rechtsextremistischen Szene unterhielten, aus der heraus vermutlich der Anschlag verübt wurde.“

Der Offene Brief an die Bundesjustizministerin hat bereits beachtliche Resonanz gefunden. Unter den bisher rund 700 Unterzeichnern finden sich Ignaz Platzer, Vater von zwei beim Oktoberfestattentat ermordeten Kindern, der langjährige Verfassungsrichter in Bayern Dr. Klaus Hahnzog, Matthias Jena, Vorsitzender des bayerischen DGB und zahlreiche Mitglieder der Landtagsfraktionen von SPD und Bündnisgrünen im Freistaat.