Antifaschismus ist ein unverbrauchter Gedanke!

30. Juni 2009

Dass die großen Traditionen antifaschistischen Widerstandes der Arbeiterbewegung lebendiger denn je sind, dass antifaschistische Arbeit gerade heute generationsübergreifend in den Mittelpunkt gehört, bestätigte sich auf dem 16. Volksfest der DKP, dem UZ-Pressefest, auf anschauliche Weise.

Der zentral gelegene und nicht zu übersehende Informationsstand der VVN-BdA war drei Tage lang von Interessierten belagert. Die Fortsetzung der Kampagne nonpd stieß auf breite Zustimmung. Etwa 250 gaben bis Sonntagnachmittag ihre Stellungnahmen für ein Verbot der NPD ab. Zahllose Gäste hatten bereits ihre Stellungnahmen abgegeben und sind in der Kampagne bereits selbst aktiv. Andere bemerkten aber auch: ich hab doch schon unterschrieben, und bedurften der Aufklärung, dass der Unterschrift nun die Stellungnahme folgen möge.

Die Plakate, Aufkleber, Postkarten zur Kampagne fanden reißenden Absatz. Auf große Zustimmung stieß die neue Postkartenserie gegen die vom Staat finanzierten Nazis („V-Leute“). Die Aktion “Keine Nazis und andere Rassisten in die Parlamente!“ war der Beitrag der VVN-BdA NRW mit dem Blick auf die anstehenden Wahlen. Dazu wurden Traktate und Plakate ausgegeben.

In den zahlreichen Diskussionsrunden waren die Vertreterinnen und Vertreter der VVN-BdA gefragte Partner. Viele Teilnehmer des Festes verließen Dortmund mit einem dicken Materialpaket der VVN-BdA und vielen neuen Argumenten für den Kampf gegen die Neonazis.

Die Höhepunkte des Kulturprogramms mit der traditionsreichen chilenischen Gruppe Inti Illimani und dem Auftritt von Konstantin Wecker, der mit Esther Bejarano das „Moorsoldatenlied“ präsentierte, waren geprägt von antifaschistischem Engagement. Dass kulturell eine Brücke zu einer neuen Generation geschlagen ist, stellte Esther Bejarano mit der Mikrophone Mafia unter Beweis. Viele weitere Beiträge waren von Mitgliedern und Freunden der VVN-BdA mitgetragen.

Der Gedanke antifaschistischer Arbeit ist in den Köpfen vieler einer neuen Generation angekommen. Die VVN-BdA ist kein „Veteranenverein“! Das stimmte die mehr als 30 Helferinnen und Helfer am Stand der VVN-BdA optimistisch. Für alle Beteiligten war es nicht nur die Bestätigung, etwas sinnvolles gemacht zu haben. Es war auch ein großes Erlebnis. Die nicht da waren, haben etwas verpasst. Herzlichen Dank an allen, die mitmachten.

Vorkämpfer der Menschenrechte

geschrieben von Manfred Demmer

27. Juni 2009

In diesen Tagen jährt sich zum hundertsten Mal der Geburtstages eines Mannes, der Zeit seines Lebens ein aktiver Kämpfer für eine humanistische Gesellschaft, für den Sozialismus war. Als Journalist und Politiker hat er Spuren hinterlassen. Kurt Bachmann, der 1968 einer der Initiatoren der Gründung der DKP und seit deren erstem Parteitag bis 1973 ihr Vorsitzender war.

Kurt Bachmann wird am 22. Juni 1909 in Düren geboren. Sein Vater ist Handgerber, Gewerkschafter und Kriegsgegner. Sohn Kurt orientiert sich sowohl beruflich wie gesellschaftlich an der Haltung seines Vaters. Er geht 1924 nach Köln, wo er eine Lehre als Ledersortierer beginnt, ab 1928 in einer Gerberei in Luxemburg arbeitet. Als aktiver Gewerkschafter, der sich der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO) angeschlossen hat, wird er fristlos entlassen. 1932 wird er Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und leitet dort die Straßenzelle „Opernhaus“ in Köln. Hier wirkt er an der Herstellung und Verteilung von Flugblättern mit, in denen gegen den immer stärker werdenden Faschismus Position bezogen wird.

Nach der Machtübertragung an die Faschisten 1933 arbeitet er im Widerstand, übernimmt im Rheinhafen in Neuss von holländischen Rheinschiffern Druckschriften der Amsterdamer Exilleitung der KPD, verteilt Flugblätter, malt Parolen, organisiert marxistische Schulungskurse. 1936 heiratet er seine jüdische Frau Alice, mit der er 1938 nach Südfrankreich emigriert. 1939 wird Kurt Bachmann von der französischen Polizei zusammen mit Spanienkämpfern in einem Lager inhaftiert, aus dem er 1940 fliehen kann. Danach wird er für die illegale Leitung der KPD in Toulouse tätig und 1942 erneut verhaftet. Kurt und Alice Bachmann werden der Gestapo überstellt und Richtung Osten deportiert. Alice Bachmann wird im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Für Kurt beginnt eine Odyssee durch die KZs Johannsdorf, Ratibor, Blechhammer und schließlich Buchenwald. Überall arbeitet er für die jeweiligen illegalen Häftlingsorganisationen der KPD.

Nach der Befreiung 1945 kehrt Kurt Bachmann nach Köln zurück, baut die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) mit auf, ist zeitweise als Sekretär der KPD-Bezirksleitung Mittelrhein tätig und arbeitet von 1950 bis zum widerrechtlichen Verbot seiner Partei durch die Adenauerregierung im KPD-Parteivorstand. Später wirkt er als Journalist und Bonner Korrespondent der antifaschistischen Wochenzeitung Die Tat. 1968 ist Kurt Bachmann einer der Initiatoren der Gründung der DKP und wird auf deren ersten Parteitag zum Vorsitzenden gewählt (bis 1973). Danach ist er Mitglied des Präsidiums des DKP-Parteivorstandes und wird Anfang der 90er Jahre zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Er gehört dem Präsidium der VVN/Bund der Antifaschisten und dem Generalrat der Fédération Internationale des Résistants (FIR) (Internationale Föderation der Widerstandskämpfer) an.

Kurt Bachmann hat unzählige Publikationen, Broschüren und Artikel verfasst. Bekannt sind seine Bücher wie „Die Wahrheit über Hitler“ (1978), „Das Jahr 1933“ (1983) und „Tatort Buchenwald“ (1987). Als ehemaliger Widerstandskämpfer und Überlebender des NS-Terrors war er bemüht, seine Erfahrungen vor allem an junge Menschen zu vermitteln. In der Friedensbewegung, in Initiativen gegen Rassismus und Neonazismus wurde er als Partner und Ratgeber geachtet.

Obwohl bundesweit tätig, blieb er dennoch seiner Stadt Köln und den örtlichen demokratischen Bewegungen aktiv verbunden. Manche Aktion in Köln, wo er mit seiner zweiten Frau Marianne bis zu seinem Tod lebte, ist mit seinem Namen und seinen Aktivitäten verbunden – so u.a. die Errichtung einer Gedenktafel für die Deportierten am Köln-Deutzer Bahnhof 1981 oder die Errichtung einer Erinnerungstafel anlässlich des 6. Weltkongresses der IPPNW (Internationale Ärzte gegen Atomkrieg) im Mai/Juni 1986.

Über seine Motive für den Kampf für Frieden, gegen Krieg und Faschismus befragt, erklärte Kurt Bachmann später: „Die Art und Weise, wie sich Faschismus gab, zwang mich nachzulesen: woher kommt diese Ideologie. … Ich habe also versucht, an die Quellen zu gehen. Und da habe ich gemerkt, dass der Faschismus – Italien war für mich das grausame Vorbild – und seine Methoden einen Rückfall hinter die große Französische Revolution bedeuteten. Und das war mich ein roter Faden durch die Gespräche, die ich in dieser Zeit mit Menschen führte, die sich wegen des Faschismus noch keine Sorgen machten. Ich habe davor gewarnt: wenn uns Rechte wie in Italien genommen werden, dann sind das Bürgerrechte, wie sie vom französischen Volk erkämpft worden sind. Dagegen müssen sich nicht nur Kommunisten wehren, dagegen müssen sich alle Menschen wehren, die davon betroffen sind. Solche Vorstellungen hatte ich. Und als Ernst Thälmann im April 1932 in Köln-Ehrenfeld in der Rheinlandhalle sprach, habe ich Flugblätter verteilt. Die zentrale Aussage darin war: Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, und wer Hitler wählt, wählt den Krieg.“

Kurt Bachmann, der ja dann auch seine persönlichen, konkreten Erfahrungen mit dem Faschismus machen musste, wirkte nach der Befreiung weiter auf der Grundlage dieser Erkenntnisse. Das konnte man auch im März 1985 im WDR-Fernsehen in einer Geschichtsstunde der besonderen Art feststellen. Im Film „Volksgenossen“ vermittelte der ehemalige Buchenwald-Häftling vor der Kulisse des ehemaligen Konzentrationslagers historische Erkenntnisse, die auch zu aktuellen Schlussfolgerungen anregten. Zumal auf der anderen Seite ein „Volksgenosse“ dargestellt wurde, der vor einer Hitler-Büste von Arno Breker sitzend , stolz bekannte, als Unternehmer beim Hitler-Vortrag im Industrieclub am 27.Januar 1932 in Düsseldorf dabei gewesen zu sein, der das „Führerprinzip“ für richtig erachtete und den Nazis außerordentlich zu getan war. In der Sendung wird deutlich: anders als der Unternehmer Paul Kleinewefers aus Krefeld, tritt der ehemalige Buchenwald-Häftling und Kommunist aus Köln für eine humane Gesellschaft ein. Diese Orientierung schloß für Kurt Bachmann auch selbstkritische Betrachtungen ein.

In der Weiterführung des oben erwähnten Gespräches stellte er über die Aussagen von Ernst Thälmann 1932 in Köln fest: „Und dann schilderte Thälmann, man muß eine rote antifaschistische Aktion machen. Rot? Das habe ich später im Verlauf des Faschisierungsprozesses erkannt: das war falsch. Antifaschistische Aktion? Ja, aber demokratisch, ganz breit, nicht rot. Wenn bürgerliche Freiheiten gefährdet sind, … dann muß man sich dagegen wehren.“

Im Nachruf der VVN/Bund der Antifaschisten und der FIR für den am 23. Februar 1997 Verstorbenen heißt es: „Der jungen Generation vermittelte er wie kaum ein zweiter die Hintergründe faschistischer Herrschaft und die Lehren des Damals für das Heute im Kampf gegen Reaktion und Militarismus, für die demokratische Republik und für den Internationalismus.“

Auch zu weiteren Fehlern in der Politik der KPD, nahm Kurt Bachmann selbstkritisch Stellung. „Wenn wir“, heißt es 1974 in einem Manuskript von ihm, „die großen Verdienste und Leistungen der Partei Ernst Thälmanns um die Aktionseinheit würdigen, so verschweigen wir nicht ihre Fehler und Schwächen! Falsch war z.B. die Theorie des ‚Sozialfaschismus‘, die Auffassung, die rechte Sozialdemokratie sei die Hauptstütze der Macht des Finanzkapitals. Nicht richtig war die für eine gewisse Periode geltende Orientierung auf eine Aktionseinheit ‚von unten‘. Falsch war auch die später korrigierte Entscheidung, dass sich die KPD 1931 am Volksentscheid der Rechtsparteien für die Auflösung des Preußischen Landtages beteiligte. Eine der Hauptursachen für die sektiererischen Auffassungen lag jedoch in dem reaktionären Verhalten der rechten SPD-Führung selbst, die die arbeiterfeindlichen Notstandspraktiken des Kabinetts Brüning, Papen und Schleicher als ‚kleineres Übel‘ tolerierte…“

In einem Artikel in der Zeitung der DKP „Unsere Zeit“ vom 26.August 1988 kommt er auf die Frage des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes zu sprechen, der, „so habe ich es 1939 gesagt und davon bin auch heute zutiefst überzeugt, weder unter den damaligen Bedingungen noch aus heutiger Sicht ein Fehler, sondern kluge Einsicht in das damalige Notwendige (war). Offen ist – und das bereitet mir Sorge – die Politik Stalins vier Wochen nach dem Nichtangriffspakt bis zum Überfall Hitlers am 22. Juni 1941 auf die Sowjetunion.“

Bezogen auf die Frage eines Diskussionsteilnehmers am 18. April 1989 in Köln, ob die KPD nicht vom „Stalinismus geprägt und dogmatisch“ gewesen sei, stellte er fest: „Das kann man so pauschal keineswegs für alle Abschnitte in der Geschichte unserer Partei sagen. … Allerdings haben auch wir westdeutschen Kommunisten Ende 1949 unter dem Druck des Kalten Krieges und der Gefahr eines neuen ‚heißen‘ Krieges die Stalinsche Variante eines aus heutiger Sicht falschen ‚Einheits‘-Verständnisses akzeptiert. … Stalin-Kult, Dogmatismus, Mißtrauen gegen ganze Gruppen von Genossinnen und Genossen, Mißachtung der innerparteilichen Demokratie haben uns schwer geschadet. Aber schon im Dezember 1954 begann mit dem Hamburger Parteitag die Korrektur. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU begann mit der 23.Tagung der KPD im März 1956 die offene Aufdeckung dieser Fehler und eine breite Diskussion, massiv unterbrochen durch das Parteiverbot.“

Sich mit dieser von Bachmann dargestellten Position auseinander zu setzen, ist angesichts der verlogenen Kampagne zum 60. Jahrestag der Bundesrepublik als Hort des Glücks und bester Staat aller Zeiten bei gleichzeitiger Darstellung der DDR als Unrechtsstaat von Anfang an hilfreich. Hilfreich sind dabei seine vielfältigen Aufsätze und Reden, so auch im Kampf gegen die penetrante und aufgeblähte Totalitarismustheorie, die ja nicht neu ist.

Bereits am 19. Oktober 1979 setzte sich Kurt Bachmann in der DKP-Zeitung „Unsere Zeit“ damit auseinander. Unter dem Titel. „Der Faschismus – eine ‚Variante des Sozialismus?‘“ stellt er zu entsprechenden Aussagen der CSU-Politiker F. J. Strauss und Edmund Stoiber fest: „Die Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus ist eine üble Geschichtsfälschung und im Grunde eine Neubelebung von Hitlers Demagogie. Denn demagogisch war bereits die Bezeichnung NSDAP. Diese Partei war weder national noch eine Arbeiterpartei. Sie hat das Rot aus der Fahne der Arbeiterbewegung gestohlen und ihre Lieder mit faschistischen Texten belegt, um sich zu tarnen. … Aber der Faschismus redete mit zwei Zungen. Was man dem Volk sagte, war eine Sache. Mit den Industriellen sprach man eine ganz andere Sprache. Bereits im Oktober 1922 erläuterte Hitler in einer Denkschrift für Industrielle, daß der Marxismus ausgerottet werden müsse. 1926 sagte er vor dem Hamburger ‚Nationalclub‘: ‚Die Frage der deutschen Wiedererhebung ist eine Frage der Vernichtung der marxistischen Weltanschauung in Deutschland‘. Am 27. Januar 1932 erklärte Hitler vor dem Industrieclub in Düsseldorf: ‚Wir haben den unerbittlichen Entschluß gefaßt, den Marxismus bis zur letzten Wurzel in Deutschland auszurotten.‘ Und dann soll der Nationalsozialismus eine Variante des Sozialismus sein?“

In dem Artikel werden weitere Beispiel aufgezeigt und auch die Äußerungen des DGB-Vorsitzenden Heinz Oskar Vetter zitiert, der am 12. Oktober 1979 in München dazu erklärt hatte: „Wer den Sozialismus in die Nähe des Nationalsozialismus rückt, ist für mich auf dem Weg zu einem demagogischen Geschichtsfälscher und ein gefährlicher Politiker“.

Hier trafen sich am 4. Januar 1933 Hitler, von Papen, Himmler, Keppler und Bankier Schröder. Schröder begründete seine Einladung so: „Die allgemeinen Bestrebungen der Männer der Wirtschaft gingen dahin, einen starken Führer in Deutschland an die Macht kommen zu sehen. … Als die NSDAP am 6. November 1932 ihren ersten Höhepunkt überschritten hatte, wurde eine Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft besonders dringend … wobei ein wesentlicher Punkt darin lag, daß die Wirtschaft sich selbst lenken sollte.“

Kurt Bachmann warnte auch nach dem rechtsradikalen Attentat auf dem Oktoberfest in München, wo am 26. September 1980 bei der Explosion einer Bombe am Haupteingang 13 Menschen getötet und 211 zum Teil schwer verletzt wurden, vor der weiteren Untätigkeit der Politik und Behörden gegen den Naziterrorismus. „Neonazistische Provokateure“, so stellte er in einer Rede am 2. Oktober 1980 fest „werden bei uns geschützt. Die Verharmlosung der Nazivergangenheit kann in aller Offenheit betrieben werden. Zwar wurde im Januar 1980 die ‚Wehrsportgruppe Hoffmann‘ verboten, aber alle übrigen im jüngsten sogenannten Verfassungsschutzbericht genannten 88 neofaschistischen Organisationen wirken weiter! Artikel 139 des Grundgesetzes, der jede neonazistische Tätigkeit untersagt, wird nicht praktiziert. Der Bundeswahlausschuss läßt zur Wahl die neonazistische NPD … zu. … Im sogenannten Verfassungsschutzbericht hieß es noch 1979 wörtlich: ‚Der Rechtsextremismus stellt keine Gefahr für die freie demokratische Grundordnung dar‘. Wie in der Weimarer Republik ist die Justiz auf dem rechten Auge blind. Wie oft haben die Antifaschisten die Erfahrung machen müssen, daß ihre Anzeigen gegen faschistische Schläger im Sand verliefen. Wie oft mußten sie erleben, daß Polizei und Justizorgane keine Neigung zeigten, gegen überführte neonazistische Gewalttäter vorzugehen.“

Und wie auf die heutige Situation gemünzt, erscheint die Passage: „Das Zusammenwirken von Sozialdemokraten, Christen und Kommunisten, das Bündnis aller demokratischen Kräfte darf den alten und neuen Nazis keinen Raum lassen. Die Geschichte darf sich nicht wiederholen. Durch Verharmlosung, Schweigen und Wegsehen wird nichts besser! Dem Terror von rechts müssen alle, die Demokratie und Freiheit lieben, offensiv entgegentreten. Der Reaktion muß die Grundlage für ihre soziale und nationalistische Demagogie entzogen werden.“

Obamas Buchenwald-Besuch

7. Juni 2009

Eine wichtige Botschaft von Obamas Buchenwald-Besuch erschließt sich erst im Kontext der Europareise: Am Vortag war er in seiner Rede in Kairo auf die arabische Welt zugegangen. Jetzt zeigt er die Grenzen der westlichen Verhandlungsbereitschaft: Kein Appeasement mit Menschenrechtsverletzungen und Antisemitismus. In Buchenwald geht es ihm nicht um Deutschland, sondern um den Nahen Osten.

Der US-amerikanische Präsident besucht bei seiner zweiten offiziellen Visite in Deutschland nicht die Vorzeigeeinrichtungen der touristischen Selbstdarstellung, sondern er besichtigt die KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Dies ist durchaus ein politisches Signal, wenngleich es anders zu erklären ist, als viele politische Kommentatoren es im ersten Schritt meinten, interpretieren zu müssen. Denn dieser Besuch hat weniger mit deutscher Geschichte als vielmehr mit amerikanischer Gegenwart zu tun.

In der offiziellen Sprachregelung der US-Regierung wird darauf hingewiesen, dass Barack Obama auf den Spuren seines Großonkels Charles Payne, der in der amerikanischen Armee beim Vormarsch durch Thüringen 1945 gekämpft hat, diesen Ort besuche. Obama und seine Presseberater wissen natürlich, dass Charles Payne keinen Anteil an der Befreiung des KZ Buchenwald gehabt hat. Sein Truppenteil befreite das Außenkommando Ohrdruf S II. In der Sprache einiger Regierungsjournalisten wurde daraus jedoch »Befreier von Buchenwald«, und Obama kann sich damit in der familiären Tradition dieser »Befreier« präsentieren.

Und dieses Bild ist in der US-amerikanischen Selbstwahrnehmung von eminenter Bedeutung. Die Geschichte des Zweiten Weltkrieges und bestimmte Bilder der faschistischen Herrschaft in Deutschland sind – nicht zuletzt durch eine starke mediale Präsenz – im Alltagsbewusstsein der amerikanischen Bevölkerung. Das positive Bild der US-Armee leitet sich – trotz der verheerenden Niederlage in Vietnam und der aktuellen Probleme im Irak – immer noch aus dieser historischen Leistung im Rahmen der Antihitlerkoalition ab. Obama hat seinen Besuch in Buchenwald durchaus mit Bedacht in den Zusammenhang mit der Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen zum 65. Jahrestag des D-Day, der alliierten Invasion in Frankreich, gestellt.

Der US-Präsident kann mit dieser Konnotation seines Besuchs erstens deutlich machen, dass er – trotz fehlender eigener militärischer Traditionen – persönlich in der direkten Nachfolge der heroischen Leistung der amerikanischen Armee im Zweiten Weltkrieg steht. Er dokumentiert damit zweitens, dass diese Leistung nicht nur das Werk der »weißen Amerikaner« war, sondern dass afro-amerikanische Soldaten den gleichen Anteil an dieser Befreiungsmission hatten wie alle anderen Bevölkerungsgruppen in den USA. Er unterstreicht drittens – und da wird dieser Besuch politisch natürlich problematisch, dass amerikanische Militäraktionen »Befreiungsmissionen« waren und immer noch sind. Das hat eine hohe legitimatorische Funktion für die aktuelle Militärpolitik und den Krieg der US-Truppen im Irak, in Afghanistan und in anderen Teilen der Welt.

Peinlicher Teilerfolg für Gebirgsjäger

22. Mai 2009

Wir dokumentieren hier einen Artikel der Jungen Welt vom 23.05.2009 über den Prozess gegen Ulrich Sander.Frank Brendle

Der Kameradenkreis der Gebirgstruppe legt Wert auf die Feststellung, daß er „heute“ nicht mehr „zahlreiche“ Kriegsverbrecher in seinen Reihen hat. Das hat der Verein, der alljährlich eine revisionistische Veteranenfeier bei Mittenwald/Bayern durchführt, am Mittwoch dieser Woche vor dem Landgericht Nürnberg durchgesetzt. Anlaß dafür waren Äußerungen von Ulrich Sander, Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) Nordrhein-Westfalen.

Sander hatte im Internet darauf hingewiesen, „daß der Kameradenkreis nicht nur die Kriegsverbrechen der NS-Gebirgstruppe verharmlost und die Täter schützt“, sondern daß er „zahlreiche Kriegsverbrecher in seinen Reihen hatte, zum Teil bis heute.“ Der Kameradenkreis forderte von Sander eine Unterlassungserklärung. Der Antifaschist erklärte nun vor Gericht, künftig auf die letzten vier Worte zu verzichten („zum Teil bis heute“). Alle anderen Äußerungen wertete das Gericht als zulässige Meinungsäußerung.

Es war nicht der erste Versuch der „Kameraden“, Ulrich Sander zum Schweigen zu bringen. Bereits im Vorjahr war der Verein gegen seine Feststellung vorgegangen, die „(NS-)Gebirgstruppe“ veranstalte in Mittenwald das „größte Kriegsverbrechertreffen“. Im September 2008 hatte Sander zugesichert, diese Äußerungen nicht zu wiederholen, aber zugleich klargestellt, daß dem Kameradenkreis Kriegsverbrecher angehörten. Der erneute Vorstoß des Kameradenkreises hat diesem nun einen zweifelhaften Erfolg eingebracht: Wenn er „heute“ nicht mehr so viele Kriegsverbrecher als Mitglieder hat, geht das schließlich in erster Linie auf den Umstand zurück, daß die meisten verstorben sind. Und bestätigt hat das Gericht nun immerhin, daß man dem Traditionsverein die Verharmlosung von Kriegsverbrechen vorwerfen darf.

Die Prozeßlust des Kameradenkreises hat Sander indes konstruktiv genutzt und die Vereinszeitschrift Gebirgstruppe aus den vergangenen Jahrzehnten durchgearbeitet. Ergebnis ist eine 32seitige Dokumentation, in der Sander Dutzende von Vereinsmitgliedern nennt, die als Wehrmachtsoffiziere für Kriegsverbrechen verantwortlich waren. Beispielsweise Theodor Oberländer, der schon Teilnehmer am Hitler-Putsch 1923 war und vom Kameradenkreis das „Goldene Ehrenzeichen“ erhielt. Ebenfalls ausgezeichnet wurde Alois Eisl, unter dessen Kommando die Gebirgstruppe im Oktober 1943 blutige „Sühneaktionen“ in Griechenland durchgeführt hatte. Noch vor vier Jahren trat der Verein mit einer „Ehrenserenade“ vor der Wohnung des SS-Angehörigen und Chefs einer „Traditionsgemeinschaft“ Karl Staudacher an; auch SS-Brigadeführer Hermann Franz war Mitglied. „Ehrenpräsident“ war ab Mitte der 50er Jahre der in Nürnberg verurteilte General Hubert Lanz. Die Dokumentation läßt keinen Zweifel daran, daß Sanders Kritik am Kameradenkreis mehr als berechtigt ist.

VVN-BdA und Ulrich Sander gegen Kameradenkreis der Gebirgstruppe, worum ging es bei juristischen Auseinandersetzungen – und was war das Ergebnis?

21. Mai 2009

Rechtsanwalt Eberhard Reinecke zum Prozess des Kameradenkreises der Gebirgsjäger gegen Ulrich Sander

Als Rechtsanwalt, der Ulrich Sander in verschiedenen Verfahren vertreten hat, möchte ich Inhalt und Zusammenhang der Verfahren und Entscheidungen darstellen, da darüber teilweise unzutreffende Behauptungen verbreitet werden, teilweise der Kameradenkreis auch unangemessene Siegesfanfaren ertönen lässt.

Bevor ich im Folgenden auf die einzelnen Streitpunkte eingehe, zunächst etwas Grundsätzliches: Im Presserecht macht sich seit einigen Jahren eine neue Art von Prozessführung breit. Es wird oft nicht mehr um den Kern von Artikeln und Aussagen gestritten, sondern es wird um einzelne Formulierungen gestritten. Obwohl die Partei, die die entsprechenden Prozesse anstrengt, damit in der Sache kaum etwas gewinnen kann, kann sie für die Journalisten eine erhebliche Kostenlast produzieren, oft verbunden mit einem Einschüchterungseffekt.

Wenn einem an einem Artikel „die ganze Richtung nicht passt“, dann ist es meist aussichtslos, gegen die Richtung selbst etwas unternehmen zu wollen, weil dies regelmäßig in den Bereich der Meinungsfreiheit fällt. Es werden also meist einzelne Äußerungen gesucht, die manchmal nur etwas flüchtig oder unscharf formuliert sind, um daran einen Prozess aufzuhängen.

Dieses Verfahren hat eine Grundlage darin, dass nach der Rechtsprechung eine Äußerung nicht so auszulegen ist, wie sie der Äußernde, also der Journalist gemeint hat, sondern so auszulegen ist, wie sie ein angeblicher Durchschnittsleser versteht. Das heißt im Ergebnis, dass das Gericht selbst die Äußerungen interpretiert und damit festlegt, wie sie zu verstehen sind. Hinzu kommt seit dem sogenannten „Stolpe-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichtes, dass bei mehrdeutigen Aussagen regelmäßig die für den Äußernden (Journallisten) ungünstigere Auslegung zugrundegelegt wird.

Diese Rechtsprechung erfordert eine gewisse Vorsicht bei den Formulierungen, während es in den allermeisten Fällen möglich ist, den Inhalt, den man äußern will, bei einer geschickten Formulierung auch tatsächlich zu äußern.

Die Auseinandersetzung um den Artikel „Nach Gerichtsurteilen aus Rom muss nun schnellstens gehandelt werden: Bestrafung der Täter und Entschädigung der Opfer“

Im Rahmen einer Presseerklärung zu Gerichtsurteilen in Rom hatte Ulrich Sander unter anderem formuliert:

„Seit 2002 protestiert eine bundesweite Bewegung Jahr für Jahr in Mittenwald/Oberbayern gegen das größte Soldatentreffen, das – indem es vom Kameradenkreis der „NS“-Gebirgstruppe veranstaltet wird – auch das größte Kriegsverbrechertreffen ist.“

Dagegen und nicht gegen weitere Äußerungen aus der entsprechenden Presseerklärung der VVN-BdA wandte sich der Kameradenkreis der Gebirgsgruppe. Die erste Frage war, wie dies Zitat zu verstehen ist.

Ich gehe hier nicht auf die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten ein, sondern nur darauf, wie das höchste mit der Äußerung befasste Gericht, das Oberlandesgericht Nürnberg, die Äußerung verstanden hat. Kern dieser Aussage sei danach, dass es sich beim Kameradenkreis „um eine Organisation handelt, die im Wesentlichen aus Mitgliedern besteht, die den ehemaligen NS-Gebirgstruppen angehörten und deshalb das Treffen in Mittenwald das größte Treffen von Kriegsverbrechern ist.“ Da aber unstreitig sei, dass der weitaus überwiegende Teil der Mitglieder des Kameradenkreises nicht (mehr) ehemalige Mitglieder der NS-Gebirgstruppe seien, da schon am 15.07.2008 nur ca. 1/3 der Mitglieder 80 Jahre alt und älter waren, handele es sich bei dieser Äußerung um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Verbotswürdig ist die Äusserung also deswegen, weil sie in einer Weise verstanden wird, die nie gemeint war.

Bevor es zu dieser Entscheidung des OLG kam, war Folgendes vorangegangen. Zunächst hatte der Kameradenkreis der Gebirgsgruppe gegen die Äußerung eine einstweilige Verfügung erwirkt. Um ein weiteres Verfahren (ein sogenanntes Hauptverfahren) mit weiteren Kosten um dieselbe Äußerung zu vermeiden, hatte auf meinen Rat hin Ulrich Sander eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (was in derartigen Fällen juristisch erforderlich ist). Wir haben diese Unterlassungsverpflichtungserklärung gleichzeitig mit einer Klarstellung verbunden. Ulrich Sander hat erklärt, er werde es unterlassen, folgende Behauptung aufzustellen:

a) Das bundesweite Treffen des Kameradenkreises der Gebirgstruppe e.V. „werde von der (NS)-Gebirgstruppe veranstaltet“, soweit nicht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass der Begriff der „(NS)-Gebirgstruppe“ sich ausschließlich auf die Gebirgstruppe der Wehrmacht bis zum Jahre 1945 bezieht, aus deren Reihen der Kameradenkreis gegründet wurde,

b) Das genannte Treffen sei das „größte Kriegsverbrechertreffen“.

Klarstellend betont Ulrich Sander, dass er weiter die Meinung vertreten werde, dass an dem genannten Treffen in jedem Jahr Kriegsverbrecher teilgenommen haben.“

Der Kameradenkreis hat diese Unterlassungsverpflichtungserklärung akzeptiert. Ihm war bewusst, dass er gegen die Klarstellungen selber nicht vorgehen könne. Wegen desselben Zitates hat der Kameradenkreis sodann von Ulrich Sander auch einen pauschalen Widerruf verlangt, der dann so hätte klingen können, als nähmen an den Treffen des Kameradenkreises in Mittenwald keine Kriegsverbrecher teil. Ulrich Sander hat keinen Widerruf abgegeben, sondern auf der Seite der VVN-BdA eine Richtigstellung veröffentlicht, die nach dem umstrittenen Zitat folgende Erklärung enthielt:

„Ich stelle hierzu Folgendes richtig: Der Begriff „(NS)-Gebirgstruppe“ könnte so verstanden werden, dass damit auch Einheiten der Bundeswehr gemeint sind, aus deren Reihen das Soldatentreffen (mit) veranstaltet wird. Ich stelle ausdrücklich klar, dass ich mit dem Begriff der „(NS)-Gebirgstruppe“ ausschließlich Einheiten der Nazi-Wehrmacht gemeint habe, also die Gebirgsjägerdivisionen aus der Zeit bis 1945, aus deren Reihen heraus im Jahre 1952 der Kameradenkreis gegründet wurde.

Ich stelle weiter richtig, dass der Begriff „größtes Kriegsverbrechertreffen“ insofern unzutreffend ist, als damit der Eindruck erweckt werden könnte, als handele es sich bei der Mehrheit der Teilnehmer in Mittenwald um Kriegsverbrecher. Richtig bleibt aber weiterhin, dass regelmäßig am Treffen in Mittenwald Kriegsverbrecher teilnehmen. Kriegsverbrecher sind für mich Personen, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren, unabhängig davon, ob sie für diese Taten je verurteilt wurden oder nicht.“

Diese Richtigstellung und die vorangegangene Unterlassungsverpflichtungserklärung hat der Kameradenkreis zum Anlass genommen, um die Hauptsache für erledigt zu erklären. Das heißt, er hat zum Ausdruck gebracht, dass diese Form der Richtigstellung für ihn ausreichend sei, bzw. er hat eingesehen, dass er mit weitergehenden Forderungen bei Gericht nicht durchkommen würde. Bedauerlicherweise hat dann später das Oberlandesgericht Nürnberg Ulrich Sander die Kosten des Verfahrens auferlegt mit der bereits oben zitierten Begründung. Da also angeblich die Äußerung dahingehend zu verstehen war, dass auch heute noch die Mehrheit der Mitglieder aus der „NS-Gebirgstruppe“ stammten und diese Äußerung falsch sei, hätte sie widerrufen werden müssen.

Die in den Schriftsätzen vom Kameradenkreis geäußerte Meinung wurde von den Gerichten teils explizit abgelehnt, teils nicht entschieden. So etwa hatte der Kameradenkreis vorgetragen, es gäbe überhaupt keine „NS-Gebirgstruppe“, weil es nur einerseits Wehrmachtseinheiten und andererseits SS-Einheiten gäbe. Hier hat das Landgericht Nürnberg bereits festgestellt, dass es eine zulässige Wertung sei, die Einheiten der Wehrmacht bis 1945 als „NS-Gebirgstruppe“ zu bezeichnen, auch dem Ansinnen des Kameradenkreises, dass man nur solche Personen als Kriegsverbrecher bezeichnen dürfe, die rechtskräftig von einem deutschen Gericht verurteilt worden seien, haben sich die Gerichte weder damals noch (siehe unten) in der weiteren Verhandlung angeschlossen.

Auseinandersetzung um den offenen Brief der VVN-BdA an die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Bundeswehr, Frau Merten (veröffentlicht am 04.04.2009)

Gegenstand dieser weiteren Auseinandersetzung waren ebenfalls lediglich zwei Sätze aus der Einleitung bzw. dem offenen Brief selbst. Ulrich Sander hatte unter anderem geschrieben:

„Es wird darauf hingewiesen, dass der Kameradenkreis nicht nur die Kriegsverbrechen der „NS-Gebirgstruppe“ verharmlost und die Täter schützt, er ist nun auch dazu übergegangen, die Nichtverfolgung der Untaten als erforderlich für die heutige Kriegsführung der Bundeswehr und der NATO-Alliierten zu bewerten.“

Außerdem hatte Ulrich Sander geschrieben:

„Zudem klärten wir über das Wirken des Kameradenkreises der Gebirgstruppe e.V. auf, der aus dem Kreis der „NS-Wehrmachtsangehörigen“ heraus gegründet wurde und zahlreiche Kriegsverbrecher in seinen Reihen hatte, zum Teil bis heute.“

Gegen beide Äußerungen hat der Kameradenkreis versucht, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das Gericht hat diese einstweilige Verfügung nicht im schriftlichen Verfahren erlassen, so dass am 20.05.2009 eine mündliche Verhandlung beim Landgericht Nürnberg statt fand. Bezüglich der ersten Äußerung ist zunächst wichtig, was der Kameradenkreis dort für verbotswürdig hielt. Er hielt für verbotswürdig, dass er die Kriegsverbrechen der „NS-Gebirgstruppe“ verharmlost, dass er Täter schützt und dass er die Untaten als erforderlich für die heutige Kriegsführung bewerte.

Bezüglich aller dieser drei Punkte haben die Richter in Nürnberg sehr deutlich zu erkennen gebeben, dass sie dies als Meinungsäußerungen ansähen, die nicht verboten werden könnte, da sie fernab jeder Schmähkritik sei. Eine lediglich formale Distanzierung des Kameradenkreises von dem Artikel von Generalmajor a.D. Reichardt (den Ulrich Sander in seinem offenen Brief an Frau Merten zitiert hatte) ließ das Gericht nicht gelten. Dies führte dazu, dass der Kameradenkreis bezüglich der ersten umfassenden Äußerung seinen Antrag zurückgenommen hat.

Bezüglich der zweiten Äußerung hat das Gericht zunächst deutlich gemacht, dass es nicht die Auffassung des Kameradenkreises teilt, dass Kriegsverbrecher nur solche Personen seien, die rechtskräftig von deutschen Gerichten verurteilt wurden. Allerdings war das Gericht der Auffassung, dass die Äußerung so verstanden werden müsste, dass auch bis heute noch zahlreiche, also zu mindestens deutlich mehr als zwei oder drei Kriegsverbrecher Mitglieder des Kameradenkreises seien; das Gericht hat ausdrücklich erklärt, dass es z. B. nicht ausreichend sei, dass solche Personen bei Feiern teilgenommen hätten. Es hat uns vorgehalten, dass wir ganz konkret hätten darstellen und beweisen müssen, welche heutigen Mitglieder des Kameradenkreises an welchen Kriegsverbrechen beteiligt gewesen seien und dass es dabei um mehr als ein oder zwei gehen müsse.

Nun ergaben sich aus den ausgewerteten Vereinszeitungen durchaus eine Reihe von Hinweisen aus den letzten 10 und 15 Jahren auf Mitglieder des Kameradenkreises, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Ob diese Mitglieder allerdings noch heute leben oder nicht, wussten wir natürlich nicht, wobei ja ohnehin fest steht, dass spätestens in ca. 5 bis10 Jahren keiner der Kriegsverbrecher mehr leben wird und daher auch nicht Mitglied im Kameradenkreis sein kann. Wir haben uns deshalb dafür entschieden, nicht um diesen Punkt eine weitere juristische Auseinandersetzung zu führen und eine Unterlassungserklärung dahin abgegeben, dass Ulrich Sander nicht mehr behaupten wird:

„Der Kameradenkreis habe zum Teil bis heute zahlreiche Kriegsverbrecher in seinen Reihen.“

Dies sagt weder etwas über die Vergangenheit aus, schon gar nicht aber etwas darüber, wie der Kameradenkreis mit der eigenen Vergangenheit und der vieler seiner früheren Mitglieder und Angehörigen umgeht. Es war etwas makaber, dass der Rechtsanwalt des Kameradenkreises, Herr Thesen, der einer der Verteidiger des Herrn Scheungraber vor dem Landgericht München ist, erklärt, der Kameradenkreis werde natürlich auch Kriegsverbrecher in seinen Reihen nicht dulden. Es würde interessant sein zu beobachten, wie der Kameradenkreis reagiert, falls Herr Scheungraber verurteilt wird oder wie er reagiert, wenn er z.B. deswegen freigesprochen wird, weil es sich nicht um Mord, sondern „nur“ um Totschlag gehandelt hat und deswegen die Tat verjährt sei. Wir gehen davon aus, dass wir dem Kameradenkreis in der nächsten Zeit durchaus einige Hinweise für eine Selbstreinigung oder auch für eine kritische Betrachtung der eigenen Vergangenheit geben können.

Köln, den 22.5.2009

VVN-BdA protestiert gegen Ehrung von Wehrmachtseinheiten, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren, durch die Bundeswehr

4. Mai 2009

Die Bundeswehr hat ihren Heeresinspekteur Hans-Otto Budde als Redner zur alljährlichen Gedenkfeier des Kameradenkreises Gebirgstruppe am 17. Mai am Hohen Brendten bei Mittenwald nominiert.

Bei dieser Feier werden die 1. Gebirgsjägerdivision und andere Einheiten der Wehrmacht, denen Massenverbrechen vorgeworfen werden, geehrt. Dies geschieht in einer Zeit, da Mitglieder des Kameradenkreises in Deutschland und Italien wegen der Beteiligung an diesen Verbrechen vor Gericht stehen.

Aus diesem Anlass erinnern die Vorsitzenden der VVN-BdA an den noch immer gültigen Traditionserlass der Bundeswehr, in dem es heißt: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen.“ Deshalb protestiert die VVN-BdA gegen den geplanten Auftritt des Heeresinspekteurs und fordert Generalleutnant Budde auf, von seiner Beteiligung an dieser Veranstaltung Abstand zu nehmen!

Regelmäßig haben im Ausland verurteile und bisher juristisch noch nicht belangte Kriegsverbrecher an den Treffen des Kameradenkreises Gebirgstruppe auf dem Hohen Brendten teilgenommen. Statt sich von diesen Mitgliedern zu distanzieren, versucht der Kameradenkreis uns gerichtlich verbieten zu lassen, weiter „über das Wirken des Kameradenkreises der Gebirgstruppe e. V. (aufzuklären), der aus dem Kreis der NS-Wehrmachtsangehörigen heraus gegründet wurde und zahlreiche Kriegsverbrecher in seinen Reihen hatte …“

Am 8. Mai 2009 wird das Landgericht Nürnberg über einen entsprechenden Antrag des Kameradenkreises gegen unseren Bundessprecher Ulrich Sander befinden. Wir hoffen, dass am 64. Jahrestag der Befreiung Europas von der faschistischen Terrorherrschaft, an der auch die Gebirgstruppe der Wehrmacht einen unrühmlichen Anteil hatte, klar gestellt wird, dass sich historische Tatsachen nicht verbieten lassen!

VVN-BdA begrüßt Innenminister-Dokumentation

3. Mai 2009

Die VVN-BdA begrüßt die am 4. Mai in Berlin von den Innenministern der Länder Berlin, Rheinland-Pfalz, Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein vorgelegte Dokumentation „Verfassungsfeind NPD. Dokumente eines Kampfes gegen die Demokratie“.

Es handelt sich hierbei um eine gute Zusammenstellung von Quellenmaterial, die unmissverständlich den Charakter der NPD aufzeigt.

Die Innenminister Körting, Mäurer und Hövelmann erklärten bei der Vorstellung persönlich, dass es zum Beleg der Verfassungsfeindlichkeit der NPD keiner V-Leute in den Vorständen der NPD bedürfe. Das Verfahrenshindernis sei in ihren Bundesländern beseitigt, was – auch wenn es nicht offen ausgesprochen wurde – bedeutet, dass sie abgeschaltet wurden.

Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum NPD-Verbot. Deutlich wurde allerdings auch, dass nicht einmal die Innenminister der Länder über die V-Männer des Bundesamtes für Verfassungsschutz informiert sind. Offenbar ist also ein NPD-Verbot nicht mit, sondern nur unter Umgehung der VS-Behörden möglich.

Die VVN-BdA fordert daher, dass die übrigen Landesinnenminister und der Bundesinnenminister dem guten Beispiel folgen mögen. Der Dokumentation ist weite Verbreitung zu wünschen.

Argumente für ein NPD-Verbot im Petitionsausschuss

4. März 2009

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags befasste sich am 2.3.2009 in einer öffentlichen Sitzung mit dem Thema eines erneuten NPD-Verbotsverfahrens und den 175.000 Unterschriften, die in der ersten nonpd-Kampagne der VVN-BdA zwischen dem 27. Januar und dem 9. November 2007 gesammelt wurden.

Wir dokumentieren den Redebeitrag der Vorsitzende der VVN-BdA Cornelia Kerth.

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zu dieser Sitzung.

Ich spreche heute für 175.000 Bürgerinnen und Bürger, die zwischen dem 27. Januar und dem 9. November 2007 mit ihrer Unterschrift ein Verbot der NPD gefordert haben.

Diese Menschen sind mit uns der Meinung, dass die NPD verboten werden muss,

Zur Einstimmung zunächst einige „O-Töne“:

„Das System, das sich BRD nennt, ist irreparabel. Lasst uns diese ganze verfaulte Republik unterwühlen. Und wir haben ja auch schon den ein der anderen Tunnel gegraben, um dieses Konstrukt der Siegermächte zum Einsturz zu bringen.“ Das sagt Udo Pastörs, Fraktionsvorsitzender der NPD im Landtag MVP.

Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt erklärt in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“: „Zweifellos handelt es sich bei Hitler um einen großen deutschen Staatsmann.“

In einer Argumentationshilfe für Kandidaten und Funktionsträger der NPD ist zu lesen:

„Völker sind nun einmal Lebens- und Naturtatsachen. … Der ‚Mensch‘ ist genauso eine Fiktion, ein Gedankengebilde und eine Illusion wie die ‚Menschheit‘.“ Und: „Das Grundgesetz … ist ein Diktat der Westalliierten …, die Grundrechtsbestimmungen triefen vor Menschenrechtstümelei …“

Wenn wir sagen, Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, dann beziehen wir uns zunächst auf eine empirische Erfahrung: die 55 Millionen Toten und die Welt in Flammen sind ohne historisches Vorbild und bleiben hoffentlich auch in Zukunft singulär.

Die verbrecherischen Taten der deutschen Faschisten folgten ideologischen Vorgaben:

Diese Ideologie ist ungebrochen und so lange das so ist, besteht Wiederholungsgefahr. In den bereits erwähnten „Argumenten“ hört sich das so an:

„Die NPD ist eine idealistische deutsche Erneuerungsbewegung, die der noch unter dem Schutt der Zeit liegenden Volksgemeinschaft den Weg ebnen wird.“

Das Grundgesetz von 1949 ist in wesentlichen Bestimmungen als Gegenentwurf zum faschistischen Staats- und Gesellschaftsmodell entstanden. Wesentliche Äußerungen der NPD widersprechen bereits dem ersten Artikel des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Programmatische Aussagen der NPD und ihrer Funktionäre machen dies ebenso deutlich wie 18.332 neofaschistische Straftaten und 965 Gewalttaten, die allein 2008 von Mitgliedern und Sympathisanten der NPD begangen wurden.

Die NPD ist heute das strategische und organisatorische Zentrum sowohl der Alt- als auch der Stiefelfaschisten.

Sie schafft es, in einem „Kampf um die Straße“ nicht nur Woche für Woche Hunderte und am 14. Februar in Dresden Tausende Anhänger für ihre Aufmärsche zu mobilisieren, sie schafft es auch, dass diese Aufmärsche gegen Tausende empörte Antifaschistinnen und Antifaschisten staatlich geschützt werden – solange sie nicht verboten ist.

Sie schafft es, ihre menschen- und demokratiefeindliche Propaganda in einem „Kampf um die Köpfe“ massenhaft zu verbreiten, finanziert z. B. durch Wahlkampfkostenerstattung – solange sie nicht verboten ist.

Sie schafft es, Parlamente für ihre Hasstiraden zu nutzen und über parlamentarische Aufwandsentschädigungen und Kostenpauschalen für die Abschaffung des parlamentarischen Systems zu wirken – solange sie nicht verboten ist.

Und: solange sie nicht verboten ist, genügt allein schon diese Legalität, um ihr einen Anschein von Legitimität zu verleihen.

Wir wissen, dass nur eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Inhalten faschistischer Ideologie die erschreckend hohe Rate von Zustimmung zu faschistischen oder „rechtsextremistischen“ Positionen in der „Mitte der Gesellschaft“ reduzieren kann. Wir sind dabei.

Wir meinen aber auch, dass ein Damm gegen die organisierende Kraft, die diese Ideologie in praktische Politik im Parlament und Gewalt auf der Straße umsetzt, gebaut werden muss, damit sie nicht weiter um sich greift.

Darum fordern wir das Hohe Haus auf, ein erneutes Verfahren zum Verbot der NPD einzuleiten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Erinnerung bewahren – authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen

25. Januar 2009

Wir, die Unterzeichnenden, Überlebende der deutschen Konzentrationslager, Frauen und Männer, vertreten Internationale Häftlingskomitees der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos. Wir gedenken unserer ermordeten Familien und der Millionen Opfer, die an diesen Orten der Asche getötet wurden. Ihre Verfolgung und Ermordung aus rassischen, politischen, religiösen, sozialen, biologischen und ökonomischen Gründen und ein verbrecherischer Krieg haben die Welt an den Rand des Abgrunds geführt und eine schreckliche Bilanz hinterlassen.

Nach unserer Befreiung schworen wir eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen: Wir haben uns engagiert, um eine Wiederkehr dieser unvergleichlichen Verbrechen zu verhindern. Zeitlebens haben wir Zeugnis abgelegt, zeitlebens waren wir darum bemüht, junge Menschen über unsere Erlebnisse und Erfahrungen und deren Ursachen zu informieren.

Gerade deshalb schmerzt und empört es uns sehr, heute feststellen zu müssen: Die Welt hat zu wenig aus unserer Geschichte gelernt. Gerade deshalb müssen Erinnerung und Gedenken weiterhin gleichermaßen Aufgabe der Bürger und der Staaten sein.

Die ehemaligen Lager sind heute steinerne Zeugen: Sie sind Tatorte, internationale Friedhöfe, Museen und Orte des Lernens. Sie sind Beweise gegen Verleugnung und Verharmlosung und müssen auf Dauer erhalten werden. Sie sind Orte der wissenschaftlichen Forschung und des pädagogischen Engagements. Die pädagogische Betreuung der Besucher muss ausreichend gewährleistet sein.

Die unvergleichlichen Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten – erinnert werden muss in diesem Zusammenhang vor allem an den Holocaust – geschahen in deutscher Verantwortung. Deutschland hat viel zur Aufarbeitung seiner Geschichte getan. Wir erwarten, dass die Bundesrepublik und ihre Bürger auch in Zukunft ihrer Verantwortung in besonderem Maße gerecht werden.

Aber auch Europa hat seine Aufgabe: Anstatt unsere Ideale für Demokratie, Frieden, Toleranz, Selbstbestimmung und Menschenrechte durchzusetzen, wird Geschichte nicht selten benutzt, um zwischen Menschen, Gruppen und Völkern Zwietracht zu säen. Wir wenden uns dagegen, dass Schuld gegeneinander aufgerechnet, Erfahrungen von Leid hierarchisiert, Opfer miteinander in Konkurrenz gebracht und historische Phasen miteinander vermischt werden. Daher bekräftigen wir den von der ehemaligen Präsidentin des Europäischen Parlaments und Auschwitz-Überlebenden Simone Veil vor dem Deutschen Bundestag 2004 ausgesprochenen Appell zur Weitergabe der Erinnerung: „Europa sollte seine gemeinsame Vergangenheit als Ganzes kennen und zu ihr stehen, mit allen Licht- und Schattenseiten; jeder Mitgliedstaat sollte um seine Fehler und sein Versagen wissen und sich dazu bekennen, mit seiner eigenen Vergangenheit im Reinen zu sein, um auch mit seinen Nachbarn im Reinen sein zu können.“

Unsere Reihen lichten sich. In allen Instanzen unserer Verbände, auf nationaler wie internationaler Ebene, treten Menschen an unsere Seite, um die Erinnerung aufzunehmen: Sie geben uns Vertrauen in die Zukunft, sie setzen unsere Arbeit fort. Der Dialog, der mit uns begonnen wurde, muss mit ihnen fortgeführt werden. Für diese Arbeit benötigen sie die Unterstützung von Staat und Gesellschaft.

Die letzten Augenzeugen wenden sich an Deutschland, an alle europäischen Staaten und die internationale Gemeinschaft, die menschliche Gabe der Erinnerung und des Gedenkens auch in der Zukunft zu bewahren und zu würdigen. Wir bitten die jungen Menschen, unseren Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen.

Dies sei unser Vermächtnis.

Berlin, 25. Januar 2009,

Noach Flug (Jerusalem), Internationales Auschwitz Komitee

Sam Bloch (New York), World Federation of Bergen-Belsen

Bertrand Herz (Paris), Internationales Buchenwald Komitee

Max Mannheimer (München), Internationales Dachau Komitee

Uri Chanoch (Jerusalem), Internationales Komitee Nebenlager Dachau

Jack Terry (New York), Internationales Flossenbürg Komitee

Albert van Hoey (Brüssel), Internationales Komitee Mittelbau-Dora

Robert Pinçon (Tours), Internationales Neuengamme Komitee

Annette Chalut (Paris), Internationales Ravensbrück Komitee

Pierre Gouffault (Paris), Internationales Sachsenhausen Komitee

5000 Gründe für NPD-Verbot

21. Januar 2009

Auf diese Situation hat die NPD-Führung gewartet und ihre Agitation ausgerichtet: eine schwer verständliche internationale Finanzkrise erschüttert die Welt und lässt Deutschland als Opfer amerikanischer Machenschaften erscheinen. Nun steht die Partei im Superwahljahr bereit, Nationalismus, Demokratiefeindschaft, Ausländerhass und Verschwörungstheorien als „Lösungen“ unters Volk zu bringen.

Zum Glück ist man bei der NPD im Augenblick stark mit hausgemachten Problemen beschäftigt, Unterschlagungen und Postengerangel binden die Kräfte der Führungsriege, in die angestrebte politische Offensive ist man daher noch nicht so recht gekommen.

Doch wer will darauf bauen, dass dieser Zustand anhält oder sich die NPD, wie bürgerliche Medien orakeln, gar selbst zerlegten wird? Nach aller bisherigen Erfahrung kann man auch nicht darauf setzen, dass die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik auf einmal von sich aus die Energie entwickeln, die nach wie vor gefährlichste neofaschistische Organisation Deutschlands endlich auszuschalten.

Hier muss nachgeholfen werden! Die Kampagne „nonpd“ der VVN-BdA hat im Jahr 2007 das Ihrige dazu beigetragen, das Thema NPD-Verbot auf die politische Agenda zu setzen. 175.445 Unterzeichner unseres Aufrufes an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages warten bis heute auf eine angemessene Antwort.

Am 27. Januar 2009 beginnt deshalb nach intensiver Vorbereitung die von vielen erwartete Fortsetzung unserer Kampagne, die wir bis zum 8. Mai 2010, dem 65. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg führen werden. Wir bauen darauf, dass uns wieder viele Menschen unterstützen, denen das Logo „nonpd“ und die Losung „NPD-Verbot jetzt!“ etwas bedeuten und die an einer offensiven und zielgerichteten Aktion teilnehmen wollen. Diesmal werden wir die Zielgruppen der Kampagne erweitern, neu gestaltetes Material einsetzen und ein neues Sammelziel vorgeben.

In der Kampagne 2007 zeigte sich, dass viele Bürgerinnen und Bürger mehr zu geben haben, als nur ihre Unterschrift. Sie teilten uns ihre Erfahrungen, Erlebnisse, Einschätzungen und ihre Wünsche mit. Ein Teil schrieb voller Wut und Empörung, andere mit kühlem Kopf. Manches entstand in Teamwork, einiges hastig, anderes nach tagelangem Nachdenken. Einige schickten Fotos oder Zeichnungen, das Logo „nonpd“ wurde uns in allen möglichen Varianten zugesandt. Mit unserer neuen Kampagne wollen wir solche Leistungen aktiv einwerben, also Menschen ermutigen, ihrem Protest gegen die NPD auf vielfältige Weise Ausdruck zu verleihen und ihrem Anliegen eine gemeinsame Stimme zu geben. Jede dieser Stimmen ist ein „Grund“ für das Verbot der NPD. 5000 solcher Gründe wollen wir mindestens dokumentieren.

Auf unserer neuen Kampagnenhomepage werden wir all dies in einem „kollektiven Lesebuch“ sammeln und die Beiträge entsprechend des Entstehungsortes auf einer Landkarte Deutschlands eintragen. Die Landkreise können angeklickt und die dort abgelegten Beiträge gelesen werden. Es entsteht also eine sich stetig verdichtende „Anti-NPD-Landkarte“.

Wir wollen die berechtigte Stimmung gegen Nazis festigen und sie ermutigen, sich gegen die NPD zu stellen. Wir wollen Neugier wecken, Sichtweisen verändern, Kräfte aktivieren und entscheidende Argumente vermitteln.

Die Kampagne der VVN-BdA richtet sich außerdem an diejenigen, die im ganz konkreten Sinn die Verantwortung dafür tragen, dass ein neues Verbotsverfahren noch nicht auf den Weg gebracht worden ist: die Innenminister der Bundesländer. Es ist an ihnen, das vom Bundesverfassungsgericht benannte Verfahrenshindernis aus dem Weg zu räumen: die V-Leute müssen abgeschaltet werden. Und zwar in jedem Bundesland. Wir wollen darüber aufklären, dass V-Leute nichts anderes sind als bezahlte Neonazis und dass das V-Leute-System de facto zum Schutzschirm der NPD geworden ist.

Eine weitere Zielgruppe unserer Kampagne sind die Abgeordneten; nicht nur des Bundestages, sondern auch der Landtage. Ihnen wollen wir deutlich machen, dass effektiver Kampf gegen Neofaschismus mehr beinhaltet als das Abhalten von Sonntagsreden.

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