NS-Verfolgte für Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfestattentat

geschrieben von Ernst Antoni

28. September 2010

Die mitgliederstärkste deutsche Organisation von ehemaligen NS-Verfolgten und deren Angehörigen engagiert sich dafür, dass – 30 Jahre nach dem größten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik, der 13 Todesopfer und über 200 Verletzte forderte – die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat 1980 wieder aufgenommen werden.

Bis heute wird offiziell die These vertreten, es habe sich bei dem Rechtsextremisten Gundolf Köhler, der selbst bei dem Bombenanschlag umkam, um einen „Einzeltäter“ gehandelt. Der Bundesausschuss der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) beschloss bei seiner Tagung am 26. September, dem 30. Jahrestag des Bombenattentats, einstimmig, einen von Gewerkschaftern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Bayern verfassten Offenen Brief an Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zu unterstützen.

„Wir ersuchen Sie“, heißt es in diesem Schreiben, „die Bundesanwaltschaft zu beauftragen, dass die Ermittlungen zu Täterschaft und politischen Hintergründen des Anschlags auf das Oktoberfest am 26. September 1980 in München wieder aufgenommen werden, und dass bei diesen Ermittlungen neue beweisrelevante Erkenntnisse Berücksichtigung finden sowie bereits vorliegende Spuren und Hinweise einer neuen und unvoreingenommenen Würdigung unterzogen werden.

Schon immer haben begründete Zweifel bestanden, ob das offizielle Ermittlungsergebnis des Bayerischen Landeskriminalamts und des Generalbundesanwalts die Wahrheit wiedergibt. Zu groß sind die Ungereimtheiten und Unzulänglichkeiten bei den Ermittlungen, zu zahlreich die Spuren und Indizien, die nicht berücksichtigt wurden. Bei der Suche nach der wirklichen Täterschaft des Anschlags sind auch die neuen Erkenntnisse, die sich aus der Auswertung der Akten der Staatssicherheit der DDR ergeben können, einzubeziehen.“

Es sei, so die Verfasser des Schreibens „ein Skandal, dass die anlässlich der Tat gesicherten Asservate bereits 1997 vernichtet wurden. Hier handelte es sich um Mord, der schon 1980 keiner Verjährung unterlag. Der Öffentlichkeit sowie den Opfern des Anschlags und ihren Angehörigen wurde die Wahrheit in einer Weise vorenthalten, die eines Rechtsstaats unwürdig ist.“

Deshalb sei es „endlich an der Zeit, dieses Verbrechen in seiner Gesamtheit und all seinen Hintergründen aufzuklären und dabei gegebenenfalls auch die Verbindungen vorbehaltlos zu klären, die Verfassungsschutzämter und Bundesnachrichtendienst mit der rechtsextremistischen Szene unterhielten, aus der heraus vermutlich der Anschlag verübt wurde.“

Der Offene Brief an die Bundesjustizministerin hat bereits beachtliche Resonanz gefunden. Unter den bisher rund 700 Unterzeichnern finden sich Ignaz Platzer, Vater von zwei beim Oktoberfestattentat ermordeten Kindern, der langjährige Verfassungsrichter in Bayern Dr. Klaus Hahnzog, Matthias Jena, Vorsitzender des bayerischen DGB und zahlreiche Mitglieder der Landtagsfraktionen von SPD und Bündnisgrünen im Freistaat.

Erika Steinbach beleidigt Friedenspreisträger Wladislaw Bartoszewski

geschrieben von Der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V.

16. September 2010

Der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V.verurteilt auf das Schärfste die Beleidigung des Auschwitz-Überlebenden und polnischen Beauftragten für die polnisch-deutschen Beziehungen Wladislaw Bartoszewski durch die deutsche Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach.

Frau Steinbach hat sich durch die Aussage, Bartoszewski habe einen schlechten Charakter, erneut persönlich disqualifiziert. Bartoszewski ist nicht nur Träger hoher und höchster internationaler Auszeichnungen wie des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, er hat sich auch wie kein Zweiter um die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen verdient gemacht. Diesem Menschen “ohne Wenn und Aber“ einen schlechten Charakter zu unterstellen, fällt auf denjenigen zurück, der eine solche Unterstellung ausspricht.

Wir erwarten, dass sich die Bundeskanzlerin, auch in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der CDU, von diesem unerträglichen Vorgang distanziert. Weiterhin erwarten wir, dass die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag Frau Steinbach von ihrer Funktion als Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe entbindet – Frau Steinbach ist offensichtlich ungeeignet für eine solche Position und nichts weiter als ein ewiggestriger Störenfried der deutsch-polnischen Versöhnung.

Michel Vanderborght verstorben

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär, für den Exekutivausschuss der FIR

14. September 2010

Mit tiefer Trauer müssen wir den Tod des Präsidenten der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, Michel Vanderborght, vermelden.

Am 12.September 2010 verstarb er im Alter von 85 Jahren.Schon als Jugendlicher schloss er sich dem Widerstand an und kämpfte aktiv in der Partisanen-Armee in der Region Leuven (Louvain). Die Partisanenarmee leistete einen wichtigen Beitrag zur Befreiung des Landes von der faschistischen Okkupation.

Nach der Befreiung Belgiens wurde Michel Vanderborght aktiv in der kommunistischen Jugendorganisation Belgiens und war der belgische Vertreter im Weltbund demokratischer Jugend (WBDJ). Seit 1947 nahm er an allen „Weltfestspielen der Jugend und Studenten“ als Delegierter und später als Gast teil.

In den 50er und 60er Jahren arbeitete er für die Kommunistische Partei Belgiens und unterstützte die antikoloniale demokratische MNC (Mouvement National Congolais) von Patrice Lumumba. Im Rahmen dieser internationalen Kontakte kam er auch mit Fidel Castro und anderen Repräsentanten der antikolonialen Befreiungsbewegungen zusammen.

1960 organisierte er in Belgien den ersten Marsch gegen Atomraketen zum Stationierungsort amerikanischer Atomwaffen. Seit dieser Zeit war Michel Vanderborght aktiv in der belgischen Friedensbewegung. Er war Vorsitzender der Gruppe „Vrede“ und Herausgeber der gleichnamigen Zeitschrift. Überregional und in seinem Umfeld organisierte er verschiedene Friedensaktionen.

Seit Jahrzehnten arbeitete er im Rahmen der Front l’Indépendance (F.I.) für die Erinnerung an den antifaschistischen Kampf und die Bewahrung des historischen Gedächtnisses an die Okkupation Belgiens.

Im Rahmen der antifaschistischen Erinnerungsarbeit trug er viele Jahre die Verantwortung für das „Widerstandsmuseum“ in Brüssel und arbeitet im Aufsichtsrat des „Institut des Vétérans“. Am dem 13. Kongress der FIR in Berlin 2004 wurde er zum Präsidenten der Organisation gewählt.

Trotz seines hohen Alters und gesundheitlicher Probleme füllte er diese Aufgabe mit großem Engagement und Ideenreichtum aus. Auf seine Initiative gingen die Konferenz der FIR in den Räumen des Europäischen Parlaments und die Vorbereitung und Umsetzung des großartigen Internationalen Jugendtreffens 2008 in Buchenwald zurück. Er regte weitere Projekte an, die die Lebendigkeit der Organisation und ihre Verbundenheit mit den heutigen Generationen bewiesen.

Für seine politische und historische Arbeit erhielt er zahlreiche belgische und internationale Auszeichnungen. Wir verlieren mit ihm einen Präsidenten, der sich mit hoher persönlicher Autorität und großem Engagement für die gemeinsame Sache aller antifaschistischen und Veteranenorganisationen einsetzte.

Er verband eine klare politische Überzeugung mit der Fähigkeit, Brücken zu allen demokratischen Kräften zu bauen. Wir verdanken ihm viel und werden ihn sehr vermissen. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Frau und langjährigen Kampfgenossin Marie-Louise und seiner Familie. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Tag der Erinnerung und Mahnung

10. September 2010

Berlin, Sonntag, den 12. September 2010, 13 bis 18 UhrNEU: AM LUSTGARTEN ZWISCHEN DOM UND NATIONALGALERIEKundgebung, Fahrradkorso, Ausstellungen, Zeitzeugen, Schriftsteller, Diskussionen, Talks, Kinderfest, Straßentheater, Life-Musik, Antifa-Café, 100 Infoständen

Der Tag der Erinnerung und Mahnung gehört seit 20 Jahren zu den größten Veranstaltungen in Berlin, die das Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes und die Auseinandersetzung mit Rassismus und Neonazismus verbinden. Zugleich kehrt der Aktionstag an seinen historischen Veranstaltungsort zurück: Am Lustgarten, diesmal zwischen Dom und der Alten Nationalgalerie, auf der Straße am Lustgarten und der Bodestraße, wo an der Friedrichsbrücke die Bühne steht.

Beginnen wird der Gedenktag mit einer Kundgebung an dem inzwischen privatisierten Gebäude des früheren Reichskriegsgerichts. Es schließt sich ein antifaschistischer Fahrradkorso an, der an Orten von Verfolgung und Widerstand entlang führt und am Lustgarten endet. Dort erwartet die Besucher das Straßentheater Calaca, ein Kulturprogramm mit Musik, Gesprächen mit Zeitzeugen, die in den Armeen der Antihitlerkoalition gekämpft haben, eine Diskussion zur Verfolgung von „Asozialen“ und den aktuellen Folgen der Stigmatisierung sowie eine Podiumsdiskussion „Kippt Europa nach rechts?“ mit ReferentInnen aus Ungarn, Frankreich, Russland und Polen. Ausstellungen dokumentieren u.a das frühe Konzentrationslager Papestraße, Berliner Tatorte rassistischer und antisemitischer Gewalt und Neofaschismus in Deutschland. Eine Hommage widmen wir dem Karikaturisten Manfred Bofinger. An 100 Infoständen stellen sich Berliner und Brandenburger Initiativen vor. Talks u.a. mit der Vorsitzenden des DGB Berlin-Brandenburg, Doro Zinke und dem Sprecher der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, Jörg Wanke, und dem Initiator des Bündnisses gegen Rechtspopulismus, Dirk Stegemann ergänzen das vielfältige Programm.

Weitere Informationen zur Geschichte des Gedenktages, zum Programm und zu den Beteiligten unter: www.tag-der-mahnung.de

Faltblatt mit Programm (278 KB)

Protest gegen das Soldatentreffen am Ort des Todes zigtausender Kriegsgefangener

8. September 2010

Schon am 6.11.2009 hieß es in der WR: „Es dürfte eines der größten Reservistentreffen des Landes werden, wenn am 28. September 2010 auf der Landesgartenschau der ‚Bundeswehrtag’ veranstaltet wird. Panzer können besichtigt werden. Marschmusik erklingt. Bundesweit will Gartenschau-Geschäftsführer Peter Friedrich in Reservisten-Verbänden Werbung für diesen Tag machen.“

„Für Hemer wird es ein besonderer sein. Denn nur durch den Umstand, dass die Blücher-Kaserne eine neue Nutzung benötigte, wurde die Stadt im Märkischen Kreis überhaupt Gartenschau-Ausrichter: ‚Eigentlich erleben wir auf diesem Gelände den Zauber der Verwandlung, wie Schwerter zu Pflugscharen werden’, sagt Friedrich. Mit dem Bundeswehr-Tag stellen wir uns unserer Geschichte.’“

Unsere Anmerkung: Zu dieser Geschichte gehört der Mord an zigtausenden Kriegsgefangenen auf dem Gelände im 2. WK. Auf ihren Gräbern wird herumgetrampelt. Von Schwertern zu Pflugscharen kann ja wohl keine Rede sein, denn die Bundeswehr führt ihre Auslandseinsätze nicht mit Pflugscharen durch, sondern mit Panzern.

Protest ist angesagt. Im Programm ist der Bundeswehrtag noch immer drin!

Jetzt hat die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten) in Nordrhein-Westfalen eine Erklärung zum größten Soldatentreffen der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben:

Auf dem Gelände der Landesgartenschau in Hemer will die Bundeswehr am 28. September eines ihrer größten Soldatentreffen durchführen, das es je gab. Der Bundeswehrverband und die Reservistenverbände sind mit von der Partie. Panzer sollen den Kindern als Spielgerät angeboten werden. Militärmärsche sollen erklingen. Es wird für Militär und Krieg geworben.

All das findet nicht nur auf dem Landesgartenschaugelände statt, sondern auch auf dem Boden des ehemaligen Stalag VI A (Kriegsgefangenen-Stammlager der Wehrmacht). Hier sind während des Vernichtungskrieges der Naziwehrmacht viele Tausende Kriegsgefangene grausam zu Tode gekommen. Mit drei Millionen Todesopfern unter den sowjetischen Kriegsgefangenen ist diese Opfergruppe eine der größten gewesen. Zigtausende kamen in Hemer ums Leben. Mindestens 25.000 von ihnen sind auf den Friedhöfen am Stadtrand in Massengräbern begraben. Weitere starben im Arbeitseinsatz als Zwangsarbeiter in der Ruhrwirtschaft; allein im Zeitraum von Juli bis November 1943 starben im Ruhrbergbau 28.000 Gefangene.

Und hier soll nun die Bundeswehr aufmarschieren. Wir sind es den Opfern schuldig, uns dagegen zu wehren.

Wir wehren uns dagegen, dass mit den Reservistenverbänden und dem Bundeswehrverband zwei besonders militaristische Großorganisationen hier für sich werben dürfen. Diese Verbände sind durchsetzt mit rechtsextremistischen Kadern. Erst kürzlich wurde es von den Verbandsführungen abgelehnt, den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt, Hauptmann der Reserve. auszuschließen. Auch andere Nazikader sind dabei. Das war schon seit Gründung dieser Vereinigungen so, denn sie haben auch die Reservisten aufgenommen, die schon in der Wehrmacht dienten.  Viele waren schon im Krieg an schweren Kriegsverbrechen beteiligt. Der Bildungsverein des Bundeswehrverbandes ist nach Karl Theodor Molinari benannt worden, einen Bundeswehr- und Wehrmachtsgeneral, der in Frankreich wegen seiner Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt wurde.

Heute rufen die Neonaziverbände ihre „jungen Kameraden“ auf, sich in der Bundeswehr an Waffen ausbilden zu lassen – „für den Kampf für Deutschland“. Diese Leute sind dann dabei, wenn die Zivilmilitärische Zusammenarbeit die Städte und Gemeinden durchdringt. Tausende Reservisten sehen zum Einsatz im Innern bereit – auch zum Einsatz gegen das eigene Volk. Zum Einsatz gegen Streikende.

Die Bundeswehr, die sich in Hemer feiern lassen will, ist im Kriegseinsatz. In Afghanistan führt sie Krieg gegen die dortige Bevölkerung, das ist seit dem 4.9.2009 erwiesen; an diesem Tag hat Bundeswehr-Oberst Georg Klein die Ermordung von 142 Männern, Jugendlichen und Kindern befohlen – ohne dass die Bundeswehr oder die deutsche Justiz ihn belangt hätten. Strafbefreiung für Massenmord.

Wir fordern die Absetzung des Militärspektakels auf dem Gelände des Stalag VI A und der Landesgartenschau. Wir fordern Schritte zum Frieden, statt Manöver für den Krieg.

Dortmund: VVN-BdA-Protest gegen den Naziaufmarsch, den die Polizei genehmigt

geschrieben von Ulrich Sander, Sprecher der VVN-BdA Dortmund

10. August 2010

Der „nationale Antikriegstag“ der Nazis soll wieder in Dortmund stattfinden. Und die Polizei genehmigt ihn, und die Stadt Dortmund lässt per „Koordinierungsstelle“ mitteilen, sie fände die Entscheidung ausreichend klug, weil irgendwie alternativlos.

Doch es handelt sich nicht um Anti-Krieg, sondern um Jubel für den nazideutschen Überfall auf Polen vom 1. 9. 39, für den Beginn des Vernichtungskrieges WK II. Es handelt sich um verfassungsfeindliche Volksverhetzung.

Deshalb wurden der Dortmunder Polizeipräsident und der neue Landesinnenminister von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten aufgefordert: Verweigern Sie die Zustimmung zu dem Plan der Nazis und Neonazis, am 4. September in Dortmund Volksverhetzung und Kriegshetze zu betreiben. Handeln Sie entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November 2009 (Az. 1 BvR 2150/08).

Dieses Gericht hatte nach seiner Fehlentscheidung vom September 2009, das Verbot der Nazidemo vom 4. 9. 09 aufzuheben, neu beraten und entschieden. „Wegen der besonderen Geschichte Deutschlands gilt in der Frage der Meinungsfreiheit für Nazis eine Ausnahme. ‚Angesichts des Unrechts und des Schreckens, den die Naziherrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht habe’, enthalte das Grundgesetz in diesem Punkt eine Ausnahme vom Verbot, ein Sonderrecht gegen bestimmte Propaganda zu schaffen. Denn ‚das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des national-sozialistischen Regimes gedeutet werden’.“ (Zitiert nach dpa vom 17.11.09)

Der neue Paragraph 130 Absatz 4 des Strafgesetzbuches erlaubt mit Zustimmung des Bundesverfassungsgerichts ein Versammlungsverbot, wenn Aggression und Angriff auf die Opfer, Lobpreisung der Gewalt- und Willkürherrschaft gegeben sind. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu am 18.11.09: „Die Freiheits-Grundrechte des Grundgesetzes verkörpern die Erinnerung an das Menschheitsverbrechen. Diese Erinnerung darf nicht verwüstet werden durch die militante Beleidigung der Opfer. Die Grundrechte sollen nicht missbraucht werden, um das Gedenken derer zu verhöhnen, die sie verkörpern.“

Die VVN-BdA führte in einer Antwort an den Polizeipräsidenten und die Stadt Dortmund aus: „Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer. Sie wurde für Dortmund 1947 von 2000 Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und Teilnehmern am Antinazi-Widerstandskampf gegründet. Die Volksverhetzung der Nazis in Dortmund regelmäßig zum 1. September ist unerträglich und wird von uns niemals hingenommen.

Erinnerung soll ausgelöscht werden

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider, Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora Freundeskreis e.V.

27. Juli 2010

Die Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/ Freundeskreis e.V. verurteilt in aller Schärfe die jüngsten Angriffe auf die Internet-Präsentation der Gedenkstätte Buchenwald.

Anfang der 90er Jahre propagierten Neonazis, dass Deutschland nur auf den Trümmern der KZ-Gedenkstätten wieder groß werden könne. Dieses Ziel haben sie – durch den aktiven Einsatz der Überlebenden und Antifaschisten sowie die breite gesellschaftliche Debatte – nicht erreicht. Jedoch waren immer wieder neofaschistische Provokationen in der KZ Gedenkstätte Buchenwald und an anderen Orte des Gedenkens zu verzeichnen.

Nun versuchen offenkundig Neonazis auf elektronischem Wege durch einen Hacker-Angriff auf die Homepage der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora das politische Gedenken zu behindern. Besonders pervers ist dabei die Umleitung auf Seiten der Holocaust-Leugnung.

Die eigentliche Zielrichtung dieses Angriffes wird darin sichtbar, dass die Täter den Zugang zum Totenbuch des KZ Buchenwald beschädigt haben. Es geht ihnen offenkundig darum, die Erinnerung an die weit über 50.000 Opfer der faschistischen Verbrechen in Buchenwald auszulöschen. Das ist Leugnung des faschistischen Massenmordes und ist nach dem Straftatbestand der Volksverhetzung zu verurteilen.

Die Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/ Freundeskreis e.V. steht gegen solche Angriffe auf der Seite der Gedenkstätte Buchenwald. Gemeinsam mit allen antifaschistischen Kräften in unserem Land wirken wir für die Bewahrung des Vermächtnisses der Überlebenden des Lagers und der Umsetzung des Schwurs von Buchenwald: Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit!

VVN-BdA fordert Rehabilitierung der Opfer der politischen Justiz in NRW

8. Juli 2010

Für die älteste und sehr traditionsreiche Organisation unter den anwesenden Gruppen der außerparlamentarischen Bewegungen hat VVN-BdA-Landessprecher Ulrich Sander auf einem Treffen mit der Landtagsfraktion der Partei Die Linke am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag den gewählten linken Abgeordneten Glückwünsche aller ausgesprochen.

Der Arbeitsbeginn einer linken Fraktion im Landtag sei ein historischer Augenblick, denn es habe seit 1953 keine Kraft links von der SPD im Landtag mehr gegeben.

Die Fraktionsvorsitzende Bärbel Beuermann sagte zu, sie werde sich für die Rehabilitierung des VVN-BdA-Vorsitzenden und damaligen Landtagsabgeordneten der KPD Jupp Angenfort (1924-2010) einsetzen, der unter Bruch der Immunität seinerzeit verhaftet und für fünf Jahre aus politischen Gründen (Widerstand gegen die Wiederaufrüstung) inhaftiert wurde. Ulrich Sander schlug Landtagsinitiativen zur Rehabilitierung und Wiedergutmachung für politische Häftlinge der Adenauer-Ära vor.

„Wenn die Linke aufgefordert werde, dem Personalabbau im Öffentlichen Dienst zuzustimmen, so sollte sie sich dem verweigern, mit einer Ausnahme: Der Apparat des Verfassungsschutzes sollte aufgelöst werden und das Innenministerium umgekrempelt werden, denn sie seien verantwortlich dafür, dass sich NRW dem NPD-Verbot verweigere und Nazis beinahe freie Hand gelassen werde.

Zum 4. September, wenn die Neonazis wieder ihr Nationales Treffen zum Kriegsbeginn 1939 in Dortmund begegnen wollen, sollten alle demokratischen Kräfte dagegen mit Blockaden und Demonstrationen angehen. Zudem sei zu diesem Antikriegstag 1. September endlich die Zivilmilitärische Zusammenarbeit zu thematisieren, die seit langem mit Billigung der Landesregierung zu Eingriffen der Bundeswehr in Schulen, Argen und Verwaltungen geführt habe, ohne dass die Öffentlichkeit informiert wurde.

Der VVN-BdA-Sprecher begrüßte es, dass die Partei Die Linke als eine ihrer ersten Initiativen im Landtag den Ausweisungsstopp für Sinti und Roma aus NRW verlangt habe. Dem Kampf gegen den Antisemitismus sei gleichberechtigt das Vorgehen gegen den immer stärker um sich greifenden Antiziganismus hinzuzufügen. Dies sei eine Lehre der Geschichte des Holocaust.

Kein öffentliches Interesse an der Bestrafung von Zivilcourage

27. Juni 2010

Verfahren gegen den Vorsitzenden der Berliner VVN-BdA, Hans Coppi, wurde in Königs Wusterhausen eingestellt.

Der Prozess am Montag den 28.06.2010 fand unter ungewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen statt. Selbst Kugelschreiber mussten die Besucher/innen abgeben. Der Prozess und die Besucher/innen wurden von zahlreichen Beamten in Uniform und Zivil beobachtet. Nach einer etwa einstündigen Verhandlung waren sich Richterin, Staatsanwalt und Angeklagter einig. Das Verfahren gegen Hans Coppi, wegen Widerstand gegen Polizeibeamte und Beleidigung wurde gegen eine Spende in Höhe von 500,00 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt.

Dass diese Einrichtung das Bündnis Gegen Rechts Königswusterhausen ist, dürfte die anwesenden 5 Neonazi- Prozessbeobachter in dem Maße geärgert haben, wie es die übrigen, etwa 50 Besucher/innen gefreut hat. „Durch die Auflage, die hier in einer Zahlung besteht, erfolgt keine Bestrafung, sondern im Gegenzug entfällt das öffentliche Interesse an einer weiteren Verfolgung, da eine gemeinnützige Einrichtung profitiert. Dem „gesellschaftlichen Frieden“ wird dadurch der Vorzug gegenüber einer Strafverfolgung gegeben, möglich ist dies bei weniger gravierenden Vorwürfen. Gericht und Staatsanwaltschaft gehen offenbar davon aus, dass zwar eine streitige Situation vorlag, diese aber keine Strafverfolgung erzwingt.“ so Verteidiger Sven Richwin.

Von dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Hans Coppi habe bei der Räumung einer Blockade gegen einen Neonaziaufmarsch im Dezember 2009 in Königs Wusterhausen, Polizeibeamte mit einer Fahne attackiert, blieb am Ende wenig übrig. Außer vielleicht der Frage des Staatsanwalts, was Herr Coppi denn mit einer Fahne auf der antifaschistischen Demonstration gewollt habe. Gesicht zeigen und auch demonstrieren, dass die VVN-BdA Blockaden gegen Neonazis für gerechtfertigt hält, war die Antwort Coppis.

Das Gesicht Herrn Coppis hatte es dem anwesenden Polizeizeugen besonders angetan. Der Angeklagte habe frech und herausfordernd gegrinst. Der erwiderte, angesichts des Polizeieinsatzes, der damals den Neonazis den Weg freimachte, wäre den Anwesenden auch und ihm das Lachen vergangen und er könne deshalb die Aussage des Beamten nicht nachvollziehen. Herr Coppi bedauerte, dass es nur zu einem Freispruch “zweiter Klasse“ gekommen sei, er glaube aber, das Geld sei für die Vorbereitung weiterer Proteste gegen Neonazis in Königs Wusterhausen gut angelegt.

„Den Krieg in Afghanistan beenden – zivil helfen“

geschrieben von Susanne Grabenhorst, Kooperation für den Frieden; Peter Strutynski, Bundesausschuss Friedensratschlag

15. Juni 2010

Friedensbewegung startet Unterschriftenkampagne gegen Krieg in Afghanistan. P.E.N. Präsident: „Die Strategie der Bundesregierung in Afghanistan ist gescheitert.“

Gestern haben die großen Friedensorganisationen in Berlin den gemeinsamen Appell „Den Krieg in Afghanistan beenden – zivil helfen“ vorgestellt. Der Appell fordert den sofortige Beginn des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan. Die Friedensbewegung erhofft sich mit diesem Appell, dass die Diskussion in alle gesellschaftlichen Bereiche getragen und der Protest breite Unterstützung finden wird.

Der Appell enthält drei klare Forderungen: Die Bundeswehr müsse „alle Kampfhandlungen“ beenden, „sofort“ mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beginnen und die dadurch frei werdenden Gelder zur Verbesserung der Lebensbedingungen der afghanischen Bevölkerung einsetzen. Nach Auffassung der Friedensbewegung sind das die unverzichtbaren Voraussetzungen für einen „selbstbestimmten Friedensprozess“ in Afghanistan.

Unterstützung erhält die Friedensbewegung vom P.E.N. Zentrum Deutschland. Dessen Präsident Johano Strasser verwies bei der Vorstellung auf eine Resolution, die der Schriftstellerverband auf seiner jüngsten Jahrestagung einstimmig verabschiedet hat und worin das Scheitern des Kriegseinsatzes konstatiert und der Wunsch nach einem „raschen Abzug“ der Bundeswehr geäußert wird. Johano Strasser wörtlich: „Das Ergebnis des Krieges ist verheerend.“ Der P.E.N. Präsident unterschrieb als erster demonstrativ den Appell der Friedensbewegung.

Für die Friedensbewegung ist das Engagement des Schriftstellerverbands Ausdruck des wachsenden Unmuts in der Bevölkerung über den „verheerenden Krieg“. Christine Hoffmann von der katholischen Friedensbewegung pax christi erinnerte in der Pressekonferenz an die Erklärung des Fuldaer Bischofs und pax-christi-Präsidenten Algermissen: „Mut zur Wahrheit: Der Militäreinsatz ist gescheitert“. Sie fordert ein Ende der Kampfhandlungen, weil nur dann ziviler Aufbau und Versöhnung möglich sind. Für Monty Schädel, Vertreter der „Kooperation für den Frieden“ und Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) war der Afghanistan-Krieg von Anfang an falsch. „Krieg machen kann jeder; jetzt braucht es den Willen zum Frieden.“ Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, wies auf die steigenden Kosten des Krieges hin.

Nach einer aktuellen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung belastet der Einsatz am Hindukusch, wenn man alle Folgekosten hinzu rechnet, den Bundeshaushalt mit dem Dreifachen dessen, was der Verteidigungsetat offiziell angibt: Statt 1,059 Mrd EURO müsse mit drei Milliarden pro Jahr gerechnet werden. Eine Beendigung des Krieges wäre also ein echter und zudem „sozialverträglicher“ Beitrag zum Schuldenabbau des Bundes – selbst wenn eine Mrd. davon für die Lebensbedingungen der afghanischen Bevölkerung eingesetzt würde.

Der Unterschriftenappell soll nun über die bundesweiten Organisationen und die vielen lokalen und regionalen Initiativen der Friedensbewegung in der Bevölkerung verbreitet werden. Er wird in die Kirchen und Gewerkschaften, in andere soziale Bewegungen, Parteien und Verbände, in Schulen und Hochschulen, in Betriebe und Verwaltungen hinein getragen. Bei einigen Organisationen (z.B. bei der IPPNW unter www.ippnw.de und unter www.frieden-mitmachen.de) kann der Appell auch online unterzeichnet werden.

20100616_1_afgh-appell2010.pdf (27 KB)

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