Das Verordnete Schweigen

geschrieben von Berliner VVN-BdA e.V. in Kooperation mit Helle Panke e.V. Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin und der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte

2. Juni 2010

Die Tagung hat das Ziel, an die Schicksale deutscher Emigranten und ihrer Familien zu erinnern, die von den 1930er bis zu den 1950er Jahren in der Sowjetunion Opfer staatlicher Repressalien geworden sind.

Erst seit den 1990er Jahren werden nach und nach Anzahl und Ausmaß der verfolgten deutschen Antifaschisten bekannt. Seit 1936 sind nach vorsichtigen Schätzungen zwischen 2.000 und 6.000 Deutsche, überwiegend Kommunisten, verhaftet, verbannt und erschossen worden oder verbrachten Jahre im GULAG und verloren dort ihr Leben. Während des Krieges befand sich die Mehrheit der deutschen Emigrantinnen und Emigranten in Straflagern, in der Arbeitsarmee und in Verbannungsorten.

Die Exilführung der KPD unterstützte das Vorgehen des NKWD gegen deutsche Politemigranten und war nur selten bereit oder in der Lage, ihren Genossen zu helfen. Erst Mitte der 1950er Jahre, vereinzelt noch später, kehrten die letzten repressierten Politemigranten nach Deutschland zurück. Die meisten entschieden sich, in der DDR zu leben. Sie wurden als „Verfolgte des Naziregimes“ anerkannt und erhielten die damit verbundenen sozialen Vergünstigungen. Zugleich wurden sie verpflichtet, über die in der Sowjetunion erlittenen Verfolgungen nicht zu sprechen. Die an ihnen verübten Verbrechen blieben unbenannt und ungesühnt. Das verordnete Schweigen konnte sich in den Familien fortsetzen oder machte die mitbetroffenen Kinder und Enkel zu stummen Mitwissern.

Programm: Freitag, der 18. Juni Robert-Havemann-Saal

Fernsehfeature „Wir Kommunistenkinder“ von Inga Wolfram in Anwesenheit der Regisseurin und von Mitwirkenden

In dem Film folgen fünf Kommunistenkinder den Spuren ihrer Eltern, die nach 1933 in die Sowjetunion flohen. „Die Last der Davongekommenen und die Scham einte die Generation unserer Väter in ihrem Schweigen“, sagt Inga Wolfram: „Uns Kommunistenkinder eint die Erfahrung des Schweigens der Eltern, aber auch die Nähe oder Distanz zu dem, was in der DDR politisch lief.“

Anschließend Gespräch mit Inga Wolfram, Ruth Santos geb. Remmele, Claus Bredel, Eugen Ruge,

Moderation: Hans Coppi

Sonnabend, 19. Juni Robert-Havemann-Saal

10:00 Uhr Inge Münz-Koenen „Die verschiedenen Arten des Schweigens“

11.00-12.30 Aus der Sicht der Rückkehrer

Carola Tischler: Die Sprache der Akten: Wie die SED das bezeichnete, was sie nicht benennen wollte Meinhard Stark: Erinnern, Schweigen und Erzählen Nachfragen und Diskussion Moderation: Oswald Schneidratus

12:30 – 13:30 Mittagspause

13:30 – 15:00 Aus der Sicht der Kinder

Gespräch mit: Inge und Alex Giesel, Ulla Plener, Heidi Speer und Andrej Reder Moderation: Anja Schindler

15 bis 15.30 Kaffeepause

15.30 bis 17.00 Uhr „Eigentlich fehlt ein würdiges Gedenken an unsere Angehörigen“ mit Hanna Tomkins, , Ines Koenen, Valeri Ripperger, Thomas Flierl

Moderation: Gerd Kaiser

17:00 Kaffeepause

17:20 – 19:00 „Gefangen in der Hungersteppe“

Film von Achim Engelberg und Achim Heinzel mit Überlebenden der KarLag (2008) unter Mitarbeit von Wladislaw Hedeler und Meinhard Stark (Autoren des Buches Das Grab in der Steppe: Karlag. Das Karagandinsker „Besserungsarbeitslager“ 1930-1959) in Anwesenheit des Filmteams/der Autoren

Fragen, über die wir reden möchten:

– Zu welchem Zeitpunkt, auf welchen Wegen und Umwegen, mit welchen Hindernissen kehrten die Emigranten zurück nach Deutschland?

– Wie fanden die Rückkehrer ihr vom Faschismus befreites Land vor? Wie gestaltete sich das Verhältnis zu den Landsleuten?

– Wie erklärt sich das positive Verhältnis zur Sowjetunion bei nahezu allen Zurückgekehrten?

– Welche Unterschiede gab es zwischen den Rückkehrern und ihren in der Sowjetunion aufgewachsenen Kindern, für die Deutschland ein fremdes, gar feindseliges Land war („Wir wollten keine Deutschen sein“)?

– Wie wurde die Schweigeverpflichtung erlebt, wie in den Familien reflektiert oder verdrängt? Welche Rolle spielten Freunde, Mitemigranten, politische Organisiertheit?

Haus der Demokratie und Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal 10405 Berlin, Greifswalder Str. 4 (Tram 4, Haltestelle Am Friedrichshain)

Eintritt: Freitag: 1,50 €, Sonnabend: 5,00 € (mit Versorgung)

Um Anmeldung unter info@helle-panke.de oder unter berlin@vvn-bda.org wird gebeten