Antifaschistische Arbeit in Rheinland-Pfalz nicht mehr gemeinnützig?
17. Oktober 2011
Anfang September dieses Jahres verweigerte das Finanzamt Mainz – nach mehr als anderthalb Jahren Bearbeitungszeit seit Antragsstellung im Februar 2010 – dem Landesverband Rheinland-Pfalz der VVN/BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, die Verlängerung der Gemeinnützigkeit.
Einzig aufgeführte Begründung ist die Erwähnung „der VVN / BdA in einigen Verfassungsschutzberichten der Länder“ (dies ist in Bayern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg der Fall). Damit sei u.a. davon auszugehen, dass dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider gehandelt und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt seien.
Unsere Vereinigung wurde 1947 von den Überlebenden der Konzentrationslager und Mitgliedern des Widerstandes gegen Faschismus und Krieg gegründet, um im Sinne des Schwurs der überlebenden Häftlinge von Buchenwald zu wirken („Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“). Eine aus der Geschichte gezogene Lehre war und ist für unsere Organisation, überparteilich und konfessionell ungebunden, einen antifaschistischen Grundkonsens zu verteidigen.
In Artikel 139 Grundgesetz sind die alliierten Bestimmungen zum Verbot der NSDAP und möglicher Nachfolgeorganisationen und -parteien eindeutig bestätigt. In diesem Sinne tritt die VVN-BdA entschieden ein für das Verbot der NPD und der in ihrem Sog sich bewegenden Gruppen, Organisationen und Kameradschaften. Für dieses und andere Ziele, insbesondere im Sinne des Gedankens der Völkerverständigung, setzt sich die VVN seit ihrer Gründung unermüdlich ein.
Die VVN-BdA Rheinland-Pfalz kann auf Jahrzehnte der kontinuierlich geleisteten Erinnerungs- und Gedenkarbeit, die Durchführung unzähliger antifaschistischer Veranstaltungen sowie Demonstrationen gegen neofaschistische Aufmärsche und Aktionen und die aktive Beteiligung an der Friedensbewegung zurückblicken. So zählt unsere Organisation beispielsweise zu den Gründungsmitgliedern des „Fördervereins für die Gedenkstätte Osthofen“.
Viele Mitglieder der VVN Rheinland-Pfalz waren später als Zeitzeugen in Schulen, bei Veranstaltungen und auf Kundgebungen gegen Neonazi-Aufmärsche zu hören. Wie beispielsweise Philipp Wahl, der jahrelang als Landesvorsitzender arbeitete und für sein antifaschistisches Engagement u. A. das Bundesverdienstkreuz bekam. Oder Horst Symanowski, ebenfalls für lange Zeit Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der VVN/BdA, der 2003 für sein Lebenswerk von Yad-Vashem offiziell als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wurde.
In den einzelnen Kreisverbänden wurde und wird von Überlebenden, in Zusammenarbeit mit Antifaschisten der nachfolgenden Generationen, die Auseinandersetzung mit den Ursachen von Faschismus und Krieg geführt, Aufklärung über neofaschistische Strukturen und Aktivitäten betrieben, werden Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Faschismus abgehalten; wird im Sinne der Losung ‚Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg’ wertvolle ehrenamtliche Arbeit, auch in örtlichen wie landesweiten Bündnissen, geleistet.
Dies ist nun der erste Vorstoß staatlicher Stellen, die Gemeinnützigkeit unseres Landesverbandes abzuerkennen und geschieht mittels einer fadenscheinigen und mehr als dürftig zu nennenden Begründung.
Wir fordern die unverzügliche Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit der VVN/BdA Rheinland-Pfalz!
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