8.Mai 1945: Tag der Befreiung als Nationaler Gedenktag

geschrieben von Matthias Jochheim IPPNW / Ulrich Sander, Bundessprecher VVN-BdA

11. April 2016

 

Wir fordern: Einrichtung eines Nationalen Gedenktags zum 8. Mai

Der zweite Weltkrieg stellt ein Menetekel dar, ein Warnungszeichen an die

gesamte Menschheit, den Weg des hemmungslosen Machtkampfs und der

schrankenlosen Zerstörung zu beenden. Auf drei Kontinenten wurde von 1939

bis 1945 mit bis dahin nicht erlebter Rücksichtslosigkeit gegenüber jedem

menschlichen Leben von dem verbrecherischen deutschen NS-Staat und seinen

Verbündeten ein Eroberungskrieg geführt, dessen Ziel Ausrottung und

Unterwerfung anderer Nationen und rassistisch ausgegrenzter Gruppen war.

Über 50 Millionen Menschen verloren ihr Leben – zum Ende zeigten die

Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki, dass nun die Mittel zur

völligen Vernichtung der Menschheit den Militärmächten zur Verfügung

Wer aus seiner Geschichte nicht lernt, ist verurteilt, solche Verbrechen

und selbstverschuldeten, ungeheuren Katastrophen erneut zu erleben.

Deutschland ist seit dem Kosovo-Krieg über Afghanistan und nun Syrien auf

einem verhängnisvollen Weg der Verleugnung seiner entsetzlichen

Kriegsgeschichte. Die „Enttabuisierung des Militärischen“ (Gerhard

Schröder) ist weit vorangeschritten.

Der historischen Amnesie muß im Interesse unserer Zukunft entschieden

entgegengetreten werden.

Deswegen werden wir uns dem Vergessen entgegenstellen, und unsere Forderung

auch weiter vertreten:

den 8. Mai als „Tag der Befreiung“ zu einem Nationalen Gedenktag

In anderen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten wird der Jahrestag des

Kriegsendes in Europa als Feiertag begangen, so in Frankreich, Tschechien

und der Slowakei, in den Niederlanden (am 5. Mai), in Italien (am 25.

April). In der Sowjetunion /de.wikipedia.org/wiki/Sowjetunion>

wurde am 9. Mai der Tag des Sieges

/de.wikipedia.org/wiki/Tag_des_Sieges> begangen – in der DDR war

übrigens seit 1950 der 8. Mai gesetzlicher Feiertag zum Gedenken an den

Sieg über den Faschismus. Und warum wurde und wird in NATO-Deutschland

dieses geschichtsträchtige Datum verdrängt?

Für uns gilt die denkwürdige Klarstellung des damaligen Bundespräsidenten

Richard von Weizsäcker, der am 8. Mai 1985 sagte: „Der Blick ging zurück in

einen dunklen Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse

dunkle Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für

uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er

hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der

nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

Heute droht unser Geschichtsbild überschattet zu werden von einem

erneuerten Feindbild gegen Russland, dem Kern der früheren Sowjetunion, die

mit 27 Millionen Toten die größten Opfer für die Befreiung Europas vom

Faschismus gebracht hatte.

Wir brauchen den Gedenktag auch zur Mahnung an die Befreiung von

Kriegspropaganda, die im Kern von Rassismus, Streben nach Dominanz über

abhängige Staaten und Eroberung von Ressourcen angetrieben wurde. Die

Kontinuitäten der heutigen Politik sind bedrohlich, die Erinnerung an die Verbrechen des

Zweiten Weltkriegs und zugleich die Aufdeckung seiner Ursachen ist ein wichtiges Element

einer friedensfähigen Zukunft.

Mit Willy Brandts Worten „Vom deutschen Boden darf nie wieder ein Krieg

ausgehen“ halten wir uns an das Grundgesetz Art. 26 GG und widersprechen

der Geschichtsvergessenheit aktueller deutscher Politiker, die von

wachsender Verantwortung Deutschlands reden und direkt oder indirekt

militärisches Eingreifen in fremden Ländern meinen, immer wieder unter

Bruch des Völkerrechts.

Wir  begründen unsere Forderung  im Sinne des Schwurs der Häftlinge von

Buchenwald bei ihrer Befreiung:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der

Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

In vielen Städten und Gemeinden wird der 8. Mai bereits – auch ohne Segen

des Parlaments und der Regierung – als Tag der Befreiung begangen. Wir

rufen dazu auf, entsprechend überall initiativ zu werden.